
Pressemitteilung zur Hauptvorstandssitzung des PhV BW am 27.06.2025 in Stuttgart:
30. Juni 2025
Zwei Personalwechsel im Landesvorstand, bildungspolitische Kursbestimmungen und klare Haltung zu schulstrukturellen Reformen
• Martin Stroh wurde neu in die Funktion eines der beiden stellvertretenden Landesvorsitzenden des PhV BW gewählt.
• Jürgen Harich übernimmt die Leitung des Arbeitskreises Tarif nach dem Rücktritt von Ursula Kampf.
• Der Hauptvorstand verabschiedet eine Resolution zur Lehrkräfteversorgung im Zuge der Rückkehr zu G9 – mit eindringlicher Warnung vor einem drohenden Lehrkräftemangel ab 2032, wenn nicht die richtigen Wege eingeschlagen werden.
• Der PhV BW stellt sich mit einem Positionspapier entschieden gegen die Einführung einer sogenannten „Neuen Sekundarschule“ und bekennt sich eindeutig zum differenzierten, durchlässigen und begabungsgerechten Schulsystem.
Wechsel in der Verbandsführung: Dank und Kontinuität
Am 27. Juni 2025 trat der Hauptvorstand des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) in Stuttgart zusammen. Nach dem aus Altersgründen angekündigten Rücktritt der langjährigen stellvertretenden Landesvorsitzenden Karin Fetzner wählte der Hauptvorstand Martin Stroh mit überwältigender Zustimmung in dieses vakante Amt des stellvertretenden Vorsitzenden. Stroh bringt langjährige Erfahrung aus Schule und Verbandsarbeit mit und wird die Arbeit des Vorstands bereichern. Die zweite der beiden stellvertretenden Vorsitzenden bleibt weiterhin Claudia Grimm.
Auch im Arbeitskreis Tarif kam es zu einer Veränderung: Ursula Kampf, die bisherige Vorsitzende, übergab ihr Amt an ihren bisherigen Stellvertreter Jürgen Harich, der nun die Leitung übernimmt.
Landesvorsitzende Martina Scherer würdigte die Verdienste beider scheidenden Amtsträgerinnen in persönlichen Worten: „Karin Fetzner und Ursula Kampf haben den Verband über viele Jahre hinweg mit großer Expertise, Beharrlichkeit und persönlichem Einsatz bereichert. Ihr Wirken hat Maßstäbe gesetzt – dafür gebührt ihnen unser aufrichtiger Dank.“
Mit Blick auf die Nachfolger ergänzte Scherer: „Mit Martin Stroh und Jürgen Harich übernehmen zwei Persönlichkeiten Verantwortung, die sowohl in der schulischen Praxis, der Personalratsarbeit als auch in der Verbandsarbeit verwurzelt sind. Sie stehen für eine kontinuierliche, aber zugleich zukunftsorientierte Weiterentwicklung unserer Arbeit. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.“
Resolution zur Lehrerstellenpolitik: Bildungsqualität sichern – Zukunft gestalten
Im Zentrum der Sitzung stand die einstimmige Verabschiedung einer Resolution zur mittelfristigen Personalpolitik an den allgemeinbildenden Gymnasien. Der PhV BW warnt eindringlich vor einem vorhersehbaren „Schweinezyklus“ auf dem Lehrkräftemarkt, der infolge der Umstellung auf G9 entstehen könnte: einem massiven Überhang an Deputaten bis 2031, gefolgt von einem abrupten Mehrbedarf ab dem Schuljahr 2032/33, wenn der erste G9-Jahrgang in die 13. Klasse eintritt.
Die Resolution fordert deshalb unter anderem:
• eine vorausschauende und nachhaltige Einstellungspolitik über den unmittelbaren Bedarf der nächsten Jahre hinaus,
• die sinnvolle Nutzung eines möglichen temporären Lehrerüberhangs für kleinere Lerngruppen, individuelle Förderung, Schulentwicklung und Vertretungsreserven,
• Maßnahmen zur Verringerung der hohen Zahl frühzeitiger Pensionierungen,
• sowie gesicherte Wechselperspektiven für junge Lehrkräfte, auch wenn diese vorübergehend an anderen Schularten eingesetzt werden.
Martina Scherer formulierte es deutlich: „Es darf nicht sein, dass hervorragend ausgebildete junge Lehrkräfte wegen kurzfristiger Sparpolitik jetzt in die Perspektivlosigkeit entlassen werden, nur um wenige Jahre später hektisch und unter Qualitätsverlust neue Lehrpersonen rekrutieren zu müssen – egal, welche Qualifikationen sie haben. Der dann kommende Lehrkräftebedarf kann heute schon berechnet werden, sodass die Kultusverwaltung nicht plötzlich „überrascht“ wird, wenn er eintritt. Ein Versäumen dieser notwendigen und vorausschauenden Planungen und Einstellungen wäre nicht nur bildungspolitisch, sondern auch gesamtgesellschaftlich unverantwortlich.“
Sie appellierte an die Politik, Verantwortung zu übernehmen: „Wir brauchen den politischen Willen, heute klug und mutig in die Bildungszukunft dieses Landes zu investieren. Wer jetzt spart, spart am falschen Ende und zahlt später einen hohen Preis – auf Kosten der Schülerinnen und Schüler, der Bildungsqualität und der Attraktivität des Lehrerberufs.“
Positionspapier zur „Neuen Sekundarschule“: Gegen Gleichmacherei auf Kosten der Vielfalt
Ein weiterer zentraler Tagesordnungspunkt war ebenfalls eine einstimmige Entscheidung des Hauptvorstands: Das Positionspapier, in dem sich der PhV BW entschieden gegen das von einer einseitigen Interessengruppe vorgelegte Konzept einer „Neuen Sekundarschule“ ausspricht. Die darin angedachte Fusion von Haupt‑, Werkreal‑, Gemeinschafts- und Realschulen zu einer integrierten, verpflichtenden Einheits-Ganztagesschule ohne Noten bis Klasse 7, mit „Transition Year“ und unklaren Standortlösungen wird vom Verband als gefährlich für die Bildungsqualität, bildungspolitisch sehr umstritten und strukturell äußerst riskant eingestuft. Dagegen stehen beispielsweise die stets konstant guten Bildungsvergleichsergebnisse, die Bayern mit seinem klar gegliederten Schulsystem jedes Mal zuverlässig erreicht.
Der PhV BW warnt vor:
• einem Verlust der schulischen Differenzierung, die passend zum Begabungs- und Interessenprofil der Kinder gewählt werden kann, zugunsten einer ideologisch erzwungenen Einheitsschule,
• der Gefährdung bewährter Bildungsgänge und Anschlusswege,
• einem realitätsfernen Umgang mit Ressourcen und baulichen Voraussetzungen.
Stattdessen bekennt sich der Verband ausdrücklich zum bewährten differenzierten und durchlässigen Schulsystem in Baden-Württemberg und fordert dessen behutsame, qualitätsorientierte Weiterentwicklung. Martina Scherer bekräftigte: „Die Stärke unseres Bildungssystems liegt in der Vielfalt und in klaren, durchlässigen Strukturen – nicht in der nivellierenden Vereinheitlichung. Eine echte Bildungsgerechtigkeit entsteht durch Wahlfreiheit, Vergleichbarkeit der Anforderungen und individuelle Förderung – nicht durch ideologisch motivierte Gleichmacherei.“
Resolution zur Lehrkräfteversorgung
Positionspapier zur Sekundarschule
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.