Zumeldung des PhV BW zu den Äußerungen des Ministerpräsidenten zur Streichung einer zweiten Fremdsprache

18. November 2024

• Der PhV äußert Unver­ständ­nis über die Aus­sage des Min­is­ter­präsi­den­ten, die eine sig­nifikante Ger­ingschätzung von Sprachkom­pe­tenz im gym­nasialen Bil­dungs­gang aus­drückt. 
• Der PhV mah­nt: Nicht nur Tech­nik pas­siv nutzen, son­dern aktiv (mit)gestalten – dazu gehört fundiertes Wis­sen.
• Die zweite Fremd­sprache und weit­ere Fremd­sprachen fördern interkul­turelle Ken­nt­nisse und sind Bausteine der europäis­chen Eini­gung.

„Ich bin fas­sungs­los über die Aus­sage des Min­is­ter­präsi­den­ten (der selb­st Lehrer war!), dass ein „Knopf im Ohr“ alles richt­en soll,“ so Mar­ti­na Scher­er, Lan­desvor­sitzende des Philolo­gen­ver­bands Baden-Würt­tem­berg. „Es ist viel zu kurz gedacht, ein­fach alle eige­nen Kom­pe­ten­zen an „die KI“ abzugeben und sich damit zufrieden­zugeben.“

Eine wesentliche Auf­gabe schulis­ch­er Bil­dung auf höherem Niveau muss weit­er­hin sein, sich Kom­pe­ten­zen und Wis­sen anzueignen, um als mündi­ger Bürg­er Entschei­dun­gen tre­f­fen zu kön­nen. Den bloßen Umgang mit einem Werkzeug — hier der KI – zu erler­nen, kann kein aus­re­ichen­des Ziel gym­nasialer Bil­dung ein. Die Sou­veränität des Nutzers ste­ht im Vorder­grund: Das For­mulieren sin­nvoller Fra­gen für die KI und die Bew­er­tung ihrer Antworten brauchen Grund­la­gen­wis­sen und Denk­fähigkeit. Dazu sind vor allem auch sprach­liche Kom­pe­ten­zen notwendig. Außer­dem darf Baden-Würt­tem­berg die tech­nis­che Weit­er­en­twick­lung nicht anderen über­lassen. „Wenn wir nur noch User sind und keine Exper­tin­nen oder Entwick­ler mehr her­anwach­sen kön­nen, dann gehen Fortschritt und Wis­senschaft schnell an unserem Land vor­bei. Soll das das poli­tis­che Ziel unser­er Bil­dung wer­den?“, so Mar­ti­na Scher­er weit­er.

Selb­stver­ständlich ist es notwendig, dass dig­i­tale Medi­enkom­pe­tenz an unseren Schulen Raum erhält, denn auch den soge­nan­nten „dig­i­tal Natives“ wer­den diese Kom­pe­ten­zen nicht in die Wiege gelegt. Das ist ein Lern­prozess, der weit über Wis­chen und Tip­pen hin­aus­ge­ht.
(Siehe auch: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/digitale-kompetenzen-jugendliche-100.html)

ABER: Der Preis dafür darf nicht eine Absage an andere Fäch­er sein! Die zweite Fremd­sprache und auch die Möglichkeit, eine weit­ere Sprache zu erler­nen, müssen weit­er­hin für das Gym­na­si­um selb­stver­ständlich sein. Ger­ade die KI hängt an Sprache! Wer keine Sprache hat, kann auch KI nicht sin­nvoll nutzen. Und: KI lernt nur durch und aus Sprache, da sie keine analo­gen Erfahrun­gen machen kann. Fehlende Sprache ist also let­ztlich selb­st für die KI schädlich.

Das all­ge­mein­bildende Gym­na­si­um musste sich in den let­zten Jahren immer wieder gegen ver­meintliche Gle­ich­heits­be­stre­bun­gen durch Leis­tungsniv­el­lierung wehren. „Die verpflich­t­ende zweite Fremd­sprache ist ein Alle­in­stel­lungsmerk­mal unser­er Schul­form, dem Gym­na­si­um“, bekräftigt Mar­ti­na Scher­er. „Die Kom­pe­ten­zen durch das Erler­nen ein­er Fremd­sprache gehen weit über die reinen Sprachken­nt­nisse hin­aus, es geht auch um den interkul­turellen Gedanken, um Lan­deskunde und Tra­di­tio­nen. Ger­ade in unser­er vielfälti­gen Gesellschaft ist dies doch mehr als notwendig, nicht nur, um den europäis­chen Gedanken weit­erzu­tra­gen. Sollen diese Lernziele nicht mehr zählen? Das wäre ein neuer­lich­er Angriff auf das Gym­na­si­um mit seinen spez­i­fis­chen Auf­gaben. “Wer keine (Fremd-)Sprache erlernt hat, muss alles glauben, was die KI liefert. So beste­ht eben ein großer Unter­schied zwis­chen einem „vielver­sprechen­den“ Poli­tik­er und einem „viel ver­sprechen­den“ Poli­tik­er. Ob die Sprach­pro­gramme das kor­rekt ver­ste­hen und über­tra­gen?

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den knapp 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit über 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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