Der neue Politikstil in Baden-Württemberg: Wasser predigen und Wein trinken!
10. Oktober 2011
10.10.2011 / 1811 – 12-11
Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) zu den Sparplänen der Landesregierung
Der neue Politikstil in Baden-Württemberg: Wasser predigen und Wein trinken!
Nils Schmid plant Aderlass für die Landesbeamten, aber eigene Spitzenbeamte werden unter Umgehung der Beförderungssperre rückwirkend befördert
Erst 180 zusätzliche Stellen in der Ministerialbürokratie schaffen, dann Stellenstreichungen fordern
Unter Bezugnahme auf die orwellsche Erkenntnis, wonach ‚Some (…) are more equal than others‘ kritisiert Bernd Saur, Vorsitzender des Philologenverbands Baden-Württemberg, die widersprüchlichen und bildungspolitisch fragwürdigen Sparvorhaben der Landesregierung: „Den angekündigten neuen Politikstil haben wir uns anders vorgestellt! Wie glaubwürdig ist eine Landesregierung, die von den Landesbeamten Einsparungen in Höhe von 380 Millionen Euro für das kommende Jahr verlangt, selbst aber vor kurzem Spitzenbeamte unter Umgehung der Beförderungssperre rückwirkend befördert hat? Eine Landesregierung, die 1560 dringend benötigte Beamtenstellen streichen will, selbst aber nach der Regierungsübernahme 180 neue Stellen unter anderem für fragwürdige Bildungsprojekte geschaffen hat?“
Der Philologenverband stellt fest, dass an den Gymnasien – im Gegensatz zur geplanten Gemeinschaftsschule – der Klassenteiler bei 30 eingefroren werden soll, anstatt ihn, wie von der Vorgängerregierung geplant, auf 28 abzusenken.
Seit Jahren kann der Pflichtunterricht an den Gymnasien nur durch eine jetzt erneut drastisch angestiegene Überstundenbugwelle gesichert werden, und entgegen allen Beteuerungen aus dem Kultusministerium ist an den Gymnasien weiterhin Unterrichtsausfall zu verzeichnen. „Zur Behebung dieser unhaltbaren Missstände ist offensichtlich kein Geld da!“ kommentiert Bernd Saur die Schwerpunktsetzung der grün-roten Landesregierung. Während man sich bei den eigenen politischen Mitstreitern mehr als großzügig zeigt, kündigt der Finanzminister einen „effizienteren Personaleinsatz“ an den Schulen an.
Dabei tragen seit Jahren gerade die Lehrkräfte an Gymnasien durch außerordentliche Sonderopfer zur Sanierung des Landeshaushalts bei. Durch mehrfache Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung, durch Einschnitte bei der Altersermäßigung, durch Streichung von Beförderungsstellen, durch permanente Zuweisung zusätzlicher neuer Aufgaben und schließlich durch das erwähnte umfangreiche Volumen an Überstunden ist die Arbeitsbelastung der Gymnasiallehrer immer weiter angestiegen.
Der PhV BW betrachtet im Übrigen die Sparvorhaben als völlig unzeitgemäß: „Die Besoldung der Bundesbeamten soll aufgestockt werden, Baden-Württemberg erwartet in diesem Jahr Steuermehreinnahmen von einer Milliarde und für 2012 von 800 Millionen Euro. Es kann nicht sein, dass vor diesem Hintergrund ausgerechnet bei denen erneut gespart werden soll, die in der Vergangenheit immer wieder Sonderopfer erbracht haben“ so Bernd Saur zu Nils Schmids Ankündigungen.
Abschließend erklärt der Landesvorsitzende des Philologenverbands: „Jetzt wissen wir also, worin der neue Politikstil besteht: Sparen bei den Landesbeamten und den Landeskindern, aber bei den eigenen politischen Freunden ruhig etwas großzügiger sein – dergestalt geriert sich der Politikstil derer, die den Begriff ‚Gerechtigkeit‘ so gerne und oft im Bauchladen vor sich hertragen.“
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Bernd Saur