Forderung nach verbindlicher Grundschulempfehlung und einer Wahlfreiheit zwischen G8 und G9

19. Oktober 2019

Pressemit­teilung des Philolo­gen­ver­bands Baden-Würt­tem­berg (PhV BW) zu den Ergeb­nis­sen des IQB-Bil­dungstrends 2018

  • Philolo­gen­ver­band besorgt über schwach­es Abschnei­den Baden-Würt­tem­bergs bei neuer Bil­dungsstudie
  • Forderung nach verbindlich­er Grund­schulempfehlung und ein­er Wahl­frei­heit zwis­chen G8 und G9

Zu den heute veröf­fentlicht­en Ergeb­nis­sen des IQB-Bil­dungstrends 2018 in Math­e­matik und Natur­wis­senschaften nimmt der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg wie fol­gt Stel­lung:

Vor­bei die Zeit­en, in denen Baden-Würt­tem­berg in den Bil­dungsstu­di­en zusam­men mit Bay­ern und Sach­sen das „ewige” Spitzen-Trio bildete! Wie vor drei Jahren erre­icht der Süd­west­en auch dieses Mal nur knapp ein durch­schnit­tlich­es Ergeb­nis beim IQB-Bil­dungstrend. „Ein Resul­tat, mit dem wir abso­lut nicht zufrieden sein kön­nen und dür­fen“, kom­men­tiert der PhV-Lan­desvor­sitzende Ralf Scholl. Baden-Würt­tem­berg als Land mit vie­len unbekan­nten Welt­mark­t­führern („hid­den cham­pi­ons“) sei darauf angewiesen, im Bil­dungs­bere­ich spitze zu sein, um auf Dauer seine Wet­tbe­werb­s­fähigkeit und seinen Wohl­stand zu erhal­ten. „Durch­schnitt ist keine Voraus­set­zung für Welt­spitze“, so Ralf Scholl.

Die Gretchen-Fra­gen laut­en natür­lich: Was läuft in den Län­dern, die an der Spitze ste­hen, anders? Und was kann bzw. muss in Baden-Würt­tem­berg kurz- und langfristig unter­nom­men wer­den, um das Bil­dungsniveau zu erhöhen?

Kurzfristig sollte nach Überzeu­gung von Ralf Scholl eine Rück­kehr zur verbindlichen Grund­schulempfehlung erfol­gen. „Sowohl in Bay­ern wie auch in Sach­sen und Thürin­gen ist die Grund­schulempfehlung verbindlich — wie auch in Baden-Würt­tem­berg bis 2011“, erk­lärt der PhV-Lan­desvor­sitzende. In diesen drei Bun­deslän­dern seien die bei der Grund­schulempfehlung ange­wandten Kri­te­rien sog­ar härter, als sie es in Baden-Würt­tem­berg jemals waren. „Nach der Abschaf­fung der verbindlichen Grund­schulempfehlung in Baden-Würt­tem­berg im Jahr 2012 gin­gen die baden-würt­tem­ber­gis­chen Ergeb­nisse deut­lich in den Keller — und das stimmt mit den Erfahrun­gen der Lehrkräfte übere­in“, betont Ralf Scholl. Sowohl an den Realschulen wie an den Gym­nasien klagten die Lehrer über das deut­lich gesunkene Niveau in der Unter- und Mit­tel­stufe, müssten sie doch Rück­sicht auf die (zu) vie­len leis­tungss­chwächeren Schüler nehmen, die von über­am­bi­tion­ierten Eltern auf eine für sie falsche Schu­lart geschickt wur­den. Auch für die betrof­fe­nen Kinder sei es enorm prob­lema­tisch, wenn sie in der Schule dauer­haft über­fordert seien und ständig Mis­ser­folge erleben müssten. „Ist es pur­er Zufall, dass genau die drei Bun­deslän­der, die den Über­gang auf die weit­er­führen­den Schulen nach Klasse 4 verbindlich regeln, im Bun­desver­gle­ich in Math­e­matik die besten Ergeb­nisse erzie­len? — Wohl kaum!“, so das Faz­it von Ralf Scholl. Für ihn ste­ht daher fest: „Die Wiedere­in­führung der verbindlichen Grund­schulempfehlung in Klasse 4 wäre ein Schritt, von dem man sich inner­halb rel­a­tiv kurz­er Zeit und ohne großen Aufwand deut­liche Verbesserun­gen erhof­fen kann.“

Mit­tel­fristig plädiert der Philolo­gen­ver­band für eine Wahl­frei­heit zwis­chen G8 und G9. „Eine höhere Qual­ität in der Bil­dung kann nur mit mehr Zeit zum Ler­nen erre­icht wer­den“, ist der PhV-Lan­desvor­sitzende überzeugt. Daher solle jedem Gym­na­si­um die Möglichkeit gegeben wer­den, auch ein neun­jähriges Ange­bot zu machen.

Über­prüft wer­den soll nach Ansicht des Ver­bands der Gym­nasiallehrkräfte mit­tel­fristig die gesamte inhalt­sarme Kom­pe­ten­zori­en­tierung. „Die Anforderun­gen der Bil­dungspläne müssen wieder auf ein Niveau ange­hoben wer­den, das in den Bil­dungsplä­nen von 1994 (G9) bzw. 1999 (G8) gefordert wurde“, fordert Ralf Scholl. „Wenn man die Inhalte eines hal­ben Schul­jahres stre­icht, darf man sich nicht wun­dern, wenn der in der Schule ver­mit­telte Wis­sens­stand abn­immt.“

Als ein länger­fristiges Instru­ment schwebt dem PhV-Lan­desvor­sitzen­den vor, die Über­gangsentschei­dung von der Grund­schule auf die weit­er­führen­den Schulen auf drei Säulen zu stellen: Neben der Empfehlung durch die Grund­schullehrkräfte und dem Eltern­willen soll in Klasse 4 mit jedem Schüler eine Poten­zial­analyse nach objek­tiv­en, wis­senschaftlichen Kri­te­rien durchge­führt wer­den. Soll ein Kind z.B. auf das Gym­na­si­um gehen, müssen min­destens zwei dieser drei Instru­mente ein entsprechen­des Votum aussprechen. „Dies würde die Entschei­dung über die Schul­lauf­bahn eines Kindes nach der Grund­schule auf eine bre­it­ere und fundiert­ere Basis stellen und jedem Schüler einen Weg in die für ihn zu diesem Zeit­punkt am besten passende Schu­lart bah­nen“, meint Ralf Scholl. Ergänzt wer­den sollte dieses Über­gangsver­fahren zudem durch ein Probe­hal­b­jahr in der weit­er­führen­den Schule. „Damit soll bere­its im ersten Hal­b­jahr in Klasse 5 in Erfahrung gebracht wer­den, ob ein Schüler tat­säch­lich für die gewählte Schu­lart hin­re­ichend begabt, geeignet und motiviert ist“, so der PhV-Lan­desvor­sitzende.


An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit rund 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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