Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) fordert Gerechtigkeit bei der Eingangsklassenbildung und keine Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Gymnasien
17. September 2015
* 17 Klassen an 190 Gymnasien eingespart, also jeweils eine Klasse an rund 9 Prozent der Gymnasien
* 230 der an 190 Gymnasien angemeldeten 13.600 Schülerinnen und Schüler an andere Gymnasien verwiesen
* 18 Prozent der allgemein bildenden Gymnasien von Maßnahmen zum Klassenausgleich betroffen
Der Philologenverband BW kritisiert die Praxis der Ausgleichsmaßnahmen bei der Bildung der Eingangsklassen an Gymnasien, die dazu führt, dass Klassen bis an die Grenzen des Klassenteilers (30 an Gymnasien — bei Gemeinschaftsschulen nur 28) aufgefüllt werden und betroffene Schülerinnen und Schüler durch Verweisung an andere Gymnasien teilweise unvertretbar benachteiligt werden.
Dies zeigt eine Umfrage des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV BW), in der die Schulleitungen der 363 öffentlichen allgemein bildenden Gymnasien das Landes gefragt wurden, ob sie bei der Klasseneinteilung für das Schuljahr 2015/16 von Maßnahmen zum Klassenausgleich betroffen waren, und wie viele der angemeldeten Schülerinnen und Schüler sie ggf. abweisen, oder wie viele sie von anderen Gymnasien zusätzlich aufnehmen mussten. Gefragt wurde auch, in welchen Fällen der Grund für die Abweisung von Schülerinnen und Schülern das Erreichen der Kapazitätsgrenze war.
Von 190 (52 Prozent) der insgesamt 363 angeschriebenen öffentlichen allgemein bildenden Gymnasien kam eine Rückmeldung. Dabei meldeten 35 dieser Gymnasien (18,4 Prozent) notwendige Maßnahmen zum Klassenausgleich. Die Schulleitungen von 18 dieser 35 Gymnasien, an denen insgesamt 3.700 Schülerinnen und Schüler angemeldet waren, berichteten von notwendigen Maßnahmen durch Weiterverweisung von 230 Schülerinnen und Schülern an andere Gymnasien. Auf diese Weise konnten durch Streichung von Klassen an 17 Gymnasien und Auffüllen von Klassen an den anderen 18 Gymnasien insgesamt 17 Klassen eingespart werden.
Das Kultusministerium beruft sich bei den Klassenausgleichmaßnahmen auf § 88 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg, wonach die Schulaufsichtsbehörden “Schüler einer anderen Schule desselben Schultyps zuweisen können, wenn dies zur Bildung annähernd gleich großer Klassen oder bei Erschöpfung der Aufnahmekapazität erforderlich und dem Schüler zumutbar ist”.
Der Philologenverband BW stellt fest, dass der Begriff der “Zumutbarkeit” durch das Kultusministerium offensichtlich zu eng auf die Entfernung zur Schule bezogen wird, obwohl es durchaus eine Frage der Zumutbarkeit ist, wenn Schülerinnen und Schüler den von ihnen gewählten Gymnasialzug, beispielsweise eine bestimmte Sprachenfolge bzw. ein bestimmtes Profil, nicht besuchen dürfen. Deshalb fordert der PhV BW eine entsprechende Anpassung der Praxis von Klassenausgleichsmaßnamen an die Vielfalt der gymnasialen Angebote.
Darüber hinaus beklagt der PhV BW, dass Schülerinnen und Schüler abgewiesen werden, obwohl die Kapazitätsgrenze des Gymnasiums nicht erreicht ist. Auch dies zeigen die Umfrageergebnisse, denn zumindest an 6 Gymnasien wurden 36 von 576 angemeldeten Schülerinnen und Schülern an eine andere Schule verwiesen, obwohl die Kapazitätsgrenze nicht überschritten wurde.
Der PhV BW fordert vom Kultusministerium eine Änderung der Praxis von Klassenausgleichsmaßnahmen, die nicht als reine Sparmaßnahme wirken und auf ein Auffüllen von Klassen beschränkt sein dürfen. Hierbei ist auch auf eine gerechte Behandlung der Gymnasien gegenüber den Gemeinschaftsschulen zu achten, bei denen in der Frage der Eingangsklassenbildung außerordentlich großzügig verfahren wird. Überaus optimistische Prognosen über die Ausweitung der Gemeinschaftsschulen rechtfertigen offensichtlich die Finanzierung von Kleinklassen ohne Anwendung von Ausgleichsmaßnahmen wie an den Gymnasien.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt über 8.500 im Verband organisierte Lehrerinnen und Lehrer an den 446 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der rund 27.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Bernd Saur