Jetzt rächt sich beim G8 eine jahrelange Ignoranz der Vorschläge und Warnungen des Philologenverbandes
19. Januar 2006
19.1.2006 / 1811 — 03–06
Zumeldung zur Pressemitteilung von Kultusminister Helmut Rau „Kritik am achtjährigen Gymnasium“ vom 19. Januar 2006
Jetzt rächt sich beim G8 eine jahrelange Ignoranz der Vorschläge und Warnungen des Philologenverbandes
„Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) hat das Chaos, das sich nun bereits am Anfang der Umsetzung des generellen achtjährigen Gymnasiums immer deutlicher herauskristallisiert, schon vor Jahren vorausgesehen und wiederholt Korrekturen angemahnt. Die Warnungen und Vorschläge der Schulpraktiker wurden ignoriert. Dafür gibt es nun die Quittung“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg, Karl-Heinz Wurster, zum Brief von Kultusminister Helmut Rau an die Eltern, in dem der Minister die Kritik am derzeitigen achtjährigen gymnasialen Bildungsgang aufgreift. Als Sofortmaßnahme schlägt der Philologenverband vor, die 2. Fremdsprache erst ab der Klassenstufe 6 einzuführen und die Einstellung von Personal zur Aufsicht und Betreuung im G8-Ganztagsbetrieb durch die kommunalen Schulträger sicherzustellen.
Dieses „bildungspolitische Eingeständnis“ hätte sich der Kultusminister nach Auffassung des Philologenverbandes sparen können, wenn seine Vorgängerin auf die Warnungen des Philologenverbandes in seinem zehnjährigen Kampf gegen eine völlig unsinnige Verkürzung der gymnasialen Schulzeit von neun auf acht Jahre ernst genommen und das Gespräch mit dem PhV, mit wirklichen Unterrichtsexperten von der Schulfront und mit den Schulpraktikern vor Ort gesucht hätte. „Jetzt rächt sich die damalige Ignoranz bitter“, stellt Wurster fest und weist auf die vielen nicht konsequent durchdachten Bildungsbaustellen mit ihren massiven Problemen in Baden-Württemberg hin, die nun immer deutlicher ans Licht treten:
- Die Nachmittage sind selbst in der Unterstufe bereits mit Unterricht gefüllt,
- die Schulen sind weder personell noch von ihrer baulichen Ausstattung her auf einen Ganztagsbetrieb vorbereitet,
- im Jahr 2012 werden gleich zwei Abiturjahrgänge entlassen.
- eine Differenzierung der Schüler und ihre gezielte Förderung ist in überfüllten Klassen mit über 30 Schülern, die zunehmend aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen Verhaltensauffälligkeiten zeigen, nicht mehr möglich.
Kritik äußerte Wurster auch daran, dass inzwischen die Kommunen immer mehr Personal und Geld einsparen müssten, was für einen reibungslosen Betrieb sowie für eine kontinuierliche Instandhaltung und Ausstattung von Schulen, Turnhallen und Schwimmbädern dringend erforderlich sei.