Evaluation „ja”, aber nicht zum Nulltarif!
18. Oktober 2006
18.10.2006 / 1811 — 37–06
Zumeldung zur Pressemitteilung des Staatsministeriums Nr. 361/2006 vom 17. Oktober 2006
(Selbst- und Fremdevaluation werden im Schulgesetz verankert)
Philologenverband Baden-Württemberg:
Evaluation „ja”, aber nicht zum Nulltarif!
„Wir sind grundsätzlich für eine Verbesserung der Schul- und Unterrichtsqualität, doch darf diese nicht kostenneutral durch eine Umwidmung von Stellen erfolgen“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV BW), Karl-Heinz Wurster, in einer Stellungnahme zu der vom Ministerrat am Dienstag verabschiedeten Verankerung der Selbst- und Fremdevaluation an Schulen im Schulgesetz. Evaluation im Schulbereich hat finanzielle Folgen, und wenn sie regelmäßig stattfinden soll, sei auch von regelmäßigen zusätzlichen finanziellen Belastungen auszugehen. „Evaluationsergebnisse müssen auch Konsequenzen zur Folge haben, zum Beispiel durch eine bessere Lehrerausbildung an den Universitäten, durch eine bessere Fortbildung und eine entsprechende personelle und räumliche Ausstattung der Schulen“, so Wurster weiter.
Der Philologenverband kann sich eine unabhängige Beurteilung der Arbeit an den Schulen durchaus vorstellen, d.h., wenn sie von neutraler Stelle erfolgt. Kritisiert wird vom Verband, dass der Zeitfaktor für Evaluationsprozesse ein erhebliches Maß an Ressourcen verbraucht, die eigentlich überwiegend für die Gewährleistung der Unterrichtsversorgung erforderlich sind. Es könne auch nicht sein, dass der Unterricht von fachfremden und schulartfremden Teams besucht und beurteilt werden soll. Fremdevaluation darf nach Auffassung des Philologenverbandes an den Schulen nicht als Kontrollinstrument eingesetzt werden, sondern muss unterstützend als Mittel zur Stärkung des Bildungs- und Erziehungsauftrags und einer Verbesserung der Unterrichtsqualität dienen. Wurster: „Unsere Kolleginnen und Kollegen sind bereits mit der Bildungsplanreform, mit der Umsetzung von G 9 auf G 8 und durch ihren schwieriger gewordenen Erziehungsauftrag bis an den Rand belastet, sodass zusätzliche Aufgaben auch zusätzliche Ressourcen erfordern. Im Übrigen muss der Datenschutz gewährleistet sein. Evaluation darf auf keinen Fall dazu führen, dass eine einzelne Lehrkraft öffentlich über eine Benachrichtigung an die Eltern und Kommunen an den Pranger gestellt wird.“
Wurster wies abschließend darauf hin, dass eine Evaluation in dem vorgesehenen Umfang gut durchdacht sein muss, wenn sie die Schule stützen, Lehrer nicht demotivieren und anders als bei der NSI-Umsetzung nicht zu einer ineffizienten Mittel- und Ressourcen-Verschleuderung führen soll.