Zumeldung des Philologenverbandes Baden-Württemberg zur dpa-Meldung „Kretschmann verteidigt achtjähriges Gymnasium“ vom 22.8.2019

23. August 2019

 

Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg (PhV BW), also der Ver­band der direkt betrof­fe­nen gym­nasialen Lehrkräfte, wider­spricht Min­is­ter­präsi­dent Win­fried Kretschmann zur Dauer der gym­nasialen Schulzeit aufs heftig­ste: „Ger­ade heute, in ein­er Zeit lebenslan­gen Ler­nens, bildet eine best­mögliche Schul­bil­dung die Grund­lage allen späteren Ler­nens, sei es im Studi­um, in der Beruf­saus­bil­dung oder berufs­be­glei­t­end“, so der PhV-Vor­sitzende Ralf Scholl.

Jugendliche kürz­er in der Schule auszu­bilden mit dem Argu­ment, sie müssten ohne­hin ihr Leben lang weit­er ler­nen, um sie möglichst schnell ins Beruf­sleben zu brin­gen, verkenne die Auf­gaben des Lan­des in der Bil­dungspoli­tik. „Für ein selb­st­bes­timmtes, unab­hängiges Leben ist eine grund­solide Schul­bil­dung – ger­ade angesichts der schnellen Verän­derun­gen in Wirtschaft und Gesellschaft – eine zen­trale Voraus­set­zung“, betont Ralf Scholl.

Dass Min­is­ter­präsi­dent Kretschmann als Grü­nen-Poli­tik­er die Mei­n­ung von rund 80 % der direkt Betrof­fe­nen (Schüler und Eltern), die statt der verkürzten gym­nasialen Schulzeit wieder eine G9-Wahlmöglichkeit wollen, schlicht ignori­ert, obwohl Lan­desregierung und Grüne ständig von ein­er „Poli­tik des Gehörtwer­dens“ reden, stößt beim PhV-Vor­sitzen­den auf völ­liges Unver­ständ­nis. Sein­er Ansicht nach ver­fol­gen die baden-würt­tem­ber­gis­chen Grü­nen bei diesem The­ma eine rein ide­ol­o­gisch motivierte Poli­tik des „Auf-Durchzug-Schal­tens“.

„Die Verkürzung der Gym­nasialzeit im Rah­men des G8 ist in allen ihren Zie­len gescheit­ert“, erk­lärt Ralf Scholl. Der Großteil der Abi­turi­entin­nen und Abi­turi­en­ten beginne das Studi­um mit­nicht­en ein Jahr früher, wie ursprünglich erhofft, son­dern lege nach dem Abitur erst ein­mal eine ein­jährige Pause ein, um sich selb­st zu ori­en­tieren, sei es z.B. mit einem „Frei­willi­gen Sozialen Jahr“, einem „Work and Trav­el“ oder ein­er Wel­treise. Im Gegen­zug seien die vor der Ein­führung von G8 sehr häu­fi­gen ein­jähri­gen Aus­land­saufen­thalte in der 11. Jahrgangsstufe mas­siv zurück­ge­gan­gen.

Der Philolo­gen­ver­band wieder­holt nach­drück­lich seine Forderung nach der Ein­führung ein­er Wahl­frei­heit zwis­chen G8 und G9 nach der Land­tagswahl 2021 – und zwar eines G9, das kein „gestreck­tes G8“ ist, son­dern eines voll­w­er­ti­gen G9 mit so viel mehr Stun­den, dass z.B. die Kürzun­gen im Fach Math­e­matik an den math­e­ma­tisch-natur­wis­senschaftlichen Gym­nasien (von neun­mal fünf Stun­den Math­e­matik auf acht­mal vier Stun­den Math­e­matik, also von 45 auf 32 Stun­den) vol­lum­fänglich zurückgenom­men wer­den kön­nen. „Wie irgen­dein Poli­tik­er glauben kann, bei ein­er Kürzung um rund ein Vier­tel der Stun­den das am Ende der Schulzeit erre­ichte Wis­sensniveau hal­ten zu kön­nen, bleibt unklar“, so der PhV-Vor­sitzende. Dieser Mei­n­ung könne man wohl nur sein, wenn man über die schulis­che Wirk­lichkeit wenig Ken­nt­nis habe: „Die ‘Time on Task’, d.h. die effek­tiv genutzte Lernzeit, ist – wie alle Stu­di­en zu diesem The­ma nach­weisen – ein­er der entschei­den­den Fak­toren für das Aus­maß des erziel­ten Lern­er­fol­gs,“ erk­lärt Ralf Scholl abschließend.

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit rund 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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