IQB-Ländervergleich von Viertklässlern: Baden-Württemberg unter Schock

13. Oktober 2017

 

13. Okto­ber 2017
Az. 1811 / 2017 – 15

Hat­ten uns schon die IQB-Ergeb­nisse der Neun­tk­lässler mächtig zuge­set­zt, so ist jet­zt die Katas­tro­phe per­fekt: Baden-Würt­tem­berg ist auf den vor­let­zten Platz im Län­der­rank­ing abgerutscht. Und nun pras­seln die diversen Erk­lärungsver­suche der Pro­tag­o­nis­ten der Bil­dungsszene zum Teil reflexar­tig übers Län­dle nieder:

• Beim Ruf nach mehr Geld muss natür­lich die Unter­fi­nanzierung des deutschen Schul­sys­tems generell the­ma­tisiert wer­den und der Ruf nach Sozialpäd­a­gogen, Sozialar­beit­ern und Schulpsy­cholo­gen ist in einem Bun­des­land mit einem sehr hohen Anteil an Risikoschülern, die nicht ein­mal die Min­dest­stan­dards erre­ichen, dur­chaus ver­ständlich.

• Der Ver­weis auf die gestiegene Het­ero­gen­ität der Schüler­schaft zielt jedoch deshalb ins Leere, weil diese in anderen Bun­deslän­dern auch gestiegen ist. Auch die Forderung nach ein­er Ver­längerung des PH-Studi­ums auf 10 Semes­ter bedi­ent ja wohl eher klien­tel­spez­i­fis­che Inter­essen, denn als das Studi­um noch 6 Semes­ter umfasste, belegten wir noch Spitzen­plätze.

Ursäch­lich für den Absturz sind vor allem Unter­richtsvol­u­men und Unter­richts­gestal­tung. Die bere­its erfol­gte und noch fol­gende deut­liche Auf­s­tock­ung des Unter­richts in Lesen, Schreiben und Rech­nen ist eine wichtige, da wirkungsvolle Maß­nahme, denn eine Kor­re­la­tion zwis­chen Unter­richt­szeit und Unter­richt­ser­folg ist wis­senschaftlich nachgewiesen.

Der zen­tral­ste aller Fak­toren ist jedoch die Unter­richts­gestal­tung, also das päd­a­gogisch-fach­di­dak­tisch-method­is­che Geschehen im Unter­richt. Der schle­ichende Abwärt­strend der Schüler­leis­tun­gen ver­lief par­al­lel zur Propagierung ein­er so genan­nten „inno­v­a­tiv­en Unter­richt­skul­tur“, wie sie in der Gemein­schaftss­chule ihren konkreten Nieder­schlag find­et. Diese grün-rote „Speer­spitze mod­ern­ster Päd­a­gogik“ ist nicht nur ger­ade dabei, kom­plett zu scheit­ern, durch den mas­siv­en apodik­tis­chen Imple­men­tierungsver­such dieser „mod­er­nen Weit­er­en­twick­lung von Unter­richt“ wurde der jet­zt doku­men­tierte große Schaden angerichtet.

Das „Schreiben nach Hören“ zeigt beispiel­haft, was „inno­v­a­tiv“ konkret bedeuten kann. Zum von den Dat­en nie gestützten Mantra grün-rot­er Bil­dungspoli­tik gehört ja auch, dass die Schüler­leis­tung keine Rolle zu spie­len scheint. Jeden­falls wurde sie im Rah­men ein­er Zwis­ch­eneval­u­a­tion der Gemein­schaftss­chule (Wiss­Gem) gar nicht erhoben, sodass wir über­haupt nicht wis­sen, was die GMS-Schüler kön­nen.

Mit dieser Art von Päd­a­gogik muss Schluss sein, wenn uns die Zukun­ft unser­er Kinder am Herzen liegt. Die Qual­ität von Unter­richt bemisst sich zuvörder­st an seinen Ergeb­nis­sen, und das ist nun mal, was die Schü­lerin­nen und Schüler gel­ernt haben. Das weiß man seit Men­schenge­denken. Das müsste doch auch im ehe­ma­li­gen Muster­län­dle ein­leucht­en. Die Ein­hal­tung von Stan­dards, Verbindlichkeit, Fach­lichkeit und der Lern­er­folg sind die Gradmess­er, nach denen sich die Qual­ität eines Schul­sys­tems bemisst. Dessen scheint man sich in anderen Bun­deslän­dern bewusster gewe­sen zu sein als hierzu­lande.

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet.

Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt über 8.800 im Ver­band organ­isierte Lehrerin­nen und Lehrer an den 446 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der rund 27.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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