Mehr Gleichberechtigung durch ChancenG?
27. Mai 2020
Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen wird im Grundgesetz zurecht gefordert. Das Chancengleichheitsgesetz (ChancenG) soll Gleichberechtigung im öffentlichen Dienst durchsetzen helfen. Die Schulen werden – so die Erfahrungen der letzten Jahre – aber mit den praktischen Folgen alleine gelassen.
Bei der Evaluation des Gesetzes, die für das Frühjahr 2020 vorgesehen ist und 2021 abgeschlossen sein soll, müsste ggf. schon der Titel auf den Prüfstand: Geht es um Chancengleichheit? Geht um Gleichberechtigung? Das ist nicht dasselbe. Quantitative Gleichberechtigung könnte man ganz konkret fassen: Gleiches Geld für gleiche Arbeit – also könnte damit auch die Festlegung von teilbaren Aufgaben durch den Dienstherrn gemeint sein. Quantitative Gleichberechtigung könnte auch Quoten meinen. Diese sieht das ChancenG vor. Wenn man der Logik einer Quote aber konsequent folgen würde, könnte über die Zielgröße von 50 Prozent Frauen in Führungspositionen das letzte Wort nicht gesprochen sein. Oder man müsste umgekehrt dafür Sorge tragen, dass sich wieder mehr Männer dem Lehramt zuwenden. Ist eine Quote – und wenn ja, welche – der Weg zu mehr Frauen in Führung? Qualitative Gleichberechtigung versucht der Dienstherr verstärkt zu erreichen. Wie steht es aber um unsere Kultur der Anerkennung und Teilhabe?
Schule ist ein Mikrokosmos gesellschaftlicher Veränderungen. Lehrkräfte sind auch Rollenvorbilder und Wertevermittler. Fragen der Gleichberechtigung reichen weit über berufspolitische Fragen hinaus direkt in unser Kerngeschäft (Persönlichkeits-)Bildung hinein.
Als Verband wollen wir von unseren Kolleginnen und Kollegen wissen, wie sie die Gleichberechtigung in unseren Kollegien wahrnehmen. Außerdem wollen wir uns überlegen, was aus unserer Sicht wie vom Dienstherrn geregelt sein müsste. Dazu bedarf es einer Diskussion in unseren eigenen Reihen.
Wer ist an der Schule für Fragen der Gleichstellung von Frauen und Männern zuständig? Diese Aufgabe wird laut Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) der Personalversammlung (§52 Abs. 2) sowie dem Personalrat (§70 Abs. 1, Nr. 10) zugewiesen. Insbesondere aber ist nach dem Chancengleichheitsgesetz in jeder Dienststelle mit 50 und mehr Beschäftigten eine Beauftragte für Chancengleichheit (BfC) und ihre Stellvertreterin nach vorheriger Wahl durch die Schulleitung zu bestellen. Die genauen Rahmenbedingungen für die Wahl sind in einer eigenen Wahlordnung geregelt. Bei Dienststellen mit weniger als 50 Beschäftigten ist von der Schulleitung eine Ansprechpartnerin für Chancengleichheit zu bestellen. Eine Wahl findet hier nicht statt.
Die Amtszeit für die BfC beträgt fünf Jahre. Dann ist eine Neuwahl erforderlich. An den meisten Gymnasien im Land wird/wurde zum Ende des Schuljahres 2020/21 gewählt. Der PhV BW gratuliert allen neu- und wiedergewählten Beauftragten für Chancengleichheit zu ihrem Amt und wünschen ihnen viel Erfolg bei der Wahrnehmung ihrer verantwortungsvollen Aufgabe!
BfC oder AfC? Bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl werden die Lehrkräfte aller Geschlechter berücksichtigt. Im Unterschied zu Personalratswahlen zählen Referendarinnen und Referendare an den Schulen nicht mit. Ebenso werden vollabgeordnete Lehrkräfte an ihrer Stammschule nicht mitgezählt. Personen mit einer Teilabordnung werden nur an der Schule als Beschäftigte gezählt, an der sie mit dem überwiegenden Anteil ihres Deputats tätig sind.
Das führt dazu, dass kleinere Gymnasien unter der erforderlichen Zahl von 50 Beschäftigten bleiben und damit keine eigene BfC wählen dürfen. In diesen Schulen mit weniger als 50 Beschäftigten ist eine AfC zu bestellen.
Claudia Grimm (Referentin)