Philologenverband begrüßt geplante Komplett-Öffnung der Schulen nach den Sommerferien
19. Juni 2020
Pressemitteilung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zu den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz zum Schulbetrieb nach den Sommerferien:
- Philologenverband begrüßt geplante Komplett-Öffnung der Schulen nach den Sommerferien
- Forderungen nach begleitenden Maßnahmen an den Schulen
- Vorbereitung auch auf Worst-Case-Szenario notwendig
- Vorsorge gegen Import einer zweiten Welle durch Urlaubs-Rückkehrer nötig
Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) begrüßt die Absichtserklärung der Kultusministerkonferenz, die Schulen nach den Sommerferien im Regelbetrieb und ohne Abstandsgebot zu öffnen. „Diese Absichtserklärung gibt allen Beteiligten die notwendige Orientierung, und sie ist aus pädagogischer Sicht wünschenswert,“ erklärt der PhV-Vorsitzende Ralf Scholl. „Entscheidend für einen normalen Schulbetrieb wird aber sein, ob die Corona-Pandemie in Deutschland unter Kontrolle bleibt.“ Und dafür müssen nicht nur die Kultusminister nachbessern, sondern vor allem auch die Innenminister, meint Ralf Scholl und fragt: „Wo bleiben die begleitenden Maßnahmen, die eine durch im Ausland infizierte Sommerurlauber ausgelöste zweite Corona-Welle verhindern? Schließlich wurde auch die erste Welle wesentlich durch Urlauber aus Südtirol und Ischgl importiert und führte binnen drei Wochen zum kompletten Lockdown. Das darf nicht noch einmal passieren!“
Island ist da nach Einschätzung des PhV-Vorsitzenden weiter: Jeder, der ins Land will, wird entweder getestet oder muss 14 Tage in Quarantäne. Dass das in Deutschland, dem Staat mit den meisten Nachbarländern in Europa, etwas schwieriger ist als bei einer Insel, die man nur per Flugzeug oder Schiff erreichen kann, ist klar. „Gerade deshalb muss das jetzt gut geplant werden“, fordert Ralf Scholl. Die Testkapazitäten dafür würden zur Zeit nur zu 20% genutzt und wären deshalb in ausreichender Menge vorhanden.
Die Schulen benötigen parallel zur Komplettöffnung ebenfalls begleitende Maßnahmen:
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Konsequentes Hygiene- und „Abstands“-Konzept für den Normalbetrieb
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Visiere und Masken für alle Lehrkräfte
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Eine Visier- oder Maskenpflicht für alle Situationen mit engerem Kontakt, auch in den Pausen und auf dem Weg zur Schule. Kostenlose Verfügbarkeit von Visieren und Masken als Arbeitsmittel für die Lehrkräfte.
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Regelmäßige flächendeckende, kostenlose Testmöglichkeiten für Lehrkräfte und Schüler
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Bauliche Veränderungen, um das Motto von Ministerpräsident Kretschmann „Abstand bleibt unsere schärfste Waffe gegen Corona“ an den Schulen umzusetzen: Vergrößerung der Klassenräume, z. B. durch Entfernung nichttragender Wände in den Sommerferien und Bereitstellung von Containern als Ersatz für dadurch wegfallende Räume oder verkleinerte Klassen
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Verkleinerung der Klassengrößen: Maximal doppelt so viele Schüler pro Klasse wie mit Abstandsgebot in den verfügbaren Raum passen. Nur so wird ein eingeschränkter Regelbetrieb mit Präsenzunterricht jede zweite Woche überhaupt machbar, wenn er notwendig wird.
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Einstellung neuer Lehrkräfte schon zum 31. August, um in den letzten beiden Ferienwochen qualifizierte zusätzliche Lernangebote zum Lückenschließen durchführen zu können
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Zusätzliche befristete Stellen, um für Präsenzunterricht ausgefallene Kolleginnen und Kollegen zu ersetzen und verkleinerte Klassen unterrichten zu können. Ausgebildete, stellensuchende Referendare für die Sprachen und Gesellschaftswissenschaften sind im Gymnasialbereich vorhanden.
Und ganz wesentlich für die Aufrechterhaltung wenigstens eines „rollierenden“ Schulbetriebs bzw. des Fernlernens im Worst-Case:
9. Schnelle Ausrüstung aller Lehrkräfte mit Dienst-Notebooks und/oder Dienst-Tablets einschließlich der notwendigen datenschutzkonformen Software und der Wartung.
„Seit März wird der komplette Fernunterricht nur durch Nutzung der privaten digitalen Geräte der Lehrkräfte aufrechterhalten! Das kann so nicht weitergehen“, betont der PhV-Vorsitzende.
Darüber hinaus müssen die Schulen nach Ansicht des Verbands der Gymnasiallehrkräfte parallel auf ein Worst-Case-Szenario vorbereitet werden.
„Die aktuellen Schulschließungen in Gütersloh zeigen, wie schnell ein Infektionsgeschehen außerhalb der Schulen auch die Schulöffnungen wieder beenden kann“, so Ralf Scholl abschließend.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit rund 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.