Pressemitteilung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zum Thema „Öffnung der Schulen in BW“
10. April 2020
Stuttgart, 09. April 2020
Az. 1911 / 2020–14
Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) begrüßt das Schreiben des Kultusministeriums an die Direktoren in Baden-Württemberg vom 9.4., siehe hier, in dem das KM erklärt, dass eine (gestufte) Wiedereröffnung der Schulen frühestens eine Woche nach Ankündigung durch das Kultusministerium erfolgen wird. Diese Vorlaufzeit ist notwendig, um den Schulen für die Umplanung und (Um-)Organisation des Schulbetriebs genügend Zeit zu geben. „Diese Ankündigung schafft Klarheit und beruhigt die Lage etwas, weil damit eine Schulöffnung zum 20.4. vom Tisch ist“, so der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl.
Der PhV-Vorsitzende führt weiter aus: „Die beiden zentralen Fragen vor einer Wiedereröffnung irgendwelcher Schulen sind bisher unbeantwortet:
• Wie viele Kinder waren bzw. sind infiziert?
• Stecken infizierte, oft symptomfreie Kinder Personen an, wenn sie in deren unmittelbare Nähe kommen?
Solange die zweite Frage nicht sicher mit „nein“ beantwortet werden kann, verbietet es sich, Schulen wieder zu öffnen, da das Einhalten der notwendigen Abstandsregeln an den Schulen schlicht undurchführbar ist.
Die Aussage, dass Kinder in der Regel keine schweren Covid-19-Verläufe zeigen, rechtfertigt noch lange keine Schulöffnung, wenn die Schulen sich in der Folge zu Corona-Virus-Umschlagplätzen entwickeln und die Kinder dann ihre Eltern anstecken. Es kann den Schülern, Lehrkräften und Familien (und im Sinne des Seuchenschutzes auch der Gesellschaft insgesamt) nicht zugemutet werden, dass der Schulbetrieb unter epidemieförderlichen Bedingungen stattfindet. Der PhV-Vorsitzende fordert außerdem: „Die Zeit bis zum Wiederbeginn des Unterrichts in den Schulen muss jetzt auch für konkrete Vorbereitungsarbeiten an den Schulen genutzt werden.“
In den Tagen vor der Schulschließung wurde erschreckend klar, dass die vom RKI geforderten Hygienemaßnahmen an sehr vielen Schulen gar nicht möglich sind. In den Klassenzimmern gibt es teilweise keine Seife und keine Handtücher, in den Toiletten in der Regel kein Warmwasser. Desinfektionsmittel fehlen an den Schulen bisher gänzlich. Deshalb fordert der PhV BW die Schulträger auf, die hygienischen Bedingungen in den Schulgebäuden umgehend zu verbessern. „Wenn der Unterricht wieder startet, muss es an jeder Schule warmes Wasser, Seifenspender, Papierhandtücher und Hände-Desinfektionsmittel geben – und zwar nicht nur in den Toiletten, sondern auch in den Klassen- und Fachräumen und im Zugangsbereich der Mensen“, fordert der PhV-Landesvorsitzende Scholl. Dasselbe gelte auch für die Schulsporthallen und Schwimmbäder. Zudem müssen die Putzpläne überprüft und ggf. überarbeitet werden: Gründlicheres Putzen und Desinfizieren müsse dem Reinigungspersonal gegenüber angeordnet (und bezahlt!) werden. „Nаch der Schulöffnung darf bei Sauberkeit und Hygiene nicht mehr gespart werden“, erklärt Ralf Scholl: „Das könnte sonst schnell gesundheitsgefährdend werden.“
Die Kommunen müssten zudem in Abstimmung mit den Anbietern des Nahverkehrs dafür Sorge tragen, dass größere Transportkapazitäten für die Schülerbeförderung bereitgestellt werden, damit die Schüler in den Schulbussen und Zügen die Abstandsregeln wenigstens halbwegs einhalten können. Viel zu oft stünden sie bisher dicht gedrängt wie Ölsardinen in der Büchse.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.