Pressemitteilung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zum Thema „Kein Sitzenbleiben dieses Schuljahr“
21. April 2020
Der PhV BW sieht für die verlorene Lernzeit zwei Lösungen:
• Um für die Kinder ein zusätzliches Jahr zu gewinnen, sofortige Umstellung aller gymnasialen Klassenstufen von 5 — 10 auf G9 zum nächsten Schuljahr (mit Wahlfreiheit von G8).
Oder:
• Einführung einer „Freischussregelung“ für das nächste Schuljahr: SuS bzw. Eltern können sich nach Rücksprachemit der Schule bei Problemen im ersetn Halbjahr 2020/21 für eine freiwillige Wiederholung des Corona-Schuljahres entscheiden, ohne dass dies als „Sitzenbleiben“ zählt.
Die gestrige Veröffentlichung des Kultusministeriums, dass es dieses Jahr kein Sitzenbleiben geben werde, wird vom Philologenverband BW als Klarstellung begrüßt.
Der Landesvorsitzende des Verbands der gymnasialen Lehrkräfte in Baden-Württemberg, Ralf Scholl, äußert aber einschränkend: „Eine generelle Versetzung am Ende des Schuljahres ist nur ein Pflaster auf einer nicht verheilten Wunde: Das eigentliche Problem wird damit nicht kuriert: das Problem der versäumten Lernzeit.“
Das wird erst im kommenden Schuljahr wirklich spürbar werden, wenn auf den Inhalten aus der Schulschließungszeit aufgebaut werden muss bzw. diese Inhalte zuerst zusätzlich vermittelt werden müssen. — An den Gymnasien im ohnehin mit Lernzielen überfüllten G8 gibt es ohnehin nicht genug Zeit zum Wiederholen und Üben.
Der PhV BW sieht zwei Wege aus dieser durch Corona entstandenen Situation:
1. Sofortige Umstellung der Gymnasien für die Klassenstufen 5 bis 10 von G8 auf G9, um so allen Schulkindern ein zusätzliches Jahr Zeit zu verschaffen, unter Beibehaltung einer Wahlmöglichkeit von G8.
Oder:
2. Einführung einer „Freischuss-Regelung“, die es den Kindern (bzw. ihren Eltern) bei schulischen Problemen bis zum Halbjahreszeugnis 2021 gestattet, freiwillig in die nächstuntere Klassenstufe zu wechseln, ohne dass dies als „Nicht-Versetzung“ gewertet wird. Da die Kinder die Versetzung in die höhere Klasse damit bereits in der Tasche haben, können sie sich dann vollständig auf die Aufarbeitung ihrer Lücken konzentrieren.
Der PhV ruft auf: „Gönnt den Schulkindern jetzt die nötige zusätzliche Zeit, damit sie die Chance haben, ohne unverschuldeten Druck ihre Schullaufbahn erfolgreich fortzuführen!“
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden rund 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat am Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten an den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.000 Lehrkräfte an den öffentlichen Gymnasien des Landes ein.