PhV BW zu seiner Landespressekonferenz “2 Jahre Corona” und den Ergebnissen einer repräsentativen forsa-Umfrage zu aktuellen bildungspolitischen Themen

16. März 2022

Umfrage unter Eltern zeigt deut­lichen Hand­lungs­be­darf auf bei der Aufar­beitung der coro­n­abe­d­ingten Lern­de­fizite und für eine bessere Ausstat­tung der Schulen:
o Lern­er­folg der Kinder durch Coro­na deut­lich beein­trächtigt
o „Rückenwind“-Maßnahmen zum Auf­holen von Lern­lück­en bis­lang nicht aus­re­ichend
o Immer noch kaum Raum­luft­fil­ter in den Unter­richt­sräu­men
o Dig­i­tal­isierung der Schulen erst auf hal­ber Strecke
o Über­wälti­gende Mehrheit der Eltern für Aus­bau der G9-Ange­bote
o Deut­liche Forderung der Eltern nach kleineren Klassen
PhV-Vor­sitzen­der Ralf Scholl: „Zusät­zliche Investi­tio­nen in unser Bil­dungssys­tem sind drin­gend erforder­lich.“

Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg (PhV BW) hat am 16.03.2022 die Ergeb­nisse ein­er repräsen­ta­tiv­en for­sa-Studie zu den Auswirkun­gen von Coro­na auf den Schul­be­trieb und die Kinder und Jugendlichen vorgelegt. Zwis­chen dem 02.02.2022 und dem 22.02.2022 wur­den dafür 1006 repräsen­ta­tiv aus­gewählte Eltern und Erziehungs­berechtigte in Baden-Würt­tem­berg befragt, die aktuell Kinder in der Schule haben.

Dem­nach
-  ist bei 62% der Kinder der Lern­er­folg durch Coro­na deut­lich beein­trächtigt:
29% der Eltern stimmten dieser Frage „voll und ganz“ zu, 33% mit „eher ja“, 24% stim­men „eher nicht“ zu, 10% „gar nicht“ (der Rest machte keine Angaben).
- ist bei 42% der Kinder die sozial-emo­tionale Entwick­lung deut­lich beein­trächtigt:
13 % sagten „sehr stark“, 29% „stark“, 47% „wenig“, 9% „gar nicht“ (Rest: keine Angabe).
- nehmen nur 5% der Kinder bish­er an ein­er „Rückenwind“-Maßnahme teil, 93% aber nicht (Rest: keine Angabe).
- sind die „Rückenwind“-Maßnahmen für die teil­nehmenden Kinder aber nicht aus­re­ichend, wie 2/3 der Eltern von teil­nehmenden Kindern angeben.
erk­lären 29% der Eltern von nicht an Rück­en­wind teil­nehmenden Kindern: Es gibt kein passendes Ange­bot an der Schule für mein Kind.
erk­lären 5%, dass ihr Kind an pri­vat organ­isierten För­der­maß­nah­men teil­nimmt.
- erk­lären 51%, dass ihr Kind kein solch­es Pro­gramm benötigt.
- sind nur in einem Drit­tel aller Klassen­räume CO2-Ampeln vorhan­den,
- und nur in 14% aller Klassen­räume Raum­luftreini­gungs­geräte vorhan­den.
- wurde 44% aller Kinder ein dig­i­tales Endgerät von der Schule zum Auslei­hen ange­boten, wobei nur 11% es benötigten. (Die anderen hat­ten ein pri­vates Gerät.)
- wurde 52% der Schüler noch kein dig­i­tales Endgerät von Seit­en der Schule ange­boten.

Auf die Frage nach acht- oder neun­jährigem Gym­na­si­um sprachen sich nur 6% der Eltern für ein auss­chließlich­es G8 aus, 62% für ein auss­chließlich­es G9 und 29% für eine Wahlmöglichkeit zwis­chen G8 und G9.

Mit anderen Worten: 91% der Eltern wollen die Möglichkeit von G9 vor Ort!

„Die Lan­despoli­tik muss endlich die Kon­se­quen­zen aus dieser deut­lichen Posi­tion­ierung der Eltern aller Schul­for­men ziehen und zusät­zliche G9-Ange­bote an den Gym­nasien schaf­fen“, fordert der PhV-Lan­desvor­sitzende Ralf Scholl.

Auf die Frage nach kleineren Klassen präferierten 51% eine Klas­sen­größe bis zu 20 Schülern, 26% eine Klas­sen­größe bis zu 24 Schülern und 20% eine Klas­sen­größe von bis zu 16 Schülern. Für Klas­sen­größen bis zu 27 Schülern oder über­haupt keine Verkleinerung der Klassen votierten zusam­men nur 4% der Befragten.

Auf die Frage „Soll­ten die Schul­träger und das Land Baden-Würt­tem­berg mehr finanzielle Mit­tel in eine bessere Ausstat­tung der Schulen und mehr Lehrkräfte investieren, auch wenn dafür andere Pro­jek­te des Lan­des oder der Kom­munen zurück­ste­hen müssen?“ antworteten 94% der befragten Eltern mit „ja“, nur 3% mit „nein“.

Der Philolo­gen­ver­band nimmt die Ergeb­nisse dieser Umfrage zum Anlass, die Lan­desregierung zu fra­gen, wie sie die Aufar­beitung der Coro­na-Defizite bei den Schü­lerin­nen und Schülern weit­er ange­hen will: Das Rück­en­wind-Pro­gramm erre­icht bish­er nur 5% aller Schüler. Mehr als die fünf­fache Anzahl hätte aber eine solche gezielte Förderung nötig, hat aber noch kein passendes Ange­bot erhal­ten, wie die befragten Eltern erk­lären.
Die Dig­i­tal­isierung der Schulen ist auf besten­falls halbem Weg steck­en geblieben. 52% der Schüler wurde von ihrer Schule bish­er noch kein Gerät ange­boten.

Der Schutz der Klassen­räume gegen Coro­na ist auch zwei Jahre nach Beginn der Pan­demie abso­lut löchrig: Nur ein Drit­tel aller Klassen­räume hat CO2-Ampeln, nur 14% Raum­luftreiniger.

Die Inzi­den­zen bei den 10–19-Jährigen wer­den voraus­sichtlich schon diese Woche mit Werten von 4000 auf neue Höch­st­stände anwach­sen.

Und das Kul­tus­min­is­teri­um redet über die Abschaf­fung der Maskenpflicht und hat erst am 14.03.2022 den Schulen die Ver­min­derung der Tes­tun­gen von drei auf zwei Tests pro Woche mit­geteilt. Der PhV-Vor­sitzende Ralf Scholl begrüßt die Ankündi­gung der Lan­desregierung, dass die Maskenpflicht an den Schulen in Baden-Würt­tem­berg zumin­d­est bis zum 02.04.2022 beibehal­ten wer­den soll. Er fordert Bund und Land auf, nicht wenige Meter vor dem Ziel vor­eilig Schutz­maß­nah­men zu been­den. Das ein­fach­ste wäre aus sein­er Sicht, die Gültigkeit des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes um ein bis zwei Monate zu ver­längern. „Die Anzahl der Coro­na-Patien­ten auf Nor­mal­sta­tio­nen ist so hoch wie noch nie“, erk­lärt Ralf Scholl. „Und die Kinder und Jugendlichen steck­en – ein­mal in der Schule oder im Kinder­garten infiziert – jew­eils ihre ganze Fam­i­lie an, wie wir alle in den let­zten Wochen selb­st beobacht­en kon­nten. Dass viele Erkrank­te auch nach nur leichter Infek­tion teil­weise mas­sive Long-Covid-Symp­tome entwick­eln, scheint ins­beson­dere die Bun­desregierung wenig bis gar nicht zu inter­essieren.“

Ins­beson­dere die ein­deutige Bejahung von 94% der Befragten, ob mehr Geld in die Schulen und mehr Lehrkräfte investiert wer­den soll, auch wenn andere Pro­jek­te dafür zurück­gestellt wer­den müssen, bew­ertet Ralf Scholl als eine schal­lende Ohrfeige für die bish­erige Pri­or­itätenset­zung der Lan­desregierung und der Kom­munen.

„Liebe Entschei­dungsträger, lassen Sie endlich Ihren blu­mi­gen Son­ntagsre­den Tat­en fol­gen und investieren Sie das benötigte Geld in unser Bil­dungssys­tem, damit „the Länd“ nicht weit­er abstürzt, son­dern in der Bil­dung wieder an die Spitze kom­men kann! Das ist auch für unsere Wirtschaft abso­lut essen­tiell“, erk­lärt der PhV-Lan­desvor­sitzende.

Weitere Informationen

PhV-for­sa-Umfrage (Text)

PhV-for­sa-Umfrage (Präsen­ta­tion)

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den knapp 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit über 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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