PhV BW zum Artikel in der Stuttgarter Zeitung und in den Stuttgarter Nachrichten vom 31.05.2021 „G9 bleibt nach der vierten Klasse der Dauerbrenner“
1. Juni 2021
- Weiterhin enorme Nachfrage nach Plätzen an G9-Gymnasien
- Philologenverband erneuert Forderung nach Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 als flächendeckendes Angebot an den allgemeinbildenden Gymnasien
- PhV-Vorsitzender Ralf Scholl: „Landesregierung muss Wünsche von Schülern, Eltern und Lehrkräften endlich ernst nehmen“
Die Anmeldeverfahren auf die weiterführenden Schularten zeigen in diesen Tagen gerade in Stuttgart, dass der Wunsch, am allgemeinbildenden Gymnasium das Abitur in neun Jahren zu erlangen, weiterhin sehr stark ausgeprägt ist. Wann, wenn nicht jetzt nach dem coronabedingten Fern- und Wechselunterricht, brauchen die Schülerinnen und Schüler genügend Zeit, entstandene Lernlücken aufzuarbeiten, um erfolgreich am Gymnasium durchzustarten? Leider gab es dabei wieder für eine ganze Reihe von Kindern eine Enttäuschung: Sie bekamen keinen Platz im angestrebten G9-Bildungsweg.
In Baden-Württemberg, dem „Kinderland“ (https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/soziales/kinder-und-jugendliche/kinderland-baden-wuerttemberg/), ist man im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht bereit, das notwendige Geld für eine Ausweitung des G9-Bildungsgangs zu investieren, sondern beharrt als letztes der großen westdeutschen Flächenländer auf G8 als Regelform. Als Folge davon platzen die G9-Modellschulen aus allen Nähten, denn die Abstimmung erfolgt mit den Füßen – aber die Landesregierung bleibt stur und behauptet einfach, es bestehe kein Bedarf. Diese eklatante Fehleinschätzung wird außer durch die alljährliche Anmeldesituation auch durch eine aktuelle Studie der Arbeitsgemeinschaften der gymnasialen Elternbeiräte (ARGEn) als falsch entlarvt: Bei der Umfrage wurden Eltern mit Kindern an Gymnasien im Südwesten angeschrieben und um ihre Meinung zum acht- bzw. neunjährigen Gymnasium gebeten. Fast 18.000 Eltern im Land antworteten, und mehr als 89 Prozent hatten „einen klaren bis sehr deutlichen Wunsch“ nach G9.
Die baden-württembergischen Abiturienten müssen mit acht Jahren im Gymnasium in den Wettstreit um die deutschlandweiten Studienplätze gehen, Landeskinder aus den meisten anderen Bundesländern haben neun Jahre Zeit für diesen Reifeprozess. Wo bleibt hier die vielbeschworene Bildungs- und Chancengerechtigkeit?
Deshalb fordert der Philologenverband, der Verband der gymnasialen Lehrkräfte: Gerade jetzt nach Corona muss die Politik eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 als flächendeckendes Angebot an den allgemeinbildenden Gymnasien für alle Schülerinnen und Schüler ermöglichen, die das wünschen! Eine weitere Ignoranz der Bedürfnisse unserer Kinder ist nicht mehr akzeptabel, wenn die Bildungsgerechtigkeit eines der höchsten Ziele der neuen Landesregierung sein soll!
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.