PhV BW zum gescheiterten Gespräch bezüglich einer Bildungsallianz
3. Mai 2024
* Philologenverband begrüßt die Ankündigungen über die Weiterentwicklung des baden-württembergischen Schulsystems
* PhV-Vorsitzender Ralf Scholl: „G9 und Verbindlichkeit beim Übergang auf das Gymnasium sind wesentliche Fortschritte“
* Enttäuschung über Scheitern einer Bildungsallianz und Nicht-Einigung auf einen Bildungsfrieden
* Unverbindlichkeit beim Realschulübergang ist ein Fehler
* Eckpunkte müssen sinnvoll inhaltlich ausgestaltet und umgesetzt werden
Ein gutes halbes Jahr nach Einreichung der Unterschriften des G9-Volksantrags und fünf Monate nach Vorlage der Ergebnisse des Bürgerforums G8-G9 hat sich die Landesregierung endlich auf die Eckpunkte für eine Weiterentwicklung des Schulsystems in Baden-Württemberg geeinigt.
Und das Ergebnis dieser Einigung klingt durchaus vielversprechend: Ab dem Schuljahr 2025/26 soll G9 an den Gymnasien eingeführt werden, aufwachsend von Klasse 5 und 6. Zudem sollen die Gymnasien G8-Züge für leistungsstarke Kinder anbieten können. Der PhV BW hatte den Umstieg auf ein neunjähriges Gymnasium und die Möglichkeit von G8-Klassen seit längerem gefordert und begrüßt diese Ankündigung daher sehr.
Die Grundschulempfehlung soll wieder verbindlicher gestaltet werden. Sie erfolgt künftig nach drei Kriterien: Empfehlung des Grundschul-Klassenlehrers, Test (Kompass 4, erweitert) und Elternwunsch. Wenn zwei dieser drei Komponenten übereinstimmen, soll das den Ausschlag geben. Wollen sich die Eltern über Grundschulempfehlung und Testergebnis hinwegsetzen, soll es die Möglichkeit für einen “verbindlichen Potenzialtest” am Gymnasium geben. „Für die Gymnasien ist das eine sehr wichtige und positive Maßnahme. Sie werden damit wieder auf eine bessere und sicherere Basis gestellt“, so der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl. Für den Philologenverband ist es aber völlig unverständlich, dass die Grundschulempfehlung nach dem Modell „2 aus 3“ für die Realschulen unverbindlich bleiben soll.
Ob durch den geplanten Zusammenschluss von Werkrealschulen und Realschulen zu Verbundrealschulen die notwendige Sicherung der Haupt- und Werkrealschulen erreicht wird, bleibt abzuwarten. Dass qualitativ gute Haupt- und Werkrealschulen aber dringend benötigt werden, ist selbstverständlich: Denn trotz ihrer Schwierigkeiten, genügend Kinder für die Einrichtung von fünften Klassen zu finden, haben die Haupt- und Werkrealschulen spätestens ab Klasse 7 eine zentrale Funktion: Sie erhalten äußerst regen Zulauf von Kindern, die von Gemeinschaftsschulen und Realschulen zur Haupt-/Werkrealschule wechseln, um dort solide Basiskompetenzen zu erwerben.
Der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl kommentiert die Ankündigungen wie folgt: „Jetzt gilt es, diese geplanten Maßnahmen inhaltlich gut und stimmig umzusetzen: Jede Schulform in Baden-Württemberg muss zu Abschlüssen führen, die Qualität bescheinigen! Das Ziel dieser Neuausrichtung des baden-württembergischen Schulsystems muss es sein, die Klagen von Hochschulen und Wirtschaft in Baden-Württemberg, dass viele Schulabgänger trotz ihrer Zeugnisse nicht über die notwendigen Kompetenzen verfügen, zum Verstummen zu bringen. Dafür wird die Landesregierung auch Geld in die Hand nehmen müssen. Wenn sie das intelligent tut, reichen dabei relativ geringe Summen für eine deutliche Verbesserung des Lernumfelds aus. Aber die Strukturen und die pädagogischen Konzepte müssen in sich stimmig sein. Der PhV begrüßt jede Stärkung des differenzierten Schulsystems mit zielführenden Perspektiven auf qualitativ hochwertige Schulabschlüsse im beruflichen und akademischen Bereich.“
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.