PhV BW zum Thema „sukzessive Schulöffnungen“
16. April 2020
Stuttgart, 16. April 2020
Az. 1911 / 2020-15
Nach den gestrigen Beschlüssen der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten begrüßt Ralf Scholl, der Vorsitzende des Verbands der gymnasialen Lehrkräfte, den gefundenen Kompromiss: „Das Schulöffnungsprogramm ist angesichts von momentan über 750 Neuinfektionen in Baden-Württemberg am 15.4. sehr ambitioniert.“ (Zahlen von https://interaktiv.morgenpost.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit/; das RKI meldet diese Zahlen immer erst mit anderthalb Tagen Verspätung) „Vor dem Hintergrund der Fallzahlen-Entwicklung in Baden-Württemberg ist diese Teilöffnung der Schulen unter strenger Einhaltung der Abstandsregeln das maximale, was möglich ist.“ Der Beginn mit den Abschlussjahrgängen mache doppelt Sinn: Zum einen sind die älteren Schüler in der Regel deutlich vernünftiger und könnten daher die Abstandsregeln (hoffentlich!) konsequent einhalten, zum anderen geht es bei den Abiturienten um ihren Abschluss, und für die Schüler der Jahrgangsstufe 1 zählen die Noten bereits als Teil der Abiturnote — das Einhalten der Regeln liegt also auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der Schülerinnen und Schüler. In diesem Zusammenhang fordert der PhV auch eine Pflicht zum Tragen von Mundschutzmasken an den Schulen, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren.
Die Zeit bis zu diesen ersten Schulöffnungen und auch noch die Wochen der allmählichen weiteren Schulöffnungen müssen nach Überzeugung des PhV BW auch für konkrete Vorbereitungen auf die vom RKI geforderten, grundlegenden Hygienemaßnahmen genutzt werden. „Wenn der Unterricht wieder startet, muss es an jeder Schule genügend warmes Wasser, Seifenspender, Handtuchspender und Hände-Desinfektionsmittel geben – und zwar nicht nur in den Toiletten, sondern auch in den Klassen- und Fachräumen, im Zugangsbereich der Mensen und – wo möglich – sogar auf den Fluren“, fordert der PhV-Landesvorsitzende Scholl. Dasselbe gelte auch für die Schulsporthallen und Schwimmbäder. „Nаch der Schulöffnung darf bei Sauberkeit und Hygiene nicht gespart werden“, erklärt Ralf Scholl, „ebensowenig bei der Schülerbeförderung. Das könnte sonst sehr schnell gesundheitsgefährdend werden.“
Außerdem ruft der PhV das Kultusministerium dazu auf, klar zu definieren, wer zur Risikogruppe aufgrund von Alter, Schwangerschaft oder Vorerkrankungen gehört: Dies ist wichtig für die betroffenen Lehrkräfte ebenso wie für die betroffenen Schülerinnen und Schüler.
Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler, die zur Risikogruppe gehören, sollen nicht am Unterricht teilnehmen, es sei denn, sie bestehen darauf und erklären dies schriftlich.
Auch muss eine einheitliche Regelung gefunden werden, wie mit Betroffenen umgegangen wird, die zwar nicht selbst zur Risikogruppe gehören, aber in häuslicher Gemeinschaft mit einem Partner, Eltern, Kindern usw. leben, die zur Risikogruppe gehören.
Lehrkräfte mit Kindern unter 12 Jahren sind — soweit sie zum Unterricht in der Schule herangezogen werden — dem Personenkreis zuzurechnen, dessen Kinder Anspruch auf Notbetreuung haben.
Abschließend mahnt der PhV BW an, dass bei den weiteren Schritten der Schulöffnung die Erfahrungen mit diesem ersten Schritt berücksichtigt werden. D.h. jeglicher nächste Schritt kann frühestens 14 Tage nach dem ersten Schritt erfolgen, da durch die lange Inkubationszeit von über 5 Tagen die epidemiologischen Folgen nur mit einer Verzögerung von rund 10 Tagen sichtbar werden.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit rund 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.