PhV-Vorschläge zur Bewältigung der Corona-Lernzeitverluste

18. Juni 2021

„Den Kindern und Jugendlichen dabei zu helfen, ihre coro­n­abe­d­ingten Lern­lück­en aufzuar­beit­en, ist eine anspruchsvolle Auf­gabe. Hierzu ist eine Strate­gie, ein klug durch­dachter Stufen­plan nötig. Kurzfristige Impro­vi­sa­tio­nen wie die ´Lern­brück­en´ kön­nen keinen wesentlichen Beitrag zur Lösung liefern“, so der Lan­desvor­sitzende des Philolo­gen­ver­bands Baden-Würt­tem­berg (PhV BW), Ralf Scholl.

Aus der Pan­demiezeit müssten jet­zt die notwendi­gen Schlüsse gezo­gen wer­den: Dazu seien mit­tel- und langfristige Pläne zu entwick­eln und umzuset­zen, die dauer­haft für eine nach­haltige Verbesserung der Lern­qual­ität für die Schü­lerin­nen und Schüler sor­gen. Die Poli­tik­er beto­nen ja selb­st, dass Kinder und Jugendliche die größten Opfer in der Zeit des Lock­downs gebracht haben – deshalb muss jet­zt im Nach­tragshaushalt die Hil­fe und Unter­stützung für sie absoluten Vor­rang haben! „Den Worten müssen jet­zt Tat­en fol­gen, wenn die Poli­tik es ernst meint mit ihrer Für­sorge für die Kinder“, betont Ralf Scholl.

Zur Bewäl­ti­gung der coro­n­abe­d­ingten Lern­lück­en macht der PhV BW die fol­gen­den Vorschläge:

1. Päd­a­gogisch aus­ge­bildete, fach­lich kom­pe­tente Lehrkräfte machen den besten Unter­richt. Deswe­gen muss die laufende Ein­stel­lung aufge­stockt wer­den, damit die Lern­lück­en best­möglich aufgear­beit­et wer­den kön­nen. Nur wenn genü­gend hochqual­i­fizierte Lehrkräfte an den Schulen in Baden-Würt­tem­berg tätig sind, wird dies gelin­gen. Im Gym­nasial­bere­ich gibt es dieses Jahr dop­pelt so viele Bewer­berin­nen und Bewer­ber wie Stellen – Gestal­tungsspiel­räume sind also vorhan­den. Ger­ade nach der Coro­na-Krise muss die Lehrere­in­stel­lung endlich über den aktuellen Ersatzbe­darf hin­aus nach­haltig geplant wer­den, um den „Schweinezyk­lus“ in der Lehrere­in­stel­lung zu been­den.

2. Für die all­ge­mein­bilden­den Gym­nasien muss die Möglichkeit des Sofor­tum­stiegs auf G9 genutzt wer­den, um Lernzeit für die Schü­lerin­nen und Schüler zu gewin­nen. Die Regel­dauer des all­ge­mein­bilden­den Gym­na­si­ums sollte wie in prak­tisch allen anderen west­lichen Flächen­bun­deslän­dern wieder auf neun Jahre umgestellt wer­den – wenn nicht schon zum kom­menden Schul­jahr, dann spätestens zum darauf­fol­gen­den. Rei­fung und Per­sön­lichkeits­bil­dung benöti­gen Zeit – nach dem Coro­na-Lock­down noch mehr als vorher.

3. Es muss damit begonnen wer­den, die Klas­sen­größen schrit­tweise, Jahr für Jahr, abzusenken, um den Lehrkräften die Zeit zu geben, die sie brauchen, um die Schüler zu unter­stützen und zu fördern. Ger­ade in der Zeit des Wech­selun­ter­richts hat sich gezeigt, wie inten­siv und wirk­sam der Unter­richt in kleineren Grup­pen ist – dies haben Schüler, Eltern und Lehrkräfte ein­hel­lig bestätigt. Diese pos­i­tiv­en Erfahrun­gen müssen Ein­gang in die Schulen find­en, wenn die „best­mögliche Bil­dungsqual­ität“ nicht nur eine hohle Phrase bleiben soll – wie bish­er immer.

4. Die Schulleitun­gen haben in der Coro­na-Zeit organ­isatorisch fast Über­men­schlich­es geleis­tet; sie mussten häu­fig neue, meist kurzfristige Regelun­gen bin­nen max­i­mal drei Tagen umset­zen und waren zu ständi­gen Umpla­nun­gen gezwun­gen. Deshalb muss zwin­gend die sofor­tige Ent­las­tung der Schulleitun­gen (Schulleitung­spro­gramm 2. Tranche) erfol­gen, zumal das „Rückenwind“-Programm im kom­menden Herb­st auch wieder (zusät­zlich zu allen anderen Auf­gaben) von den Schulleitun­gen organ­isiert wer­den soll.

5. Um die durch die Iso­la­tion während Coro­na ver­loren gegan­gene Zeit für die Per­sön­lichkeits­bil­dung nachzu­holen und das soziale Ler­nen zu fördern, sollte in der Unter- und Mit­tel­stufe jew­eils eine Klassen­lehrerstunde in der Stun­dentafel ver­ankert wer­den. Dies würde es erlauben, flächen­deck­end Insti­tu­tio­nen wie “Klassen­rat” (siehe https://www.derk­lassen­rat.de/) oder „Lions-Quest“ und weit­ere Aktiv­itäten zur Bil­dung von sozialer Kom­pe­tenz verbindlich einzuführen. Dadurch wür­den auch die Grup­pen­dy­namik, die Ler­nat­mo­sphäre und das Demokratiel­er­nen gefördert. Auch eine Erhöhung der Stellen von Schulpsy­cholo­gen, Schul­sozialar­beit­ern und Beratungslehrkräften kön­nte zu diesem Ziel beitra­gen.

„Uns ist bewusst, dass diese Maß­nah­men nicht zum Null­tarif zu haben sind. Allerd­ings hal­ten wir die zügige Aufar­beitung der durch Coro­na ent­stande­nen Lern­de­fizite für eine zen­trale und wichtige Auf­gabe der Lan­despoli­tik, eben­so wie eine ins­ge­samt möglichst hochw­er­tige Bil­dungsqual­ität für alle Schü­lerin­nen und Schüler. Daher appel­lieren wir an die Lan­desregierung und die Land­tags­frak­tio­nen, diese vom Philolo­gen­ver­band vorgeschla­ge­nen Maß­nah­men beim ohne­hin geplanten Nach­tragshaushalt vor­rangig zu berück­sichti­gen“, so der PhV-Lan­desvor­sitzende Ralf Scholl abschließend.

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den knapp 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit über 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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