Pressemitteilung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zu Schulbudgets für Pandemie-Ausgaben und Corona-Tests für Lehrkräfte

12. November 2020

· Philolo­gen­ver­band begrüßt die Ein­rich­tung des 40-Mil­lio­nen-Euro-Bud­gets für schulis­che Pan­demie-Aus­gaben und die zusät­zlichen zwei kosten­losen Tests für das Per­son­al an Schulen und Kitas
· Forderung nach Ein­hal­tung des Abstands­ge­bots an Schulen, bis Raum­luftreiniger in Klassen­z­im­mern zur Ver­fü­gung ste­hen
· Zunehmende Hin­weise auf Coro­na-Aus­bre­itung an Schulen

Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg (PhV BW) zeigt sich erfreut, dass seine vie­len Gespräche mit den Poli­tik­ern und Ver­ant­wortlichen in der Kul­tusver­wal­tung jet­zt teil­weise Früchte tra­gen. „Wir weisen seit Monat­en darauf hin, dass die Schulen in der Pan­demie-Sit­u­a­tion drin­gend echte Unter­stützung und Hil­fe brauchen“, so der PhV-Lan­desvor­sitzende Ralf Scholl. „Die Ein­rich­tung des 40-Mil­lio­nen-Euro-Bud­gets für schulis­che Pan­demie-Aus­gaben und die zusät­zlichen zwei kosten­losen Tests für das Per­son­al an Schulen und Kitas sind zwei gute Schritte, aber ohne weit­ere, zusät­zliche Maß­nah­men wer­den wir das von der Poli­tik erk­lärte Ziel, die Schulen so lange wie möglich offen zu hal­ten, nicht erre­ichen kön­nen.“

Der PhV forderte schon vor Wochen, die kosten­losen Test­möglichkeit­en für Lehrkräfte und Erzieher angesichts der gesteigerten Inzi­denz­zahlen zu ver­längern, und begrüßt, dass diese sin­nvolle Maß­nahme jet­zt nach über vier Wochen regierungsin­tern­er Diskus­sio­nen zwis­chen Kul­tus- und Sozialmin­is­teri­um endlich weit­erge­führt wird.

Nur mit Lüften und Maskenpflicht im Unter­richt lässt sich an den Schulen die Ansteck­ungs­ge­fahr nicht ban­nen, die dadurch entste­ht, dass die wichtig­ste der RKI-Empfehlun­gen für weit­er­führende Schulen weit­er­hin nicht umge­set­zt wird: mit hal­ben Klassen auf Abstand zu gehen, sobald die Sieben-Tages-Inzi­denz 50 über­schre­it­et.

Gegen die Aus­bre­itung des Coro­na-Virus ist das Mantra der Kul­tus­min­is­ter „Schulen sind keine Treiber der Pan­demie“ exakt gle­ich wirk­sam wie Schilder vor den Schulen „Kein Zutritt für Coro­na-Viren.“
 
Die Sit­u­a­tion wird dadurch weit­er ver­schärft, dass einige Gesund­heit­sämter seit den Herb­st­fe­rien beim pos­i­tiv­en Test eines Schülers entwed­er nur noch dessen unmit­tel­bare Sitz­nach­barn oder gar keine Schüler mehr in die Kat­e­gorie 1 ein­stufen, die auf Ansteck­ung getestet wird und pro­phy­lak­tisch in Quar­an­täne muss. Der Unter­richt geht ein­fach weit­er – es tra­gen ja alle Masken.

„Wenn ohne Abstand in vollen Klassen unter­richtet wer­den soll, dann muss auf anderem Wege die Ansteck­ungs­ge­fahr ver­ringert wer­den, son­st steuern wir sehen­den Auges auf viele weit­ere Totalschließun­gen von Schulen zu. Und genau das muss unbe­d­ingt ver­mieden wer­den!“ erk­lärt der PhV-Lan­desvor­sitzende Ralf Scholl. „Bei einem Ein­satz von hochw­er­ti­gen Luftreinigern, die die Aerosolkonzen­tra­tion nachgewiesen­er­maßen bin­nen Minuten um 99,9% senken kön­nen, kann möglicher­weise auch ein Unter­richt in vollen Klassen ver­ant­wortet wer­den. So lange aber diese Geräte an den Schulen nicht vorhan­den sind, bleibt nur eines: Ein­hal­tung des Abstands­ge­bots zumin­d­est ab Klasse 7 durch halbe Klassen sowie Maskenpflicht an den Grund­schulen – genau so, wie es das RKI ab ein­er Inzi­denz von 50 emp­fiehlt.“

Das Abstandge­bot kann aber nur einge­hal­ten wer­den, wenn die Klassen geteilt wer­den. Der PhV BW schlägt hier­für fol­gen­des Mod­ell vor: Eine Hälfte der Klasse hat inten­siv­en Präsen­zun­ter­richt, während die andere Hälfte mit Übungs- und Ver­tiefungsauf­gaben, die sie in ihrem Präsen­zun­ter­richt bekom­men hat, zuhause arbeit­et. In der näch­sten Präsen­zphase wer­den diese Auf­gaben besprochen, und es geht inhaltlich weit­er.

Der Rhyth­mus des Grup­pen­wech­sels sollte dabei den einzel­nen Schulen über­lassen wer­den: Von einem täglichen Wech­sel (erste Woche: Mo — Mi — Fr, zweite Woche Di — Do, die andere Gruppe umgekehrt) über einen Wech­sel nach je zwei bzw. je drei Tagen bis zu einem wöchentlichen Wech­sel ist da in Absprache mit den Eltern­vertre­tun­gen alles denkbar.
Auf diese Weise ist keine Online-Betreu­ung nötig, die die Lehrkräfte ohne­hin nicht par­al­lel zum Präsen­zun­ter­richt leis­ten kön­nten, und dieses rol­lierende Sys­tem benachteiligt auch nicht die Kinder, die eine schlechte Inter­netverbindung oder kein Endgerät haben. Und ab Klasse 7 kann ein Jugendlich­er auch unbe­treut zu Hause sein.

Damit wäre zugle­ich auch die Schüler­be­förderung weniger kri­tisch, bei der sich die Schüler bish­er täglich zweimal in sehr vollen Bussen und Bah­nen ohne Abstand drän­gen.
Dieses Mod­ell wird auch von den Eltern- und Schülervertre­tun­gen favorisiert. „Es ist an der Zeit, dass unsere Kul­tus­min­is­terin auf diesen Zug auf­springt, bevor er für sie abge­fahren ist“, so Ralf Scholl.

Der PhV-Lan­desvor­sitzende erk­lärt: „Bei genauer Betra­ch­tung der Dat­en gibt es immer mehr Hin­weise darauf, dass sich Coro­na zunehmend auch an Schulen aus­bre­it­et.“

Die neuesten, nach Alters­grup­pen aufgeschlüs­sel­ten Inzi­denz­zahlen aus Berlin zeigen, dass die Covid-19-Inzi­denz in der Alters­gruppe der 15–19-Jährigen mit­tler­weile mit über 300 die höch­ste von allen Alters­grup­pen ist. Sie liegt noch um 50 höher als die Inzi­denz bei den 20–24-Jährigen, die in den Vor­wochen immer am höch­sten war. „Diese Entwick­lung ist ein gel­len­des Warnsignal bezüglich der Coro­na-Aus­bre­itung an den Schulen“, meint Ralf Scholl. „An den Hochschulen find­et ja kein Präsen­zun­ter­richt statt.“ Vgl.: https://www.berlin.de/corona/lagebericht/desktop/corona.html#altersgruppen
Das Kom­plett-Screen­ing aller Schüler der Ida-Ehre-Schule in Ham­burg auf­grund 22 pos­i­tiv getesteter Schüler erbrachte weit­ere 33 pos­i­tive Testergeb­nisse und führte in der Folge gestern zur kom­plet­ten Schulschließung. „Solche Warnsignale, dass sich das Coro­na-Virus über symp­tom­freie Träger längst an unseren Schulen aus­bre­it­et, darf man doch nicht ein­fach überse­hen oder leug­nen“, fordert der PhV-Lan­desvor­sitzende. Den­noch werde der Ein­satz von Raum­luftreinigern bish­er von der baden-würt­tem­ber­gis­chen Lan­desregierung als „nicht zielführend“ bzw. „zu teuer“ abgelehnt.

Die Bere­it­stel­lung eines Bud­gets für Coro­na-Maß­nah­men, über das die Schulen je nach örtlichem Bedarf ver­fü­gen kön­nen, bew­ertet der Ver­band der Gym­nasiallehrkräfte als einen ersten, richti­gen Schritt, der für eine wach­sende Ein­sicht der Kul­tusver­wal­tung in die Prob­leme der Schulen spreche. „Hier haben unsere Schilderun­gen offen­bar etwas bewegt“, erk­lärt Ralf Scholl, „und die Schulen kön­nen so hof­fentlich die aller­drin­gend­sten Anschaf­fun­gen täti­gen. Aber das reicht bei weit­em noch nicht.“

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit rund 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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