Zumeldung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zur Pressemitteilung 115/2020 des Kultusministeriums „Corona-Leistungsprämie für Schulleitungen“

19. November 2020

· Philologenverband begrüßt Leistungsprämie für Schulleiterinnen und Schulleiter als „symbolisches Zeichen der Anerkennung“
· Forderung nach zügiger und wirksamer Entlastung der Schulleitungen und Netzwerkberater

Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) begrüßt prinzipiell, dass die Kultusministerin nach einem halben Jahr des Corona-bedingten Einsatzes am und jenseits des Limits für die Schulleiterinnen und Schulleiter eine Leistungsprämie in Höhe von 600 Euro als „kleines Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung“ angekündigt hat.

„Die Schulleiterinnen und Schulleiter mussten als Verantwortliche die Corona-Schutzmaßnahmen trotz schwer veränderbarer örtlicher Gegebenheiten umsetzen und den Gesundheitsschutz aller Beteiligten gewährleisten. Die von der Kultusverwaltung bzw. Landesregierung vorgegebenen Regelungen wurden dabei meist so kurzfristig mitgeteilt, dass die Planungen an den Schulen mehrfach neu erstellt werden mussten“, erklärt der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl. „Der Einsatz der Schulleitungsteams war herausragend; insofern ist diese Leistungsprämie sicher mehr als verdient und berechtigt.“ Angesichts der enormen Belastung der gesamten Leitungsteams hinterlasse die Tatsache, dass ausschließlich die Schulleiterinnen und Schulleiter die Prämie erhalten, jedoch einen bitteren Beigeschmack, und es bestünde die Gefahr, dass damit Unfrieden gestiftet wird.

Ralf Scholl fragt:

„Wo bleiben vergleichbare Anerkennungen für die Stellvertretenden Schulleiter und die Abteilungsleiter?
Wo bleiben die Prämien für die Netzwerkberater, die seit Beginn der Corona-Pandemie durch massive, zusätzliche Arbeit das Fernlernen an den völlig unvorbereiteten Schulen technisch überhaupt erst möglich gemacht haben durch Inbetriebnahme und Konfiguration vieler zusätzlicher Hard- und Software?
Wo bleiben die Prämien für die herausragenden Lehrkräfte, denen es gelungen ist, aufgrund eigener Initiative, privater Investitionen in Hardware und massiver Mehrarbeit ihren Schülern einen guten und verlustarmen Umstieg auf ein digitales Lernen zu ebnen?“

Schon seit Monaten hat der Verband der Gymnasiallehrkräfte gegenüber dem Kultusministerium darauf hingewiesen, dass die Schulleitungen und die Lehrkräfte vielfach bis über die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit hinaus gehen. Insbesondere die Schulleiterinnen und Schulleiter hatten in den Oster-, Pfingst- und Sommerferien aufgrund der unsicheren Planungssituation in der Regel insgesamt maximal zwei Wochen Zeit für Regeneration oder Urlaub. Und die vom Institut für Präventivmedizin der Universität Rostock im Auftrag des Deutschen Philologenverbands durchgeführte Studie „Lehrerarbeit im Wandel“ ermittelte schon vor zwei Jahren eine durchschnittliche Arbeitszeit von 52 Stunden pro Arbeitswoche bei gymnasialen Direktoren. Jetzt unter Pandemiebedingungen liegt sie deutlich höher.

„Die in der Leistungsprämie zum Ausdruck kommende Wertschätzung der Arbeit der Schulleitungen ist zu begrüßen, aber sie kann allenfalls ein erster Schritt sein“, betont Ralf Scholl. Was wirklich notwendig ist, sind effektive zusätzliche Entlastungen für die Schulleitungen und vor allem auch die Netzwerkberater. Ohne solche zusätzlichen Entlastungen sei es angesichts der enormen Anforderungen und des Arbeitsumfangs kein Wunder, dass sich auf freie Schulleitungsstellen kaum Bewerberinnen und Bewerber melden.

„Die angekündigte Rücknahme der Kürzung des allgemeinen Entlastungskontingents ist für die Gymnasien eine notwendige und längst überfällige Maßnahme, die schon seit langem vom PhV gefordert wird und jetzt sofort umgesetzt werden muss, nicht erst in zwei Jahren!“ erklärt Ralf Scholl.

Für den Erhalt bzw. die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Schulleitungen und damit der Schulen im Interesse der Kinder und Jugendlichen fordert der Philologenverband Baden-Württemberg folgende Maßnahmen:
· Senkung der Unterrichtsverpflichtung des gesamten Schulleitungsteams, damit mehr Leitungszeit verfügbar ist
· Zusätzliche Abteilungsleiterstellen an den Gymnasien zur besseren Verteilung der Leitungsaufgaben auf mehr Köpfe
· Massiv höhere Anrechnungen für Netzwerkberater – zwei Stunden pro Woche für pädagogische Netzwerke, die mehrere Hundert Computer und Tablets umfassen sind ein schlechter Witz
· Sofortige Rücknahme der Kürzung des allgemeinen Entlastungskontingents
· Senkung der Unterrichtsverpflichtung der gymnasialen Lehrkräfte
· Voller Ausgleich bzw. Vergütung der massiven, geleisteten Mehrarbeit
· In der Pandemiezeit einheitliche Handlungsanweisungen von Gesundheitsämtern und Schulverwaltung aufgrund vorher bekanntgegebener Regeln in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen auf Kreisebene

Der PhV-Landesvorsitzende Ralf Scholl erklärt abschließend: „Symbolische Anerkennung und warme Worte allein reichen nicht! Wenn in der gegenwärtigen Corona-Situation – mit gutem Grund – für die Wirtschaft großzügige Hilfspakete aufgelegt werden, muss endlich auch Geld für die Schulen in Hand genommen werden, insbesondere für Raumluftreiniger! Was da bisher geschehen ist, ist einfach lachhaft. Wenn die Schulen offen bleiben sollen, müssen die Lehrkräfte und Schüler so gut wie möglich geschützt werden, sonst laufen wir in komplette Schulschließungen hinein. Das muss unbedingt vermieden werden, aber der Winter ist noch lang!“

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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit rund 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.

Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.

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