Philologenverband begrüßt Ausbau von Ganztagsschulen, lehnt aber Ganztagsschule als Regelschule ab
11. Januar 2006
11.1.2006 / 1811 — 01–06
Philologenverband begrüßt Ausbau von Ganztagsschulen, lehnt aber Ganztagsschule als Regelschule ab
„Der Philologenverband Baden-Württemberg, Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien, begrüßt die Aussage von Kultusminister Helmut Rau, dass die Zahl der Ganztagsschulen an sozialen Brennpunkten von 200 auf 400 verdoppelt wird, wobei aber der regionale Bedarf sich am jeweiligen Einzugsgebiet orientieren muss und verschieden sein kann“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg, Karl-Heinz Wurster, zu den gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gemachten Vorschlägen des Ministers. Nach wie vor hält der Philologenverband nichts von einer flächendeckenden Einführung, die jeden Schüler verpflichten würde, eine solche Schule zu besuchen. Denn: Viele Eltern sind auch heute immer noch der Auffassung, dass sie zu Haus den einzelnen Schüler – auch bei der Hausaufgabenbetreuung – besser fördern können als allgemeine Betreuungsangebote das in einer Schule vermögen.
Wurster: „Wir müssen zwar akzeptieren, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse verändert haben, doch muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass eine gut funktionierende Ganztagsschule zum einen ein äußerst kostenträchtiger Betrieb mit qualifiziertem Betreuungs- und zusätzlichem Lehrerbedarf ist und auf keinen Fall zum Nulltarif zu haben ist. Eine komplette Verschulung des Alltags halten wir für problematisch.“
Auf jeden Fall müssten nach Auffassung des PhV die schulischen Gremien an Beschlüssen zur Ganztagsschule beteiligt werden. Voraussetzung sei eine deutliche Mehrheit der Gesamtlehrerkonferenz und der Schulkonferenz.
Bei der Personalausstattung sind mindestens 5 Lehrerwochenstunden pro Ganztagsschulklasse anzusetzen, so die Forderung des PhV. Wurster: „Konkret bedeutet das: mindestens drei volle Lehrerstellen für ein Ganztagsgymnasium zusätzlich!“
Auch die Infrastruktur der Schule müsse dem Ganztagsbetrieb angepasst werden, und zwar durch Pausen‑, Ruhe‑, Stillarbeits‑, Computer- und Gruppenräume, gut ausgestattete Arbeitsplätze für Lehrer und Sporteinrichtungen. Fest steht für den Philologenverband: Ehrenamtliche sind kein Ersatz für den Einsatz qualifiziert ausgebildeter Pädagogen! Wurster abschließend: „Eine Ganztagsschule ist eben mehr als die Einrichtung einer Mensa.“