„Ganztagsschulen brauchen mehr Personal, mehr Stunden und gut ausgestattete Lehrerarbeitsräume und ‑plätze!“

27. April 2005

27.4.2005 / 1811 — 11–05

Philolo­gen­ver­band zur Regierungserk­lärung von MP Oet­tinger (Wort­laut der Erk­lärung auszugsweise hier im Anhang):

„Ganz­tagss­chulen brauchen mehr Per­son­al, mehr Stun­den und gut aus­ges­tat­tete Lehrerar­beit­sräume und ‑plätze!“

„Wir anerken­nen aus­drück­lich seine Würdi­gung der Arbeit von Lehrerin­nen und Lehrern und dass Baden-Würt­tem­bergs neuer Min­is­ter­präsi­dent Gün­ther Oet­tinger dem Bil­dungs­bere­ich in der Lan­despoli­tik einen her­aus­ra­gen­den Stel­len­wert ein­räu­men will. Doch darf sich Investi­tion in Bil­dung nicht nahezu auss­chließlich auf die Ein­rich­tung und Förderung von Ganz­tagss­chulen beschränken; der Fokus ist auch auf die existieren­den schulis­chen Ver­hält­nisse zu richt­en, auf immer noch fehlende Lehrerres­sourcen und auf die Arbeits­be­din­gun­gen an den Schulen, die den Maßstäben in der Indus­trie hin­ter­her­hinken. Der Bil­dungssek­tor muss im Land höch­ste Pri­or­ität und das Euro-Wen­den muss ein Ende haben“, so Karl-Heinz Wurster, Lan­desvor­sitzen­der des Philolo­gen­ver­ban­des BW, in ein­er Stel­lung­nahme zur Regierungserk­lärung des neuen Min­is­ter­präsi­den­ten. Wurster: „Wenn es über­all im Land Ganz­tagss­chulen geben soll, dann müssen Land und Kom­munen gewährleis­ten, dass für je zwei bis drei Lehrer geeignete Arbeit­sräume mit PCs, bestens aus­ges­tat­tete Arbeit­splätze und Präsenzbib­lio­theken zur Ver­fü­gung ste­hen. Wir ver­mis­sen in der Regierungserk­lärung des neuen Min­is­ter­präsi­den­ten eine klare Posi­tion zur Lehrerar­beit­szeit und zu den Auswirkun­gen eines Ganz­tagss­chul­be­triebs auf die Lehrerar­beit.“

Nach Auf­fas­sung des Philolo­gen­ver­ban­des ist eine Fünf-Tage-Woche mit 8‑stündiger Präsen­zpflicht für Lehrer an Gym­nasien unvorstell­bar. Denn: Die über viele Stun­den anhal­tende Anspan­nung an einem Unter­richt­stag sei mit der eines Flu­glot­sen zu ver­gle­ichen. Ohne die Gewährleis­tung von Zeit­fen­stern, ohne einen arbeitsmedi­zinisch vertret­baren Wech­sel zwis­chen Span­nung und Entspan­nung und ohne Rück­zugsmöglichkeit­en in störungs­freie Räume mit PC- und Lit­er­atur-Zugriff­s­möglichkeit ist für Lehrer, die eine äußerst anspruchsvolle und an den Ner­ven zehrende Arbeit mit jun­gen Men­schen verse­hen, ein konzen­tri­ertes Vor­bere­it­en der Unter­richtsstun­den und gründlich­es Kor­rigieren nicht leist­bar. Wurster gibt auch zu bedenken, dass ein Ganz­tages­be­trieb nicht von allen Eltern gewün­scht wird. Deshalb sollte eine Schule mit Ganz­tags­be­trieb von den schulis­chen Gremien befür­wortet wer­den. „Für einen Schüler muss noch Zeit bleiben für eigen­ständi­ges Arbeit­en und Erledi­gen der Hausauf­gaben sowie Engage­ment in Vere­inen, Jugend­grup­pen, Musikschulen etc.. An den Gym­nasien geht es nach Auf­fas­sung Wursters in erster Lin­ie darum, eine „sin­nvolle Über­brück­ung zwis­chen Vor- und Nach­mit­tag­sun­ter­richt“ zu gewährleis­ten, wobei ein beson­deres Augen­merk auf die 10- bis 13-jähri­gen Schüler gerichtet wer­den müsse, die noch die Für­sorge brauchen und stärk­er zu beauf­sichti­gen sind. Für die Betreu­ung an Schulen ältere Schüler, Stu­den­ten, Eltern und Lehrbeauf­tragte einzuset­zen, hält auch der Philolo­gen­ver­band für denkbar. Doch müsse hier­für zusät­zliche Organ­i­sa­tion­szeit ver­an­schlagt wer­den. Auf keinen Fall dürfe es aber zu ein­er Abgabe von Unter­richtsverpflich­tun­gen an außer­schulis­che Per­so­n­en kom­men. PhV-Chef Wurster: „Der Unter­richt muss unbe­d­ingt, und zwar ohne Ein­schränkung, in den Hän­den qual­i­fiziert für diese Auf­gabe aus­ge­bilde­ter Lehrer bleiben!

„Wir wer­den auf keinen Fall akzep­tieren, dass die beste­hende Uneinigkeit ein­er Finanzierung der Kosten zwis­chen Land und Kom­munen auf dem Rück­en der Lehrer aus­ge­tra­gen wird“, sagt Wurster und weist darauf hin, dass der Philolo­gen­ver­band eine klare Posi­tion zur Lehrerar­beit­szeit vom neuen Min­is­ter­präsi­den­ten in sein­er Regierungserk­lärung ver­misst hat, ger­ade auch im Hin­blick auf eine lan­desweite Instal­la­tion von Ganz­tagess­chulen.

„Grund­sät­zlich“, so Wurster, „ist eine Inte­gra­tion von Betreu­ungsar­beit­en durch außer­schulis­che Helfer sich­er sin­nvoll“, doch beste­he mit diesem Per­so­n­enkreis keine gesicherte Ver­lässlichkeit, da ehre­namtliche Helfer/innen nicht daran gehin­dert wer­den kön­nen, über­nomme­nen Auf­gaben jed­erzeit wieder aufzugeben; denn eine ver­tragliche Arbeit­splatzbindung beste­he für diesen Per­so­n­enkreis nicht, gibt Wurster zu bedenken. Der Philolo­gen­ver­band befürchtet hier ein Kom­men und Gehen und eine dadurch verur­sachte große Unruhe an den Schulen. Im Übri­gen müsse auch an die ver­sicherungsrechtliche Prob­lematik beim Ein­satz so genan­nter „Jugend­be­gleit­er“, zum Beispiel auf dem Gebi­et des Sports und bei Freizei­tange­boten in der Schule, gedacht wer­den. Manch­es werde zwar heute schon prak­tiziert, doch bestünde auf diesem Feld noch manche rechtliche Prob­lem­zone. Keine Ein­wände erhebt der Ver­band, wenn sich Eltern und engagierte Per­so­n­en ehre­namtlich mit Zus­tim­mung und in Absprache mit der Schulleitung und den Fach­lehrern an schulis­chen Pro­jek­tange­boten außer­halb des Pflich­tun­ter­richts und des von Fach­lehrern zu leis­ten­den AG-Ange­bots mit ins Schulleben ein­brin­gen wollen.

Als dur­chaus „inter­es­san­ten Aspekt“ beurteilt der Ver­band den Vorstoß des neuen Lan­deschefs, Mod­el­lver­suche zu instal­lieren mit dem Ziel, Schulleitun­gen und Lehrkräfte durch den Ein­satz von so genan­nten Schu­las­sis­ten­ten, der in vie­len Län­dern bere­its üblich ist, zu ent­las­ten. Allerd­ings bedürfe es der genauen Def­i­n­i­tion, was unter „Ver­wal­tungsauf­gaben“ tat­säch­lich ver­standen werde. Es müsse eine tat­säch­liche Ent­las­tung damit ver­bun­den sein.

Wurster abschließend: „Ins­ge­samt begrüßen wir die vom neuen Min­is­ter­präsi­den­ten zuge­sagte Dialog­bere­itschaft mit zu erwartender stärk­er­er Trans­parenz kün­ftiger Entschei­dun­gen und hof­fen, dass seine Aus­sage, Investi­tion in Bil­dung sei die beste Zukun­ftsin­vesti­tion, in sein­er Regierungsar­beit auch in die Prax­is umge­set­zt wird.“

Anhang: Auszug aus der Regierungserk­lärung

 

 

 

 

 

 

Im Sinne unserer Mitglieder verwendet diese Webseite bis auf einen technisch notwendigen Cookie keine Cookies. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen