Ganztagsschulen können Elternhaus nicht ersetzen
13. April 2005
13.4.2005 / 1811 – 09-05
Philologenverband Baden-Württemberg:
Ganztagsschulen können Elternhaus nicht ersetzen
Bei der Mittelvergabe zur Einrichtung von Ganztagsschulen nach dem „Windhundprinzip“ zu verfahren, ist nach Auffassung des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV) „der falsche Weg“ und wird den regional sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und Gegebenheiten – insbesondere an so genannten Brennpunkt-Standorten – nicht gerecht. Auch dürfe eine Verteilung der Mittel nicht zwingend an Fristen gebunden sein, da sonst überstürzt und in der Annahme, etwas zu verpassen, leichtfertig Entscheidungen getroffen würden, deren Tragweite nicht im Vorfeld gründlich genug durchdacht worden sei.
PhV-Landesvorsitzender Karl-Heinz Wurster: „Die Umstellung auf einen Ganztagesbetrieb muss wohlüberlegt sein, damit eine solche Einrichtung nicht aufgrund der später zu erwartenden Folgekosten und möglicherweise nicht aufbringbarer Fördermittel zu einem Schul-Wurmfortsatz mit lediglich Aufenthalts- und Betreuungsfunktion degeneriert.“ Zu überlegen sei auch, ob es nicht sinnvoller sei, besser Gelder in Personal und Ausstattung einer nicht auf Ganztagsbetrieb ausgerichteten Schule zu investieren und Betreuungsangebote Kosten sparend durch außerschulisches Personal zu organisieren.
Der Philologenverband vertritt die Auffassung, dass schulische Ganztagsangebote nach eingehender Prüfung der regionalen Verhältnisse sinnvoll und auch notwendig sind, diese aber das Elternhaus nicht ersetzen können. Wurster: „Erziehung ist in erster Linie Aufgabe des Elternhauses!“ Andererseits müssten Eltern die Möglichkeit haben, einen Beruf auszuüben. Allerdings sei deutlich zu differenzieren zwischen Ganztagsangeboten, die lediglich den Betreuungsfaktor favorisieren, und jenen durchaus sinnvollen Angeboten, die ganztägig – auch nachmittags – professionell strukturierte Bildungsarbeit leisten. Wurster: „Nur solchen Vorhaben stimmen wir zu und fordern eine Garantie durch Absprache mit den örtlichen kommunalen Vertretern über die Bezuschussung und Finanzierung der Folgejahre, die auch das Land mit in die Verantwortung und Pflicht nimmt.“
Eine Ganztagsschule, so Wurster, stellt nur dann einen Beitrag zur Sicherung der Unterrichtsqualität dar, wenn sie über reine Betreuungsangebote am Nachmittag hinausgeht, zusätzliche Förder- und Bildungsmöglichkeiten anbietet sowie pädagogisch-didaktische Konzepte und Qualitätsstandards festlegt. „Im Klartext bedeutet das“, so Wurster, „Schulen personell, räumlich und sachlich so auszustatten, dass sie bildungspolitisch sinnvollen Ansprüchen gerecht werden.“