Referendare mit Einstellungszusage dürfen in den Sommerferien nicht auf Hartz IV angewiesen sein
6. Juni 2012
06.06.2012 / 1811 — 12–12
Referendare mit Einstellungszusage dürfen in den Sommerferien nicht auf Hartz IV angewiesen sein:
Der Philologenverband fordert eine angemessene Lösung des Problems der sechswöchigen Arbeitslosigkeit angehender Lehrkräfte durch deren Einstellung zum 1. August
Schon seit Jahren fordert der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) eine auf 1. August vorgezogene Einstellung neuer Lehrkräfte. Auf Beschluss des Landtags vom 13. 10. 2011 hat sich nun die Landesregierung mit der “sechswöchigen Phase der Arbeitslosigkeit bei angehenden Lehrkräften” beschäftigt. Im Auftrag des Landtags sollte die Landesregierung eine angemessene Lösung dieses Problems erarbeiten. Das in der Landtagsdrucksache 15 / 1605 vom 24. 4. 2012 veröffentlichte Ergebnis empfindet der Philologenverband Baden-Württemberg als überaus enttäuschend. Der PhV BW äußert sich dabei insbesondere empört über die teilweise zynische Beschreibung der Situation der Berufsanfänger nach der abgeschlossenen Berufsausbildung.
Die “sorgfältig” mit ihren jeweiligen finanziellen Auswirkungen dargestellten Lösungsmöglichkeiten — von der Verlängerung des Vorbereitungsdienstes bis zur vorzeitigen Einstellung der neuen Lehrkräfte — scheitern nach dem Bericht der Landesregierung allein schon an formalen Bedingungen: Es besteht ‘kein Anspruch auf unmittelbare Übernahme als Lehrkraft’ und das Ausbildungsverhältnis muss ‘zu einem bestimmten Termin enden’. Dies sind allesamt Ausflüchte. “Einer Landesregierung ist es unbenommen, einen rechtlichen Rahmen entsprechend anzupassen, wenn denn der politische Wille besteht” stellt der PhV-Vorsitzende Bernd Saur fest.
Der Philologenverband kann desweiteren leider nicht nachvollziehen, welche Einstellungszahlen bei der Kostenschätzung der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zugrunde gelegt sind. Tatsache ist, dass sich die Kosten für eine vorgezogene Einstellung von 600 Lehramtsanwärtern an den Gymnasien zum 1. August auf ca. drei Millionen Euro belaufen würden, die die Referendare durch eine Zwangsabsenkung ihres Gehalts sowie durch eine Deputatserhöhung teilweise bereits selbst finanziert haben.
Aber das Kultusministerium sieht laut Bericht des Staatsministeriums die Notwendigkeit einer früheren Einstellung der Lehrkräfte ohnehin nicht als zwingend an. Die Lehramtsanwärter — so wird ausgeführt — seien so ausgezeichnet ausgebildet, dass sie auch ohne Vorbereitungstage am ersten Schultag mit einem guten Unterricht starten könnten. “Geht man im Ministerium allen Ernstes davon aus, dass jeglicher Unterricht — egal in welcher Klasse oder auf welcher Stufe — ohne jedwede Vorbereitung aus dem Stand geleistet werden kann, dass also eine ausgezeichnete Berufsausbildung grundsätzlich jedwede konkrete Unterrichtsvorbereitung ersetzen kann?” fragt verärgert der PhV-Vorsitzende Bernd Saur und macht aus seiner Verwunderung über diese ministerielle Sicht der Dinge keinen Hehl.
Als letzte Begründung für die enttäuschende und argumentativ nicht stimmige Position müssen schließlich auch noch die zahlreichen drängenden bildungspolitischen Notwendigkeiten herhalten. “Auch hier ist zu spüren, dass im Kultusministerium die Prioritäten so gesetzt werden, dass für Lösungsmöglichkeiten in anderen Schularten als der Gemeinschaftsschule kein Spielraum bleibt.” So bekräftigt Bernd Saur nochmals die Forderung des PhV BW, ausreichend neue Lehrkräfte und diese schon zum 1. August, dem offiziellen Datum für den Beginn des neuen Schuljahres, einzustellen.
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Bernd Saur