Hoher Prozentsatz an überforderten Kindern in den fünften und sechsten Klassen der Gymnasien
6. Oktober 2014
Hoher Prozentsatz an überforderten Kindern in den fünften und sechsten Klassen der Gymnasien
* Über fünf Prozent der zu Beginn des Schuljahres 2013/2014 in den fünften Klassen aufgenommenen Schülerinnen und Schüler kämpften mit Problemen – hochgerechnet rund 1.900 der 37.000 Kinder in den fünften Klassen an den Gymnasien waren überfordert bzw. taten sich schwer.
* Fast acht Prozent der zu Beginn des Schuljahres 2013/2014 in den sechsten Klassen angekommenen Schülerinnen und Schüler hatten Probleme und liefen Gefahr, das Klassenziel nicht zu erreichen – hochgerechnet sind dies rund 3.000 Kinder in den sechsten Klassen an den Gymnasien.
“Die grün-rote Schulpolitik nimmt massive Misserfolgserlebnisse und Frustration von Tausenden von Kindern billigend in Kauf. Für diese skandalöse Folge grün-roter Schulpolitik trägt die Landesregierung die alleinige Verantwortung.” Mit diesen Worten kommentiert Bernd Saur, Vorsitzender des PhV BW, die ermittelten Befunde.
Zu Beginn der Sommerferien meldete das Kultusministerium erneut einen dramatischen Anstieg der Nichtversetzungen zum Ende des Schuljahres 2013/2014 als Folge der Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung. Die Umfrage des Philologenverbandes bestätigt diese Tendenz mit 1,3 Prozent Wiederholern der fünften und 2,4 Prozent Wiederholern der sechsten Klassen an den Gymnasien.
Doch die Zahlen der Nichtversetzungen (und nur die erhob das Kultusministerium) spiegeln ja nur die halbe Wahrheit wider: Unsere Umfrageergebnisse zeigen, dass zusätzlich zu den Sitzenbleibern weitere 3,9 Prozent in Klasse 5 und sogar über 5,3 Prozent der Kinder in Klasse 6 entweder das Gymnasium im Laufe des Schuljahres 2013/2014 wieder verlassen mussten oder das Schuljahr mit einer Realschulempfehlung bzw. nur mit einer Probeversetzung beendeten. Die Ergebnisse sind in der Tabelle weiter unten zusammengefasst.
Die Ursache für diese Entwicklung liegt in der Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung begründet. Und mit dem Beginn der zweiten Fremdsprache in der sechsten Klasse wurde, wie zu erwarten war und worauf wir mehrfach hingewiesen haben, die Situation für die überforderten Kinder noch einmal schwieriger.
Der Philologenverband Baden-Württemberg fordert angesichts dieser Entwicklung einen massiven Ausbau der Möglichkeiten der individuellen Förderung an den Gymnasien, um den Kindern konkret helfen zu können.
Doch damit ist es nicht getan: Wenn Kultusminister Stoch nach Bekanntgabe der Nichtversetzten-Zahlen an die Eltern appelliert, sich doch an die Grundschulempfehlung zu halten, denn es sei leider so, “dass es Eltern gibt, die ihre Kinder aus falsch verstandenem Ehrgeiz an die falschen Schularten schicken” und die Empfehlungen würden “nicht ohne Grund so ausgesprochen”, so scheint er inzwischen nicht mehr unbedingt an die “Begabbarkeit” eines jeden Kindes zu glauben. Wäre es da nicht konsequent, er würde sich zum Schutz der betroffenen Kinder zu einem klaren Mehr an Verbindlichkeit bei der Grundschulempfehlung durchringen können?
Ein erster Schritt muss darin bestehen, dass die verordnete Geheimniskrämerei ein Ende hat, d.h. dass die Grundschulempfehlung bei der Anmeldung an der weiterführenden Schule vorgelegt werden muss, damit bei Nichtbeachtung der Empfehlung eine intensive Beratung der Eltern erfolgen und die Entwicklung eines verpflichtenden Förderplans für das Kind vorgenommen werden kann. “Regierung und Kultusminister haben sich in ein gewaltiges Dilemma hineinmanövriert. Sie sollten in Wahrnehmung ihrer Verantwortung erkennen, dass sich die Wirklichkeit nicht nach Belieben eigenen schulpolitischen Träumen und Visionen anpassen lässt”, so Bernd Saur abschließend.
Umfrage zur Zahl der überforderten bzw. gefährdeten Schülerinnen und Schüler |
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Rückmeldungen aus 158 öffentlichen allgemein bildenden Gymnasien in BW
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Schülerzahl zu Beginn 2013–14 | Gymnasium verlassen während des Schuljahres 2013–14 | Nicht versetzt Ende 2013–14 |
Auf Probe versetzt Ende 2013–14 |
Realschul- Empfehlung Ende 2013–14 |
Schülerinnen und Schüler mit Problemen Summe |
Klasse 5 | 302 | 218 | 2 | 345 | 867 |
16.587 | 1,82% | 1,31% | 0,01% | 2,08% | 5,23% |
Klasse 6 | 448 | 389 | 28 | 382 | 1.247 |
16.034 | 2,79% | 2,43% | 0,17% | 2,38% | 7,78% |
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt über 8.200 im Verband organisierte Lehrerinnen und Lehrer an den 446 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der rund 27.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Bernd Saur