Mehr Sportunterricht und Förderung koordinativer Fertigkeiten
16. August 2005
16.8.2005 / 1811 — 21–05
Philologenverband-Zumeldung zur Pressemitteilung des Kultusministeriums
Nr. 105/2005 vom 16. August 2005
Mehr Sportunterricht und Förderung koordinativer Fertigkeiten durch gut ausgebildete Sportlehrkräfte muss an den Schulen Vorrang haben
Der Philologenverband Baden-Württemberg, Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien (PhV BW), begrüßt grundsätzlich jede Initiative zur Förderung von Sport und Bewegung an den Schulen. Dazu gehöre auch, dass der Leistungssportgedanke an den Schulen von ausgebildeten Sportlehrkräften mit Verständnis und unterstützend begleitet werde. Allerdings müssten vorrangig vor der finanziellen Förderung von Leistungssportinitiativen an Schulen die zentralen Schulsport-Hausaufgaben erledigt werden. An allen Schulen und in allen Klassen müssten mindestens drei Sportstunden erteilt werden. Der Fokus müsse auf die zentralen Aufgaben des Schulsports unter guten Rahmenbedingungen gelegt werden. Wichtig seien die Förderung eines breit angelegten Bewegungsspektrums und eine gute Hallen‑, Sportstätten- und Geräteausstattung.
Immer mehr werde darüber geklagt, dass Schüler nicht mehr oder kaum noch Sport treiben. So würden auch Sportbünde mit Statistiken deutlich machen, dass gerade auch Jugendliche der Altersgruppe zwischen 16 und 18 Jahren nicht mehr regelmäßig in einer festen Übungsgruppe im Verein Sport treiben. „Wir brauchen mehr sportliche Anreize jeden Tag, auch um der zunehmenden Aggressionsbereitschaft an Schulen wirksam begegnen zu können und Ventile zum Abbau von Aggressionen zu schaffen, die koordinativen Fähigkeiten zu fördern und zu verbessern; das wirk sich auch auf Gesundheit, Sozialverhalten und die anderen Fächer positiv aus“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg, Karl-Heinz Wurster.
Nach Auffassung des Philologenverbandes müssen der ganz normale Sportunterricht und in die Breite zielende Sportförderung Vorrang vor sehr individuell ausgerichteten Spezialisierungen haben. Über ein regelmäßiges Sportangebot an den Schulen sollten alle Schüler zum regelmäßigen Sport – auch über das Schulsportangebot hinaus – animiert werden. Nach Auffassung des Verbandes sind Leistungssportler bereits motiviert und erhalten eine gezielte Ausbildung und Förderung in den sportartspezifischen Abteilungen der Vereine. Die Tatsache, dass jede vierte Sportstunde in Deutschland ausfalle und viele Sporthallen, Leichtathletik-Anlagen, Schwimmstätten und Sportgeräte – auch in Baden-Württemberg — sich in einem nicht zufrieden stellenden Zustand befinden, sei alarmierend.
Eine Kooperation mit Sportvereinen befürwortet der PhV, da im Zuge von G 8 den Schülern immer weniger Freizeit bleibt, damit also auch weniger Zeit, Vereinssport zu betreiben.
Kritisch hinterfragt wird vom Verband hingegen die vom Kultusministerium genannte Formulierung „Drop out“ von sportlichen Nachwuchstalenten soll verhindert werden. Was steckt dahinter, fragt der PhV, wenn plötzlich „Unterstützungssysteme für Leistungssportler“ geschaffen werden sollen? Um wen geht es: die Schüler, die Leistungssportler oder billige Sportlehrkräfte in der Zukunft? Es müsse gerade auch im Hinblick auf die neue Oberstufe und die theoretischen Anforderungen im Pflicht- wie im Neigungsfach auf eine fachwissenschaftliche und hoch qualifizierte Ausbildung Wert gelegt und Bewegungsangebote erweitert werden. „Die zukünftigen Lehrkräfte mit einer Trainerausbildung mögen für Eliteschulen des Sports geeignet sein, an die Schulen gehören nicht Spezialisten, sondern gut und in der Breite ausgebildete Sportlehrkräfte“, so Wurster abschließend.