Philologenverband wünscht designiertem Kultusminister Helmut Rau einen guten Start für erfolgreiche Schulpolitik in Baden-Württemberg
27. September 2005
27.9.2005 / 1811 – 27-05
Philologenverband wünscht designiertem Kultusminister Helmut Rau einen guten Start für erfolgreiche Schulpolitik in Baden-Württemberg
- PhV-Landesvorsitzender Karl-Heinz Wurster: „Wir wünschen uns einen konstruktiven Dialog mit dem designierten Kultusminister Helmut Rau“
- PhV richtet schulpolitischen Wunschkatalog an Baden-Württembergs neuen Kultusminister
Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW), Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien, gratuliert Helmut Rau zu seiner Berufung durch Ministerpräsident Günther Oettinger zum neuen Kultusminister des Landes Baden-Württemberg. „Der gesellschaftliche Wandel, aber auch die finanzpolitische Situation des Landes sowie der Städte und Kommunen sind ohne Reformen nicht zu bewältigen und stellen auch an die berufs- und bildungspolitischen Entscheidungsträger in den nächsten Jahren hohe Anforderungen, die sich nur zusammen mit allen an Schule Beteiligten bewältigen lassen; der Philologenverband steht für eine kritisch-konstruktive Zusammenarbeit zur Verfügung, Frau Schavan wünsche ich für ihren neuen Wirkungs- und Aufgabenbereich in Berlin viel Erfolg,“ so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Karl-Heinz Wurster zum Amtswechsel im Kultusministerium.
„Wir wissen“, stellt Wurster fest, „dass der von Amtsvorgängerin Annette Schavan eingeleitete Reformprozess noch lange nicht abgeschlossen ist und in einigen Bereichen noch Korrekturen und Anpassungen erforderlich sind.“ Noch ist beispielsweise ungeklärt, wie zwei Schülerjahrgänge, die im Jahr 2012 aufgrund der generellen Kürzung der gymnasialen Schulzeit am Gymnasium auf acht Jahre mit dem Abitur das Gymnasium verlassen, gleichzeitig mit der beruflichen Ausbildung bzw. mit ihrem Studium beginnen sollen. Durch die Schulzeitverkürzung und eine neue Sprachenfolge sind auch Anpassungen zwischen den Schularten noch erforderlich – auch im Hinblick auf die Abschlüsse und den Zeitpunkt der Vergleichsarbeiten.
Die Vielzahl finanzieller Kürzungsmaßnahmen, Verschlechterungen schulischer Rahmenbedingungen mit einer Zunahme physischer und psychischer Belastungen, Kürzungen von Leistungselementen und Leistungsanreizen, die in den letzten Jahren an den Schulen zu Motivationsverlusten und zur Beeinträchtigung der Bildungsarbeit geführt haben, müssen nach Auffassung des Philologenverbandes rückgängig gemacht werden. Sinnvolle Korrekturen am Reformprozess müssen noch möglich sein.
Der Landesvorsitzende des Philologenverbandes verbindet seine guten Wünsche an Helmut Rau mit der Hoffnung, dass ein teamorientiertes, offenes und konstruktives Gesprächsklima und Transparenz zwischen Schulverwaltung und allen am Schulleben Beteiligten gefördert wird.
Wurster stellt ferner heraus, dass der Philologenverband bereit ist, gute Lösungen für ein qualitäts- und zukunftsorientiertes Bildungssystem in Baden-Württemberg mitzutragen. Die Bewältigung der Probleme der Gegenwart und die Zukunftschancen einer Gesellschaft hängen nach Auffassung des PhV ganz entscheidend sowohl von der Bildungsqualität als auch von der Aus- und Weiterbildung ab. Wurster: „Gerade unter dieser Prämisse leisten unsere Lehrerinnen und Lehrer an den Gymnasien mit der Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung des Wohlstandes, zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft und zur Erhaltung und Förderung des Wirtschaftsstandortes Deutschland.“
Die gesellschaftlichen Umbrüche und Veränderungen erfordern es, dass junge Menschen auf eine anspruchsvollere Lebens- und Berufswelt optimal vorbereitet werden. Dafür wollen wir uns auch künftig einsetzen“, betont der PhV-Landesvorsitzende und lässt wissen: „Wir wünschen uns vom neuen Kultusminister, dass er sich schützend hinter seine Lehrerinnen und Lehrer stellt, eine Image-Aufwertung des Berufsbildes aktiv durch eine praxisorientierte Bildungspolitik unterstützt und alle Versuche verurteilt, die darauf abzielen, den pädagogischen Erfolg und das Engagement der Lehrerinnen und Lehrer an den Gymnasien zu verunglimpfen und dadurch diese Berufsgruppe gesellschaftlich auszugrenzen.“ Politik und Öffentlichkeit müssten dem Lehrerberuf wieder einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert zukommen lassen.
Folgenden Wunschkatalog richtet der PhV an Kultusminister Helmut Rau:
- dass ein begabungsgerechtes und gegliedertes Schulsystem und die Schulart Gymnasium mit differenzierter Förderung und anspruchsvoller Forderung erhalten bleibt;
- dass die Durchlässigkeit zwischen den Schularten garantiert und bewahrt bleibt;
- dass es weiterhin ein gymnasiales Lehramt mit universitäts-gebundenem Fachstudium gibt, denn die verschiedenen Schularten haben, jede für sich, ganz spezifische Anforderungen, die unterschied-liche Ausbildungsprofile verlangen.
- dass Tendenzen in Richtung Einheitslehrer eine Absage erteilt wird;
- dass qualitätsorientierter Fachunterricht weiterhin eine Kernaufgabe des Gymnasiums bleibt und einen unverzichtbaren Stellenwert in der gymnasialen Bildungsarbeit behält;
- dass die Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer und der Arbeits- und Gesundheitsschutz an den Schulen so geregelt werden, dass sie den starken Belastungen Rechnung tragen. Zur Herstellung einer größeren Arbeitszeitgerechtigkeit sind Entlastungsmaßnahmen dringend erforderlich. Vor allem ist eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung dringend geboten, um Belastungsstoßzeiten – zum Beispiel durch aufwendige Abitur-Korrekturen etc. – abzufedern;
- dass die Klassengrößen deutlich verringert werden;
- dass eine adäquate und bedarfsgerechte Ausstattung der Schulen gewährleistet wird, die Arbeitsplätze und Arbeitsräume einem eventuellen Ganztagsbetrieb angepasst werden und die Betreuungsaufgaben durch qualifiziertes, fest eingestelltes Personal gewährleistet wird;
- dass für Maßnahmen und Prozesse der Schulentwicklung ein gesonderter, klar definierter und zweckgebundener Stundenpool eingerichtet wird;
- dass weitere Lehrer-Einstellungen erfolgen – auch im Blick auf neue Aufgaben, die auf die Schulen in den nächsten Jahren zukommen; das bedeutet auch eine Erhöhung der Zahl an Krankheitsvertretungen;
- Ganztagsangebote an Gymnasien erst nach Zustimmung der zu beteiligenden Gremien – vor allem der Gesamtlehrerkonferenz (Glk) – eingerichtet und dann eine zusätzliche Zahl von Lehrerstellen garantiert werden;
- dass der Beamtenstatus und Beförderungsämter erhalten bleiben, denn nur der Beamtenstatus für Lehrer garantiert die Unterrichtskontinuität;
- dass Evaluationsprozesse, für die weitere Personalressourcen zu schaffen sind, nicht im Sinne eines Schulrankings erfolgen, sondern allein der Qualitätsverbesserung an den Schulen dienen, also dienende Funktion haben;
- dass die Kürzung der Anwärterbezüge wieder rückgängig gemacht wird und Absenkungsmaßnahmen jeglicher Art unterbleiben, damit der Lehrerbereich auch in Zukunft für hoch qualifizierte und motivierte Studienabgänger attraktiv ist.
PhV-Landesvorsitzender abschließend: „Qualitätssicherung im Bildungsbereich und ihre Sicherung können nur dann gelingen, wenn optimale Arbeits- und Berufsbedingungen als unabdingbare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer gewährleistet sind. Dem designierten neuen Kultusminister Helmut Rau (CDU) wünscht der Philologenverband eine erfolgreiche Amtszeit zum Wohle der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen des Landes. Reformen werden nur dann erfolgreich sein, wenn die Lehrerinnen und Lehrer an der Schulbasis vom Sinn gewollter Maßnahmen überzeugt werden können und von der Amtsspitze auch emotional mit ins Boot genommen werden.“