Lehrermangel – wehret den Anfängen, und zwar sofort
12. Oktober 2005
12.10.2005 / 1811 — 30–05
Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW):
„Lehrermangel – wehret den Anfängen, und zwar sofort!“
„Es ist nicht damit getan, einerseits hier und dort Unterrichtslöcher zu stopfen und andererseits hilflos und untätig zuzusehen, wie sich neue Lücken in der Unterrichtsversorgung auftun“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg, Karl-Heinz Wurster zu dem auch in Baden-Württemberg zunehmenden Lehrermangel und damit verbundenen Unterrichtsausfall, der sich nicht nur in der Landeshauptstadt Stuttgart immer deutlicher offenbart.
Es kristallisiere sich nach Auffassung des PhV inzwischen immer stärker heraus, dass der Lehrerberuf eine deutliche Aufwertung verdiene und Maßnahmen ergriffen werden müssten, um den immer stärker sich abzeichnenden Lehrermangel – auch in Baden-Württemberg — in den Griff zu bekommen.
„Jetzt rächt sich, dass auf die Lehrer jahrelang eingeprügelt wurde, ihnen Leistungsanreize nicht gewährt und Leistungskürzungen vorgenommen wurden, die dem Image bzw. der Attraktivität des Lehrerberufs geschadet haben“, so der PhV-Landesvorsitzende Karl-Heinz Wurster zu den jüngsten Berichten (z.B. in der Stuttgarter Zeitung über Unterrichtsausfälle vom 12.10.2005). Lehrern, die Krankheitsvertretungen übernehmen, müsse durch längerfristige Verträge und durch verbindliche Zusagen einer festen Übernahme ein besserer Anreiz geboten werden.
Wurster stellte heraus, es sei eine Tragik, dass gesellschaftliche Probleme stets auf die Schule und die Lehrer abgewälzt würden, Hilfen aber ausblieben. Auch immer mehr Nachwuchslehrkräfte würden nicht mehr in Vollzeit ihren Beruf ausüben. Dass derzeit kaum noch Vertretungslehrkräfte auf dem nahezu leergefegten freien Lehrerstellen-Markt zu finden seien, wertet der Philologenverband als Alarmzeichen. Dieser verheerenden Entwicklung müsse umgehend mit Image-fördernden Maßnahmen begegnet werden.
„Die gesellschaftlichen Umbrüche und Veränderungen erfordern es, dass junge Menschen auf eine anspruchsvollere Lebens- und Berufswelt optimal vorbereitet werden. Dafür wollen wir uns auch künftig einsetzen“, betont der PhV-Landesvorsitzende und lässt wissen: „Das können wir aber nur, wenn wir von einer praxisorientierten Bildungspolitik unterstützt werden.“
Politik und Gesellschaft müssten dem Lehrerberuf wieder einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert zukommen lassen. Als vordringliche Maßnahme gegen Lehrermangel fordert der PhV mittelfristig die Schaffung einer attraktiven Berufsperspektive, die den besonderen Belastungssituationen der Lehrerinnen und Lehrer gerecht wird, mit besserem Arbeitsschutz, besseren Arbeits- und schulischen Rahmenbedingungen.
Die Folgen von Versäumnissen in den letzten Jahren werden sich kurzfristig nur durch gezielte Notmaßnahmen abmildern lassen. Denkbar wären beispielsweise Modelle effektiver pädagogischer Nachqualifizierung von Seiteneinsteigern, die Anwerbung bzw. Rückholung von ehemals abgewiesenen Lehramtsanwärtern, attraktive Mehrarbeitsregelungen, ein Lehreraustausch Ost/West, Anreize für einen Studiengangwechsel (z.B. vom Diplom hin zum Lehramt), Teilzeitarbeit auf freiwilliger Basis und in absoluten Mangelfächern auch als Pensionär, zum Beispiel wie in Österreich – allerdings bei gleichzeitiger Aufbesserung der Pensionsbezüge. Auch der Deutsche Philologenverband (DPhV) hatte solche Maßnahmen vorgeschlagen.
Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, hat die Einrichtung einer bundesweiten, länderübergreifenden Lehrerbörse im Internet und einen besseren Abgleich der Einstellungstermine zwischen den Bundesländern gefordert. Dadurch könnten Lehrer aus den neuen Bundesländern, in denen aufgrund des Schülerrückgangs noch ein Überangebot herrscht, für Stellenangebote in den alten Ländern gewonnen werden.