Resolution zur Berufspolitik: Die Lehrkräfte müssen sofort entlastet werden!

19. Dezember 2019

 

Mehr Bil­dungsqual­ität geht nur mit gesun­den Lehrkräften und guten Arbeits­be­din­gun­gen

Medi­en­berichte zur hohen Teilzeitquote (⅔ aller Lehrerin­nen und Lehrern arbeit­en in Teilzeit) zeigen, dass die Arbeits­be­las­tung der Lehrkräfte rasch durch eine Verkleinerung der Klassen, eine Ver­ringerung der Unter­richtsverpflich­tung, eine Auf­s­tock­ung des Pools von Anrech­nungsstun­den für beson­dere Auf­gaben und weit­ere Maß­nah­men gesenkt wer­den muss.

Offen­sichtlich hat die steigende Het­ero­gen­ität der Schüler­schaft (durch die poli­tisch gewollte Freiga­be der Grund­schulempfehlung) und die Anhäu­fung immer neuer Auf­gaben für die Schulen (Indi­vid­u­al­isierung und Bin­nen­dif­feren­zierung, schulüber­greifende Koop­er­a­tio­nen, Beratung, Beruf­sori­en­tierung, Gefährdungs­beurteilun­gen, Präven­tion, Inklu­sion, Medi­en­bil­dung, Daten­schutz, Dig­i­tal­isierung, immer weit­er steigen­der Ver­wal­tungsaufwand …) dazu geführt, dass sich Lehrkräfte nur durch Teilzeitbeschäf­ti­gung und damit frei­willi­gen Lohn­verzicht in der Lage sehen, ihren Auf­gaben gerecht zu wer­den. Deshalb muss jet­zt schnell dafür gesorgt wer­den, dass Lehrkräfte — sowohl Beruf­san­fänger als auch Ältere — mehrheitlich wieder in der Lage sind, einen vollen Lehrauf­trag zu unter­richt­en.

Der PhV BW hat darum schon im Juli 2019 in ein­er Res­o­lu­tion ein Drei- Punk­te-Pro­gramm mit drin­gen­den Sofort­maß­nah­men vorgelegt:

1) Absenkung der Unter­richtsverpflich­tung an den Gym­nasien um zwei Stun­den von 25 auf 23 Wochen­stun­den
2) Absenkung des Klassen­teil­ers auf 28, in der gym­nasialen Ober­stufe auf 20 Schü­lerin­nen und Schüler pro Lern­gruppe
3) Erhöhung des Pools der Anrech­nungsstun­den für beson­dere Auf­gaben der Gym­nasien um min­destens 50 %

Darüber hin­aus müssen ins­beson­dere ältere Lehrkräfte durch eine Verbesserung der Alterser­mäßi­gung und die Ein­führung ein­er Alter­steilzeitregelung für alle Lehrkräfte ent­lastet wer­den, damit wieder der Großteil der Lehrkräfte bis zum Ruh­e­s­tand vollbeschäftigt arbeit­en kann. Bei Anrech­nungsstun­den und Alterser­mäßi­gung geht es um die Rück­nahme von Ver­schlechterun­gen, die in der Ver­gan­gen­heit als reine Spar­maß­nah­men einge­führt wur­den.

Auch die gym­nasialen Schulleitun­gen brauchen Ent­las­tung durch eine Auf­s­tock­ung der Leitungszeit. Beim aktuellen Paket zur Unter­stützung von Schulleitun­gen wer­den gym­nasiale Schulleitun­gen nicht berück­sichtigt.

Unnötige Belas­tun­gen wie z. B. ein vorschneller Wech­sel von Schw­er­punk­t­the­men im Abitur und übereilte Refor­men wie die über­stürzte Ein­führung des „Qual­ität­skonzepts“ müssen in Zukun­ft ver­mieden wer­den.

Die Lehrkräfte brauchen vor allem Kon­ti­nu­ität und eine bedachte Qual­ität­sen­twick­lung, um sich auf ihr Kerngeschäft, den Unter­richt, konzen­tri­eren zu kön­nen. Bun­deslän­der mit weniger aus­geprägter Reformwut, wie Bay­ern und Sach­sen, schnei­den bei Schulleis­tungsstu­di­en regelmäßig her­vor­ra­gend ab.

Teilzeitbeschäf­ti­gung muss bei der Verteilung teil­bar­er schulis­ch­er Auf­gaben berück­sichtigt wer­den. Die Def­i­n­i­tion von „teil­baren“ und „unteil­baren“ Auf­gaben muss klar sein: Alle Auf­gaben außer der eige­nen Unter­richtsverpflich­tung und der Teil­nahme an den Kon­feren­zen sind teil­bar. Teilzeitbeschäftigte dür­fen nur entsprechend ihres Beschäf­ti­gung­sum­fangs mit teil­baren Auf­gaben belastet wer­den.

Wenn Mehrar­beit unver­mei­d­bar ist, müssen Lehrkräfte dafür einen angemesse­nen finanziellen Aus­gle­ich erhal­ten.

Wenn ein Gym­na­si­um Ganz­tag­sun­ter­richt anbi­eten soll, müssen ihm auch aus­re­ichend Lehrerstun­den für die Bil­dung, Betreu­ung und Auf­sicht am Nach­mit­tag zugewiesen wer­den. Es darf nicht sein, dass Lehrkräfte das Ganz­tagsange­bot durch Mehrar­beit aus der eige­nen Tasche finanzieren.
Wenn ver­lässliche schulis­che Betreu­ung und Ganz­tag Ziele der Poli­tik sind und dadurch ver­mehrter Vertre­tungs­be­darf anfällt, muss Vertre­tungstätigkeit auch als Teil der Lehrerar­beit­szeit berück­sichtigt wer­den. Wie bei Ärzten müssen eventuelle Bere­itschafts­di­en­ste und Ruf­bere­itschaften bei der Arbeit­szeit berück­sichtigt wer­den. Die nachteilige Gegen­rech­nung als „Freizeitaus­gle­ich“ von aus­fal­l­en­den einzel­nen Unter­richtsstun­den mit­ten am Tag, die wed­er sin­nvoll für die Erledi­gung dien­stlich­er Geschäfte noch für pri­vate Zwecke genutzt wer­den kön­nen, muss ein Ende haben!
Eine rasche und pro­fes­sionelle Ausstat­tung der Lehrkräfte mit dien­stlichen dig­i­tal­en Endgeräten auf dem aktuellen Stand der Tech­nik (Note­books bzw. Tablets) und die Ein­rich­tung ein­er dig­i­tal­en Bil­dungsplat­tform für die Schulen sind notwendig! Ver­al­tete Ver­wal­tung­sprozesse behin­dern die Arbeit, hier kön­nte die Dig­i­tal­isierung den Lehrern Zeit sparen, z. B. bei Unter­richtsvor­bere­itung, Klassen­lehrergeschäften, Koop­er­a­tion und Kom­mu­nika­tion, Schüler­ak­ten, Noten­ver­wal­tung, Zeug­nis­er­stel­lung usw.

Wenn Öffentlichkeit und Bil­dungs­plan dig­i­tale Medi­en­bil­dung fordern, müssen die Lehrkräfte auch angemessen aus­ges­tat­tet wer­den. Da der „Dig­i­tal­pakt“ Land und Kom­munen nur Gelder für die schul­ge­bun­dene dig­i­tale Infra­struk­tur zur Ver­fü­gung stellt, müssen das Land und die Schul­träger par­al­lel dazu für die Ausstat­tung der Lehrerschaft mit dien­stlichen dig­i­tal­en Endgeräten sor­gen. Die Ver­wal­tung schüler­be­zo­gen­er Dat­en auf pri­vat­en Lehrercom­put­ern ist laut gel­tener Daten­schutzge­set­ze schlicht unzuläs­sig.

Genau­so wie jede Fir­ma oder die Schul­ver­wal­tung in Regierung­sprä­sid­i­um und Kul­tus­min­is­teri­um braucht jede Schule aus­re­ichend Fach­per­son­al für die Wartung der IT-Infra­struk­tur und ‑Geräte.

Die für diese Ent­las­tungs­maß­nah­men erforder­lichen zusät­zlichen Lehrerstellen müssen in einem Nach­tragshaushalt zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Dies würde den Bedarf an Neue­in­stel­lun­gen erhöhen, was im gym­nasialen Bere­ich aber unprob­lema­tisch ist, da dort in allen sprach­lichen, geistes- und gesellschaftswis­senschaftlichen Fäch­ern aus­re­ichend viele, gut aus­ge­bildete Beruf­se­in­steiger zur Ver­fü­gung ste­hen.

Angesichts der katas­trophalen Ein­stel­lungssi­t­u­a­tion in den sprach­lichen, geistes- und gesellschaftswis­senschaftlichen Fäch­ern ist eine Verbesserung der Ein­stel­lungsmöglichkeit­en an den all­ge­mein­bilden­den Gym­nasien ohne­hin drin­gend notwendig, um eine nach­haltige Lehrere­in­stel­lung zu sich­ern. Wenn Baden-Würt­tem­berg den Schweinezyk­lus mit peri­odisch abwech­sel­n­dem Lehrerman­gel und Lehrerüber­schuss über­winden will, muss jet­zt antizyk­lisch über den Bedarf hin­aus eingestellt wer­den, um die stetige Gewin­nung von qual­i­fiziertem Lehrernach­wuchs zu sich­ern. Die Besten eines Jahrgangs müssen in allen Fäch­ern für den Schul­dienst in Baden- Würt­tem­berg gewon­nen wer­den, wenn die Qual­ität der Schul­bil­dung nicht nur bewahrt, son­dern gesteigert wer­den soll.

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