Pressemitteilung der Jungen Philologen (JuPhi) im Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) anlässlich der Informationen des Kultusministeriums zur Weihnachtsferien-Regelung
2. Dezember 2020
- Junge Philologen empfinden den Umgang mit Lehrkräften als „Schlag ins Gesicht“
- JuPhi-Vorsitzende Martina Scherer: „Unverständnis wird nur noch durch Frustration übertroffen“
- Kritik an mangelnder Wertschätzung und Fürsorge für junge Lehrkräfte und deren Familien
Angesichts des mangelnden Gesundheitsschutzes an Schulen und der enormen Belastungen, denen die Lehrkräfte ausgesetzt sind, zeigt sich die Landesvorsitzende der Jungen Philologen, Martina Scherer, sprachlos. Neuester Höhepunkt im negativen Sinn. Das Tauziehen zwischen Ministerpräsident und Kultusministerin in der Frage um einen vorgezogenen Beginn der Weihnachtsferien. „Was soll denn das? Vorgezogener Ferienbeginn – erst ja und dann doch nicht! Fernunterricht, ja, aber bitte nur für die Klassen 8–10 am Gymnasium, und dann auch nur, wenn es die Schule vor Ort so entscheidet!“, so die JuPhi-Landesvorsitzende. Hingegen sollten die Klassen 1–7 und alle Abschlussklassen laut der neuesten Verlautbarung auf jeden Fall im Präsenzunterricht bleiben. „Eine klare Linie ist leider nicht erkennbar. Es bleibt abzuwarten, wie sich das in der Praxis umsetzen lässt“, so Martina Scherer.
„Auffällig ist, dass die Diskussionen in den Kollegien immer emotionaler geführt werden, da einerseits eine wirksame Unterstützung seitens des Kultusministeriums fehlt – der schwarze Peter wird immer eine Ebene nach unten durchgereicht. Andererseits wird der Frust und das Unverständnis oft auf den Schultern der Kolleginnen und Kollegen abgeladen“, meint Martina Scherer.
Bei vielen jungen Lehrkräften, die konsequent versuchen, ihre eigenen Familien zu schützen und diese daher teilweise seit Monaten nicht mehr besucht haben, besteht großes Unverständnis über die Entscheidung der Landesregierung. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen sind besorgt und verunsichert und werden nun ihre Eltern und Großeltern an den Feiertagen nicht besuchen, um deren Leben nicht aufs Spiel zu setzen!
„Die Kontaktbeschränkungen sind auf fünf Personen herabgesetzt worden, aber an den Schulen trifft man weiterhin täglich in einer Klasse etwa 30 Haushalte – und eine Nebenfachlehrkraft bringt es an einem Tag mit sieben unterschiedlichen Klassenstufen auf rund 200 Haushalte. Wie passt denn das zusammen“, fragt die JuPhi-Landesvorsitzende.
Die Jungen Philologen fordern weiterhin einen Übergang in ein Wechselsystem aus Präsenz- und Fernunterricht bei entsprechenden Infektionszahlen. „Der Beschluss der Bund-Länder-Runde von vergangener Woche sieht in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 Fällen pro 100.000 Einwohner weitergehende schulspezifische Maßnahmen für die Unterrichtsgestaltung wie z.B. Hybrid- oder Wechselunterricht vor“, erklärt Martina Scherer. „Aber es fehlt der Mut oder der Wille, dies im Land umzusetzen und die damit verbundenen Konsequenzen zu tragen.“
„An dieser Stelle sei auch noch kurz der Fernunterricht erwähnt, den die Kolleginnen und Kollegen vor Ort mit sehr viel zusätzlichem Zeitaufwand für die Schülerinnen und Schüler, die zu Hause sind, auf die Beine gestellt haben; dafür gab es warme Worte, aber ansonsten bislang nichts: keine Bugwelle, keine Verrechnungsstunden und keine digitale Ausstattung“, kritisiert die JuPhi-Landesvorsitzende. Die zugesagten Fernunterrichts-Geräte sollen eventuell als Ostergaben kommen – auch das wäre nach Ansicht der Jungen Philologen eigentlich zu spät. „Das Unverständnis wird nur noch durch Frustration übertroffen“, so Martina Scherer abschließend.
Die Jungen Philologen (kurz JuPhi) bleiben weiterhin bei ihren Forderungen:
• Deutlich verkleinerte Lerngruppen mit Abstandsgebot
• Wechselmodell aus Präsenz- und Fernunterricht ohne zusätzliche Belastung für die Lehrkräfte
• Schnelltests vor Ort an den Schulen für alle Lehrkräfte, die bis zum 22.12.2020 unterrichten müssen
• CO2-Ampeln, um die Aerosol-Belastung besser einschätzen zu können
• Konsequente Einhaltung der A‑H-A Regeln auch an den Schulen
Martina Scherer
Landesvorsitzende der Jungen Philologen
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit rund 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.