Pressemitteilung des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV BW) zum geplanten MINT-Exzellenzgymnasium (Internat) in Bad Saulgau

11. März 2019

 

Stuttgart, 11. März 2019
Az. 1811 / 2019-06

Der Philolo­gen­ver­band begrüßt die geplante Ein­rich­tung des MINT-Exzel­len­z­gym­na­si­ums in Bad Saul­gau als her­vor­ra­gende und zielführende Maß­nahme zur Spitzen­förderung in diesem Bere­ich. Der PhV BW fordert aber zusät­zliche, sys­tem­a­tis­che Über­legun­gen, deren Ziel eine Förderung möglichst viel­er begabter Schü­lerin­nen und Schüler ist. Das muss Baden-Würt­tem­berg in Angriff nehmen, um nicht nur die Höhe, son­dern auch die Bre­ite der Spitzen­leis­tun­gen zu erhöhen.

Außer­dem kri­tisiert der PhV-Vor­sitzende Ralf Scholl: „Der geplante Klassen­teil­er von 16 am Exzel­len­z­gym­na­si­um zeigt, dass die Poli­tik genau ver­standen hat, welchen Qual­itäts­gewinn kleinere Grup­pen­größen erzeu­gen. Dass der Klassen­teil­er im reichen Baden-Würt­tem­berg bei den meis­ten Schu­larten der Sekun­darstufe I nach wie vor bei 30 liegt, ist eine Schande. Der Klassen­teil­er sollte langfristig gesenkt und als erster Schritt in allen Schu­larten schnell­stens auf 28 gesenkt wer­den — so, wie an Gemein­schaftss­chulen und Grund­schulen längst üblich.” Der PhV fordert darüber hin­aus als langfristiges Ziel die Absenkung des Klassen­teil­ers auf 22 an den all­ge­mein­bilden­den Gym­nasien. „Nur so kann im Übri­gen eine nach­haltige Ein­stel­lungspoli­tik an den all­ge­mein­bilden­den Gym­nasien sichergestellt wer­den“, stellt Scholl fest.

„Die Ein­rich­tung eines Exzel­len­z­gym­na­si­ums im MINT-Bere­ich als „Leucht­turm zur Spitzen­förderung” ist ein kon­se­quenter Schritt im Inter­esse des Lan­des. Ein Besuch dieses Inter­nats wird MINT-inter­essierten Top-Schü­lerin­nen und ‑Schülern (SuS) eine ver­tiefte und sehr bre­ite Vor­bere­itung auf ein ein­schlägiges Studi­um bieten. Wie die Erfahrun­gen am Lan­des­gym­na­si­um für Hochbe­gabte zeigen, wird der enge Kon­takt ähn­lich inter­essiert­er SuS im Inter­nat auch ein zusät­zlich­er, großer Ans­porn für die Moti­va­tion aller Beteiligten sein”, so der PhV-Vor­sitzende Ralf Scholl.

Par­al­lel zu dieser notwendi­gen Spitzen­förderung fordert der PhV BW aber auch sys­tem­a­tis­che Über­legun­gen und Maß­nah­men, um eine Leis­tungs­förderung aller guten und sehr guten Schü­lerin­nen und Schüler auf bre­it­er Basis zu gewährleis­ten. So ist es nach wie vor kom­plett unver­ständlich, dass in der im Sep­tem­ber 2019 begin­nen­den neuen Ober­stufe an den all­ge­mein­bilden­den Gym­nasien, für die neuen fün­f­stündi­gen Leis­tungs­fäch­er die Bil­dungspläne der bish­eri­gen vier­stündi­gen Kurse weit­er­hin prak­tisch unverän­dert Gültigkeit haben sollen. Die Verän­derung von fünf vier­stündi­gen Kursen (darunter Math­e­matik und Deutsch verpflich­t­end für alle Schüler) zu drei fün­f­stündi­gen Kursen, die nur von den fürs jew­eilige Fach inter­essierten Schü­lerin­nen und Schülern gewählt wer­den, ist ohne eine Änderung der Bil­dungspläne eine qual­itätssenk­ende Maß­nahme. „Wir sind es leid, dass das Kul­tus­min­is­teri­um ständig von „Qual­ität” redet, die ergrif­f­e­nen Maß­nah­men aber gar keine Qual­ität­ser­höhung ermöglichen”, so der PhV-Vor­sitzende.

„Der geplante Klassen­teil­er von 16 am neuen Exzel­len­z­gym­na­si­um ist eine zielführende Maß­nahme zur Inten­sivierung des Unter­richts”, erk­lärt der PhV-Vor­sitzende weit­er. „Jed­er Lehrer weiß, dass Klas­sen­größen von 16 bis 20 sowohl für die interne Grup­pen­dy­namik wie für die Betreu­ung opti­mal sind. Wir wür­den uns wün­schen, dass die Poli­tik diese Erken­nt­nis nicht nur im Rah­men der Spitzen­förderung berück­sichtigt, son­dern möglichst flächen­deck­end. Diese Erfahrun­gen der Lehrkräfte bezüglich der Grup­pen­größe wer­den zudem auch von ein­er bil­dungsökonomis­chen Studie aus dem Jahr 2018 bestätigt.” (2)

Aus diesem Grund wäre auch die aus­re­ichende per­son­elle Ausstat­tung der neuen Ober­stufe Grund­vo­raus­set­zung für die erhoffte Qual­ität­ser­höhung in der Kursstufe. Die vom Kul­tus­min­is­teri­um vorge­se­henen lan­desweit 65 zusät­zlichen Stellen (ca. fünf Stun­den pro Gym­na­si­um) reichen aber lei­der nur zur Hälfte, um das Fächerange­bot in den gym­nasialen Kursstufen über­haupt im bish­eri­gen Umfang ohne Ein­führung von Notlö­sun­gen oder Grup­pen­ver­größerun­gen aufrecht erhal­ten zu kön­nen.

„Natür­lich ist eine Verkleinerung von Klassen und Kursen teuer, aber jed­er sin­nvoll in die Bil­dung investierte Euro, zahlt sich durch erhöht­en Bil­dungser­folg aus, und damit langfristig auch ökonomisch fürs Land”, erk­lärt der PhV-Vor­sitzende.

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(1) MINT = Math­e­matik, Infor­matik, Natur­wis­senschaften, Tech­nik

(2) https://www.diw.de/de/diw_01.c.584970.de/themen_nachrichten/kleinere_klassen_koennen_zu_besseren_leistungen_in_den_faechern_deutsch_und_mathematik_fuehren.html

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit rund 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich ver­fügt der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en über die Mehrheit, stellt die jew­eili­gen Vor­sitzen­den und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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