Pressemitteilung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zum Doppelhaushalt 2020/2021 und zur Umfrage zur neuen Kursstufe

26. November 2019

 

Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg (PhV BW) kri­tisiert, dass im Dop­pel­haushalt 2020/2021 für die Gym­nasien prak­tisch keine zusät­zlichen Stellen vorge­se­hen sind. „Wir fordern die Lan­desregierung und die Land­tags­frak­tio­nen drin­gend auf, bei der Unter­richtsver­sorgung an den Gym­nasien nachzus­teuern“, so der PhV-Vor­sitzende Ralf Scholl.

Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg befürchtet, dass sich die bere­its vorhan­dene Lücke bei der Lehrerver­sorgung an den Gym­nasien im Jahr 2020 weit­er ver­größern wird – in den ersten fünf Wochen des laufend­en Schul­jahres kon­nten laut ein­er Erhe­bung der Arbeits­ge­mein­schaft der Eltern­vertre­tun­gen an den Gym­nasien im Regierungs­bezirk Stuttgart fast 11 % des vorge­se­henen Unter­richts nicht wie geplant stat­tfind­en.

Eine Umfrage des Philolo­gen­ver­bands, an der sich 67 der rund 330 G8-Gym-nasien im Land beteiligt hat­ten, ergab, dass das Kul­tus­min­is­teri­um den durch die Ein­führung der neuen Ober­stufe bed­ingten zusät­zlichen Lehrerbe­darf anscheinend mas­siv unter­schätzt hat: Laut der PhV-Befra­gung beläuft sich der tat­säch­liche Mehrbe­darf an den Schulen für die neu organ­isierte Kursstufe 1 (K1) der G8-Gym­nasien auf knapp 250 Stellen, während das Min­is­teri­um als Ergeb­nis der verän­derten „Ober­stufen­formel“ lediglich ca. 130 zusät­zlich benötigte Stellen ermit­telt hat­te. Im Staat­shaushalt­s­plan 2019 wur­den aber tat­säch­lich nur 65 zusät­zliche Stellen geschaf­fen.

Der Mehrbe­darf entste­ht durch die Ein­führung der neu struk­turi­erten Ober­stufe zum Schul­jahr 2019/2020. Sie bein­hal­tet u.a. eine Erhöhung der Wochen­stun­den in den Leis­tungs­fäch­ern von vier auf fünf und in den natur­wis­senschaftlichen Bas­is­fäch­ern von zwei auf drei Stun­den. Zudem kann eine „ungün­stige“ Kur­swahl der Schüler zur Notwendigkeit von mehr Kursen führen: Kon­nte beispiel­sweise eine Schule mit 69 Schülern bis zum let­zten Schul­jahr in den Pflicht­fäch­ern Deutsch und Math­e­matik jew­eils drei vier­stündi­ge Kurse mit 23 Schülern bilden, wofür ins­ge­samt 24 Lehrer-Wochen­stun­den benötigt wur­den, entste­hen jet­zt auf­grund der Schüler-Wahl — laut PhV-Umfrage wählen lan­desweit ca. 44 % der Schüler Deutsch und ca. 55 % Math­e­matik als Leis­tungs­fach — fast zwangsläu­fig jew­eils zwei Leis­tungs­fach- und zwei Bas­is­fach-Kurse mit einem Stun­de­naufwand von ins­ge­samt 32 Lehrerwochen­stun­den.

„Dass die (im Durch­schnitt pro Gym­na­si­um) zugewiese­nen fünf zusät­zlichen Lehrerwochen­stun­den für den erhöht­en Bedarf viel zu wenig sein wür­den, war unter diesen Umstän­den von vorn­here­in abse­hbar“, kom­men­tiert Ralf Scholl. Der Rest sollte aus der „demografis­chen Ren­dite“ auf­grund zurück­ge­hen­der Schülerzahlen und aus dem soge­nan­nten „Ergänzungs­bere­ich“ der Gym­nasien – d.h. durch die Stre­ichung von Arbeits­ge­mein­schaften in Bere­ichen wie Kul­tur, Sport, Sprachen und Natur­wis­senschaften – erwirtschaftet wer­den.

Im Schul­jahr 2020/2021 wird mit der Umstel­lung auch des zweit­en Kursstufen-Jahrgangs auf die neue Organ­i­sa­tion mit Leis­tungs- und Bas­is­fäch­ern noch ein­mal ein ähn­lich hoher Stun­den-Mehrbe­darf von 200 bis 250 Stun­den entste­hen. „Dieser Mehrbe­darf ist im Staat­shaushalt­s­plan-Entwurf 2020/2021 mit exakt null Stun­den hin­ter­legt“, moniert Ralf Scholl. „Dass eine Lan­desregierung eine Ver­schlechterung der Unter­richtsver­sorgung ab Sep­tem­ber 2020 um ein volles Prozent in Kauf nimmt, obwohl im Gym­nasial­bere­ich in fast allen Fäch­ern genü­gend Neube­wer­ber zur Ver­fü­gung ste­hen, um die zusät­zlichen 200 bis 250 notwendi­gen Lehrerstellen auch zu beset­zen, ist für mich völ­lig unver­ständlich.“ Die Lan­despoli­tik sei drin­gend aufge­fordert, Nachbesserun­gen am vor­liegen­den Haushalt­s­pla­nen­twurf vorzunehmen. „Anson­sten ist abse­hbar, dass sich die Unter­richtssi­t­u­a­tion an den Gym­nasien deut­lich ver­schlechtern wird“, so der PhV-Vor­sitzende abschließend.

Die Ergeb­nisse der PhV-Umfrage an den Gym­nasien des Lan­des find­en Sie in der beiliegen­den Tabelle mit drei Blät­tern.

Inter­es­sante Einzel­ergeb­nisse sind:
• Deutsch als Leis­tungs­fach wählen ca. 44 % der Schü­lerin­nen und Schüler (SuS).
• Math­e­matik als Leis­tungs­fach wählen ca. 55 % der SuS.
• Englisch wird als Leis­tungs­fach von 52 % der SuS gewählt.
• Auf dem zweit­en Rang der Fremd­sprachen-Leis­tungs­fäch­er fol­gt Franzö­sisch mit 7 % vor Spanisch mit 5 %, Latein mit 3 % und Ital­ienisch mit 1 %. Rus­sisch und Chi­ne­sisch wur­den von weniger als 1 % gewählt.
• Bei den Natur­wis­senschaften liegt Biolo­gie mit 28 % bei der Leis­tungs­fach-Wahl auf dem ersten Rang in der Beliebtheit, gefol­gt von Physik mit 16 %, Chemie mit 12 % und Infor­matik sowie NwT mit je 1 %.
• Bei den Gesellschaftswis­senschaften liegt das Leis­tungs­fach Wirtschaft mit 18 % vor Geo­gra­phie und Gemein­schaft­skunde mit je 8 % sowie Geschichte mit 7 %. Weit abgeschla­gen fol­gen Reli­gion mit 2 % und Ethik mit 1 %.
• Sport wurde von 18 % der SuS als Leis­tungs­fach belegt, Bildende Kun­st von 11 % und Musik als Leis­tungs­fach wurde von 5 % der SuS gewählt.
• Die Größe der Leis­tungskurse vari­iert extrem von 30 SuS in einem Chemie-Kurs bis zu extrem kleinen Kursen mit fünf SuS in diversen Sprachen.
• Die größten Basiskurse haben 34 Teil­nehmer.
• Im Durch­schnitt benötigte jede Schule ca. 9 Lehrerstun­den mehr für ihr Ange­bot, als vom Kul­tus­min­is­teri­um per „Ober­stufen­formel“ vorgegeben.

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit rund 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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