Pressemitteilung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zur Maskenpflicht an Schulen

13. Oktober 2021

* Philolo­gen­ver­band sieht geplante Aufhe­bung der Maskenpflicht an Schulen zum jet­zi­gen Zeit­punkt kri­tisch
* PhV-Lan­desvor­sitzen­der Ralf Scholl fordert Beibehal­tung der gel­tenden Masken­regelung min­destens bis zu den Herb­st­fe­rien
* „Notwendi­ge Maß­nahme, damit die Schulen sich­er in Präsenz bleiben kön­nen und Schüler und Lehrkräfte best­möglich geschützt sind“

Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg (PhV BW) ste­ht der von der Lan­desregierung geplanten Lockerung der Maskenpflicht an Schulen ab dem 18. Okto­ber 2021 sehr skep­tisch gegenüber. „Ich halte einen solchen Schritt zum jet­zi­gen Zeit­punkt für ver­früht“, erk­lärt der PhV-Lan­desvor­sitzende Ralf Scholl. Die Erfahrun­gen aus Thürin­gen, wo vor drei Wochen die Maskenpflicht in Schulen aufge­hoben wurde und jet­zt die Inzi­denz bei den 5–14-Jährigen explodiert (Spitzen­re­it­er ist dort der Unstrut-Hainich-Kreis mit ein­er Inzi­denz über 1.200) sprechen gegen eine solche Maß­nahme.

Scholl plädiert dafür, die derzeit gel­tende Masken­regelung zumin­d­est bis zu den Herb­st­fe­rien fortzuführen und mögliche Lockerun­gen früh­estens am 8. Novem­ber 2021 vorzunehmen – wenn die Coro­na-Sit­u­a­tion dies dann zulasse. Zudem spricht er sich dafür aus, nur in der Basis­stufe auf eine Maskenpflicht am Platz zu verzicht­en und bere­its in der Warn­stufe (und nicht — wie geplant — erst in der Alarm­stufe) das Tra­gen eines Mund-Nasen-Schutzes vorzuschreiben.

Ralf Scholl weist darauf hin, dass die Kinder unter 12 Jahren nach wie vor kom­plett ungeimpft sind und die Jugendlichen bis 17 Jahre momen­tan nur zu einem Drit­tel voll­ständig geimpft sind, dass aber alle Schüler im Unter­richt ohne jeden Abstand über Stun­den dicht gedrängt zusam­men­sitzen. „Wenn die Schulen offenge­hal­ten wer­den sollen, sind möglichst umfan­gre­iche Schutz­maß­nah­men unumgänglich. Dazu gehören neben den vom PhV seit über einem Jahr geforderten Raum­luftreini­gungs­geräten auch und ger­ade Masken.“ Eine Aufhe­bung der Maskenpflicht würde die Ansteck­ungs­ge­fahr in Klassen­z­im­mern laut Stuttgarter Raum­luft­studie um den Fak­tor drei erhöhen.

Der PhV-Lan­desvor­sitzende betont: „Präsen­zun­ter­richt ist die wirk­sam­ste Unter­richts­form. Das weiß mit­tler­weile nach den einein­halb Coro­na-Jahren jed­er von uns. Dementsprechend müssen alle Anstren­gun­gen unter­nom­men wer­den, damit die Schulen auch unun­ter­brochen in Präsenz geöffnet bleiben kön­nen.“ Es sei für ihn daher unver­ständlich, warum sich die baden-würt­tem­ber­gis­che Lan­desregierung jet­zt erneut über die drin­gende Empfehlung des Robert-Koch-Insti­tuts hin­wegset­zen wolle. Das RKI spreche sich dafür aus, die Schutz­maß­nah­men an Schulen inklu­sive des Tra­gens eines Mund-Nasen-Schutzes bis zum Früh­jahr 2022 beizube­hal­ten. „Die Lan­desregierung wäre gut berat­en, dem Rat des RKI zu fol­gen, um in der jet­zi­gen Phase kon­stant hoher Inzi­denz (Spitzen­re­it­er in Baden-Würt­tem­berg ist Pforzheim mit 505 bei den 5–14-Jährigen) die Zahl der Infek­tio­nen an den Schulen zu min­imieren und Schulschließun­gen zu ver­mei­den“, so Ralf Scholl. Er hält die Masken für ein notwendi­ges Übel, an dem in der aktuellen Sit­u­a­tion fest­ge­hal­ten wer­den müsse – auch wenn sie aus päd­a­gogis­ch­er Sicht mit starken Nachteilen ver­bun­den, zudem unbe­quem und deswe­gen ver­ständlicher­weise unbe­liebt seien.

„Es ist Auf­gabe der Lehrkräfte, stets und zuerst das Wohl ihrer Schutzbe­fohle­nen im Blick zu haben und entsprechende Entschei­dun­gen zu tre­f­fen. Deshalb spricht sich der Philolo­gen­ver­band als Vertre­tung der gym­nasialen Lehrkräfte zum gegen­wär­ti­gen Zeit­punkt für eine vor­läu­fige Beibehal­tung der Maskenpflicht an den Schulen aus“, erk­lärt Ralf Scholl. „Jet­zt mit­ten im laufend­en Schul­be­trieb und rel­a­tiv kurz vor den Ferien eine Neuregelung vorzunehmen, halte ich für unklug und leichtsin­nig.“ Ob die Masken­regelung nach den Herb­st­fe­rien gelock­ert wer­den könne, solle anhand der dann vor­liegen­den Coro­n­a­sit­u­a­tion entsch­ieden wer­den.

Zur Zeit sind mehr als 1.700 Schüler pos­i­tiv getestet und über 1.500 weit­ere in Quar­an­täne. Coro­na-Fälle gibt es an rund einem Vier­tel der Realschulen, Gym­nasien und Beru­flichen Schulen.

Scholl betont, dass eine Maskenpflicht weniger dem Schutz der Lehrkräfte diene, die an den meis­ten Gym­nasien zu über 95 % geimpft seien, son­dern vielmehr im ure­igen­sten Inter­esse der weit­ge­hend ungeimpften Kinder und Jugendlichen liege. So gebe es in vie­len Land­kreisen enorm hohe Inzi­den­zen unter den Fünf- bis Vierzehn­jähri­gen, und in der let­zten Woche wur­den an 53 Schulen Aus­brüche mit ins­ge­samt 246 pos­i­tiv getesteten Kindern vom Lan­des­ge­sund­heit­samt reg­istri­ert – trotz Maskenpflicht und drei Schnell­tests pro Woche. „In dieser Sit­u­a­tion auch noch kom­plett auf Masken in den Klassen­z­im­mern zu verzicht­en, wäre fahrläs­sig“, so der PhV-Lan­desvor­sitzende.

Gegen die Maskenpflicht werde oft ange­führt, dass Schüler über Kopf­schmerzen und Konzen­tra­tionsprob­leme kla­gen. „Das mag bei FFP2-Masken zutr­e­f­fen. Aber medi­zinis­che OP-Masken, die ja eben­falls erlaubt sind, haben nachgewiesen­er­maßen keinen Ein­fluss auf die Sauer­stof­fkonzen­tra­tion im Kör­p­er“, erk­lärt Ralf Scholl.

Das zweite Argu­ment gegen eine Maskenpflicht in der Schule, wonach Kinder und Jugendliche keine Pan­demietreiber seien, ist nach Überzeu­gung des PhV-Lan­desvor­sitzen­den durch die aktuellen Dat­en schlicht wider­legt. Er stellt klar: „Zur Zeit ist knapp ein Drit­tel aller pos­i­tiv Getesteten unter 20 Jahre alt!“ Die Gruppe der 5–14-Jährigen zeigte in den let­zten zwei Wochen in Baden-Würt­tem­berg zudem auf Kreis­ba­sis Inzi­den­zen von teil­weise über 500. „Das ist abso­lut alarmierend!“

Auch das dritte Argu­ment gegen das Tra­gen eines Mund-Nasen-Schutzes an Schulen, wonach Kinder sel­ten schw­er an Covid-19 erkranken wür­den und das Virus für sie weit­ge­hend unge­fährlich sei, hält Ralf Scholl für wider­legt. Er weist darauf hin, dass zwis­chen 0,6 % und 0,9 % der infizierten Kinder unter zehn Jahren in Baden-Würt­tem­berg hos­pi­tal­isiert wür­den; 10 % aller Hos­pi­tal­isierten hät­ten zudem mit Long-Covid-Fol­gen zu kämpfen. „Die Maß­nah­men an den Schulen, wozu die Masken gehören, tra­gen somit zum Schutz des Lebens und der Gesund­heit der Schü­lerin­nen und Schüler bei.“
 
Eine Her­den­im­mu­nität könne laut Epi­demi­olo­gen und Virolo­gen erst bei ein­er Impfquote von rund 95 % in allen Alters­grup­pen erre­icht wer­den, da die Imp­fun­gen ja nur einen unvoll­ständi­gen Schutz vor Ansteck­ung gewähren, wie die Impf­durch­brüche zeigen. „Deswe­gen dür­fen wir ger­ade jet­zt nicht leichtsin­nig wer­den! Jede ver­hin­derte Über­tra­gung schützt unsere Kinder und Jugendlichen und ermöglicht den weit­eren Schul­be­trieb in Präsenz“, so Ralf Scholl. „Wenn wir keine Schulschließun­gen zulassen wollen, dann müssen wir auch entsprechend vorauss­chauend han­deln.“

Der PhV-Vor­sitzende appel­liert an die baden-würt­tem­ber­gis­che Lan­desregierung: „Fol­gen Sie den Richtlin­ien des RKI, damit die Schulen für unsere Kinder und Jugendlichen ein sicher­er Ort des Ler­nens in Präsenz bleiben kön­nen! Die Maskenpflicht in engen Schul­räu­men schützt vor Tröpfchen-Infek­tio­nen! Eine Ausstat­tung mit Raum­luftreinigern schützt vor Aerosol-Infek­tio­nen! Weit­ere gute Impfkam­pag­nen ger­ade auch an Schulen tra­gen wesentlich zur Sicher­heit der Jugendlichen bei! Wer­den Sie Ihrer Ver­ant­wor­tung für die Schüler gerecht!“

Zahlen / Dat­en / Fak­ten:
* Aktuelle, nach Alter aufgeschlüs­selte Inzi­denz-Zahlen auf Kreisebene: siehe https://semohr.github.io/risikogebiete_deutschland/
* Inzi­den­zen bei den Fünf- bis Vierzehn­jähri­gen (Stand 13.10.2021):
- 505 in Pforzheim
- 327 in Heil­bronn
- 320 in Ulm
- 318 im Kreis Sig­marin­gen
- Inzi­den­zen von über 200 gibt es in weit­eren 13 Kreisen in Baden-Würt­tem­berg
* Zwis­chen 0,6 % und 0,9 % der infizierten Kinder wird in Baden-Würt­tem­berg hos­pi­tal­isiert.
* Bish­er wur­den im Land 45.000 Infek­tio­nen bei Kindern unter 10 Jahren und 95.000 Infek­tio­nen bei Jugendlichen von 10–19 Jahren nachgewiesen. Bei­de Alters­grup­pen umfassen aber jew­eils 1.050.000 Betrof­fene.
* Damit sind 1,7 Mil­lio­nen Kinder und Jugendliche in Baden-Würt­tem­berg kom­plett ungeschützt. (Rund 400.000 sind voll­ständig geimpft oder gene­sen.)

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den knapp 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit über 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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