„Rechtschreibung ist und bleibt elementar wichtig“

26. Januar 2020

 

Stuttgart, 25. Jan­u­ar 2020
Az. 1911 / 2020-01

Der Vor­sitzende des PhV BW, des Ver­bands der gym­nasialen Lehrkräfte in Baden-Würt­tem­berg, Ralf Scholl, kom­men­tiert die Aus­sagen von Min­is­ter­präsi­dent Win­fried Kretschmann zum The­ma Rechtschrei­bung im dpa-Inter­view vom 24.1.2020 fol­gen­der­maßen:

Win­fried Kretschmann sollte sich vor solchen Aus­sagen zuerst ein­mal gründlich informieren. Die Pro­fes­soren der baden-würt­tem­ber­gis­chen Hochschulen kla­gen laut­stark über man­gel­hafte Rechtschrei­bung in den Semes­ter- und Exa­m­en­sar­beit­en ihrer Stu­dentin­nen und Stu­den­ten.

Es ist dem Min­is­ter­präsi­dent natür­lich unbenom­men, zu jedem The­ma seine per­sön­liche Mei­n­ung zu äußern. Wenn er aber keine Ahnung hat, sollte er im eige­nen Inter­esse bess­er schweigen: „Si tacuiss­es, philoso­phus man­siss­es.“ lernte man früher im Latei­n­un­ter­richt.

Dem Min­is­ter­präsi­den­ten wurde — nach eige­nen Worten — in den Fün­fziger­er- und Sechziger­jahren in der Schule eine fehler­freie Rechtschrei­bung ver­mit­telt. Kein Wun­der, dass er kein Prob­lem sehen kann: Er ist ja nicht betrof­fen.

Die Autoko­r­rek­tur der Textpro­gramme erset­zt keineswegs eigene Rechtschreibken­nt­nisse: Wer öfter Texte liest, die — trotz automa­tis­ch­er Rechtschreibko­r­rek­tur — nur so vor Fehlern strotzen, weiß, dass es nicht so ein­fach funk­tion­iert.
Und die laut­stark geäußerte Mei­n­ung einzel­ner pubertär­er Schüler: „Rechtschrei­bung muss ich doch nicht beherrschen, das kor­rigieren in Zukun­ft mein Com­put­er und meine Sekretärin“, kön­nen sich eben nur die Erben von Fam­i­lien­be­trieben leis­ten. Für alle anderen gilt: Eine beru­fliche Posi­tion mit Sekretärin musst du erst ein­mal erre­ichen.

Man­gel­hafte Rechtschrei­bung ist aber auch heute eine harte soziale Hürde, die sich nur schw­er aus dem Weg räu­men lässt: Rechtschreibfehler in Bewer­bungss­chreiben ver­hin­dern sehr effek­tiv die Ein­ladung zu Bewer­bungs­ge­sprächen.

Die Stärkung des Deutschunter­richts und der Rechtschrei­bung, nach­dem in den let­zten 25 Jahren in den Bil­dungsplä­nen immer weniger Wert auf Rechtschrei­bung gelegt wurde, ist über­fäl­lig und richtig. Die fatale Meth­ode „Schreiben nach Hören“ in der Grund­schule hat ein übriges dazu getan, eine ganze Gen­er­a­tion von Kindern mit mas­siv­en Rechtschreibprob­le­men aus der Schule ins Leben zu ent­lassen. Es ist gut, dass daraus mit­tler­weile Kon­se­quen­zen gezo­gen wur­den.

Die Pro­fes­soren an den Hochschulen sind zunehmend fas­sungs­los, wie katas­trophal Rechtschrei­bung und Gram­matik in den wis­senschaftlichen Arbeit­en ihrer Stu­den­ten, selb­st in wichti­gen Abschlus­sar­beit­en, mit­tler­weile sind. Fünf bis zehn Fehler pro Seite sind trotz Rechtschreib- und Gram­matikprü­fung im Textpro­gramm keine Sel­tenheit mehr.

Die Äußerun­gen des Min­is­ter­präsi­den­ten sind ein mas­siv­er Bären­di­enst für alle Bemühun­gen, Baden-Würt­tem­bergs Schüler wieder vom Mit­tel­maß an die deutsche und inter­na­tionale Leis­tungsspitze zu brin­gen.

Die zweifel­hafte Qual­ität der aktuellen Autoko­r­rek­tur-Qual­ität wird unter https://youtu.be/0SfwCr3bQYw auf den Punkt gebracht. — Vor­sicht: Satire!

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit rund 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der rund 30.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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