Zumeldung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zur Pressemitteilung des Kultusministeriums “Start des Microsoft 365-Pilotprojekts als Teil der Digitalen Bildungsplattform” vom 30.11.2020

1. Dezember 2020

* Vage Ver­sprechen sind keine Lösung für den Daten­schutz beim Ein­satz von Cloud-Soft­ware an Schulen
* Dig­i­tale Sou­veränität und emanzi­pa­torische Medi­en­bil­dung sprechen gegen den Ein­satz von MS-Cloud-Lösun­gen
* Baden-Würt­tem­berg sollte auf europäis­che Open­Source-Soft­ware und offene For­mate set­zen

Ralf Scholl, der Lan­desvor­sitzende des Philolo­gen­ver­bands Baden-Würt­tem­berg (PhV BW), hält die Ein­schätzung des Lan­des­beauf­tragten für den Daten­schutz und die Infor­ma­tions­frei­heit (LfDI) vom 20.11.2020 “Microsoft passt sich europäis­chem Daten­schutz an”, auf die sich das Kul­tus­min­is­teri­um (KM) in sein­er Pressemit­teilung vom 30.11.2020 bezieht, für fehlin­ter­pretiert: “Der LfDI stellt selb­st fest, dass die von Microsoft in Aus­sicht gestell­ten Regelun­gen die Trans­fer­prob­lematik in die USA nicht generell lösen. Im Gegen­teil: Zunächst ein­mal bedeuten die Zusagen von Microsoft vor allem das Eingeständ­nis, dass der US-Cloud-Act mit der DSGVO unvere­in­bar ist und bleibt. Vage Zusagen reichen bei weit­em nicht, um die MS-Schul­cloud daten­schutzkon­form zu betreiben.”

Microsoft hat laut LfDI unter anderem die Selb­stverpflich­tung ange­boten, in den USA den Rechtsweg zu beschre­it­en, falls US-Behör­den die Her­aus­gabe von Schüler­dat­en ver­lan­gen soll­ten, die auf europäis­chen Microsoft-Servern lagern. „Das garantiert über­haupt nichts“, erk­lärt Ralf Scholl, „denn es bewirkt bei der Her­aus­gabe der Dat­en unseres Wis­sens nicht ein­mal einen Auf­schub.“

Zudem wisse nie­mand, wie ern­sthaft Microsoft einen solchen Rechtsweg ver­fol­gen werde und wie solche Prozesse aus­gin­gen, sodass die Dat­en auf europäis­chen Servern nicht grund­sät­zlich sich­er vor Zugriff aus den USA seien. Let­zteres wird von der DSGVO strikt unter­sagt.

Wie unglaub­würdig die Ankündi­gung eines Unternehmens ist, sich nicht an die Geset­ze im Lande seines Fir­men­sitzes zu hal­ten, das bedürfe kein­er län­geren Über­legung, so Scholl. Das wäre nur dann überzeu­gend, wenn Microsoft jet­zt schon erhe­bliche Anstren­gun­gen unternehme, um für eine effek­tive Änderung des Cloud-Acts in den USA zu sor­gen, z.B. mit­tels ein­er Nor­menkon­trol­lk­lage bzw. dem US-amerikanis­chen Pen­dant dazu.

„Unsere übri­gen Bedenken, was dig­i­tale Sou­veränität und emanzi­pa­torische Medi­en­bil­dung ange­ht, bleiben aber selb­st dann beste­hen, wenn der Daten­schutz voll­ständig gesichert wäre”, so der PhV-Lan­desvor­sitzende. „Diese weit­eren Bedenken haben wir gemein­sam mit Lan­desel­tern­beirat und Arbeits­ge­mein­schaften der gym­nasialen Eltern­beiräte am 28. Sep­tem­ber 2020 auf ein­er gemein­samen Pressekon­ferenz erläutert.“

Baden-Würt­tem­berg habe mit Moo­dle als Lern­plat­tform, Big­Blue­But­ton als in Moo­dle inte­gri­ertes Videokon­feren­zsys­tem und Libre­Of­fice als Bürosoft­ware-Suite gut funk­tion­ierende Open­Source-Pro­duk­te, für die es Muster­lö­sun­gen und Fort­bil­dungsange­bote für die Schulen gebe. „Das Kul­tus­min­is­teri­um hat sich zurecht vor einiger Zeit selb­st hier­für in Pressemit­teilun­gen gelobt“, betont Ralf Scholl. Die Ein­führung von MS 365 an Baden-Würt­tem­bergs Schulen sei also keineswegs alter­na­tiv­los.

Der PhV-Lan­desvor­sitzende weist abschließend darauf hin, dass auch der Infor­matik­lehrerver­band ILLBW und der Ver­band zur Förderung des MINT-Unter­richts sowie die Ver­braucherzen­trale diese Argu­men­ta­tion des Philolo­gen­ver­bands stützen.

Infor­ma­tio­nen für die Redak­tio­nen

Aktuelle Pressemit­teilung des KM zum Pilot­pro­jekt:

https://km-bw.de/,Lde/Startseite/Service/2020+11+30+Start+Microsoft+365-Pilotprojekt+als+Teil+der+Digitalen+Bildungsplattform

Pressemit­teilung des LfDI vom 20.11.2020:

https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/dsgvowirkt/

Pressemit­teilung von PhV BW und organ­isiert­er Eltern­schaft zu Cloud-Soft­ware an Schulen:

https://www.phv-bw.de/presse-erk­laerung-des-lan­desel­tern­beirats-der-argen-stuttgart-tue­bin­gen-freiburg-und-karl­sruhe-sowie-des-philolo­gen­ver­bands-baden-wuert­tem­berg-phv-bw-zur-nutzung-von-cloud-basiert­er-soft­ware-in‑d/

Posi­tion­spa­pi­er des PhV zu Cloud-Soft­ware an Schulen:

https://www.phv-bw.de/wp-content/uploads/2020/10/2020–09-11-PhV-BW-Postionen-Digitale-Souveraenitaet-Beschlussfassung-PhV_BW.pdf

Posi­tion­spa­pi­er des Infor­matik­lehrerver­band ILLBW zu freier Soft­ware an Schulen:

https://fg-illbw.gi.de/fileadmin/FG/ILLBW/PDF/Stellungnahmen/Positionspapier_ILLBW_MS365.pdf

Stel­lung­nahme des Ver­bands zur Förderung des MINT-Unter­richts MNU zu MS 365 an Schulen:

https://www.mnu.de/blog-landesverband-baden-wuerttemberg/629-stellungnahme-zu-office-365

Stel­lung­nahme der Ver­braucherzen­trale gegen die Nutzung von MS 365 an Schulen:
“Ver­braucher­bil­dung statt Ver­braucher­prä­gung”:

https://www.verbraucherzentrale-bawue.de/pressemeldungen/presse-bw/verbraucherbildung-statt-verbraucherpraegung-54015

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit rund 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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