Philologenverband fordert nachhaltige Einstellungspolitik an den Gymnasien – „Lehrer brauchen wieder mehr Zeit für den Unterricht!“
20. Februar 2019
Stuttgart, 20. Februar 2019
Az. 1811 / 2019-03
Philologenverband fordert nachhaltige Einstellungspolitik an den Gymnasien – „Lehrer brauchen wieder mehr Zeit für den Unterricht!“
Vor dem Hintergrund der am heutigen Mittwoch (20. Februar 2019) vom Kultusministerium Baden-Württemberg (KM) vorgelegten „Modellrechnung zum Lehrerbedarf 2020 bis 2030“ erneuert der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) seine Forderung nach einer nachhaltigen, vorausschauenden und zukunftsorientierten Einstellungspolitik an den Gymnasien.
„Die Aussage des KM: ‚Aufgrund des hohen Altbewerberbestands sind (…) — landesweit und fächerunabhängig betrachtet — durchgängig keine nennenswerten Probleme bei der Einstellung von Gymnasiallehrkräften zu erwarten“, ist irreführend: Fachspezifisch gibt es in den Fächern Physik, Informatik und Bildende Kunst praktisch landesweit, in den Fächern Mathematik und Chemie zumindest regional nicht abdeckbare Bedarfe.
„Wenn ‘durchgängig keine nennenswerten Probleme bei der Einstellung von Gymnasiallehrkräften´ bestünden, wie erklärt das Kultusministerium dann den sehr hohen Stundenausfall an den Gymnasien? Durch unzureichende Einstellungen trotz verfügbarer Lehrkräfte?“, fragt der PhV-Vorsitzende Ralf Scholl.
„Gerade weil laut der Modellrechnung das Bewerberangebot den Einstellungsbedarf an den Gymnasien in den kommenden Jahren zumindest in den sprachlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern deutlich übersteigen wird, besteht aus unserer Sicht eine dringende Handlungsnotwendigkeit“, erklärt der PhV-Vorsitzende weiter.
Es ist unbedingt erforderlich, dass in den nächsten Jahren antizyklisch über den unmittelbaren Bedarf hinaus Lehrkräfte eingestellt werden. Nur so kann der sogenannte „Schweinezyklus“ durchbrochen und sichergestellt werden, dass die besten Lehramtsstudierenden und Referendare in allen Fächern für die gymnasiale Bildung in Baden-Württemberg gewonnen werden können und nicht in andere Berufe bzw. in andere Länder abwandern.
„Zudem würde eine verstärkte Einstellung an Gymnasien dazu führen, dass die Lehrerinnen und Lehrer wieder mehr Zeit für ihr Kerngeschäft – den Unterricht und die Förderung ihrer Schülerinnen und Schüler – haben“, so Ralf Scholl. Der Philologenverband setzt sich seit langem für folgende pädagogisch sinnvollen Maßnahmen ein:
• Aufstockung der Anrechnungsstunden für besondere Aufgaben
• Absenkung des Klassenteilers von derzeit 30 auf höchstens 28 Schüler (wie an den Gemeinschaftsschulen)
• Verringerung der Unterrichtsverpflichtung von 25 auf 23 Stunden
• Erhöhung der Altersermäßigung
„Nur so können die Gymnasien angesichts ständig zunehmender Aufgaben und der stark gestiegenen Heterogenität in der Schülerschaft seit der Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung ihren Bildungsauftrag laut Schulgesetz auch in Zukunft bewältigen“, betont der PhV-Vorsitzende abschließend.
Zur Information hier der § 8 (1) Schulgesetz von Baden-Württemberg:
„Das Gymnasium vermittelt Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten eine breite und vertiefte Allgemeinbildung, die zur Studierfähigkeit führt. Es fördert insbesondere die Fähigkeiten, theoretische Erkenntnisse nachzuvollziehen, schwierige Sachverhalte geistig zu durchdringen sowie vielschichtige Zusammenhänge zu durchschauen, zu ordnen und verständlich vortragen und darstellen zu können.“
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit rund 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich verfügt der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien über die Mehrheit, stellt die jeweiligen Vorsitzenden und setzt sich dort für die Interessen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.