Jede an Gymnasien frei werdende Lehrerstelle muss unbedingt wieder neu besetzt werden!
10. September 2006
10.9.2006 / 1811 — 33–06
Philologenverband Baden-Württemberg appelliert an die Landesregierung:
„Jede an Gymnasien frei werdende Lehrerstelle muss unbedingt wieder neu besetzt werden!“
„Die Vorschläge aus dem Regierungslager der CDU/FDP-Koalition, einige hundert Lehrerstellen abzubauen, um damit Millionen Euro im fünfstelligen Bereich auf dem Rücken der Lehrer und zu Lasten der Schüler für die Sanierung des Landeshaushalts einzusparen, führen im Falle der Realisierung zu einem Wortbruch des Ministerpräsidenten; an den Gymnasien wird jede Lehrerstelle gebraucht“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV BW), Karl-Heinz Wurster, zu entsprechenden Äußerungen des CDU-Fraktionsvorsitzenden Stefan Mappus, von Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) und Justizminister Ulrich Goll (FDP).
Der Philologenverband erinnert in diesem Zusammenhang an das Versprechen, das Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) am 21. Juni in seiner Regierungserklärung gegeben hatte. Oettinger: „Ein entscheidender Faktor für die Qualität unserer Schulen ist ihre Ausstattung mit hoch qualifizierten Lehrkräften. Wir werden deshalb auch bei rückläufigen Schülerzahlen alle rechnerisch frei werdenden Lehrerstellen für bildungspolitische Maßnahmen verwenden.“ Das wäre auch im Sinne von Kultusminister Rau, der Ende Januar dieses Jahres sagte, es sei sein Ziel, in der neuen Legislaturperiode keine Lehrerstellen zurückzugeben. Der Philologenverband appelliert an den Ministerpräsidenten, Wort zu halten und jede frei werdende Lehrerstelle auch wirklich wieder neu zu besetzen!
Gründe für diese Forderung liefert nach Meinung des Verbandes u.a. auch eine vom Landesamt für Statistik am 12. Juli 2006 herausgegebene Veröffentlichung zur Entwicklung der Schülerzahlen in den nächsten Jahren. „Dieser Statistik ist zu entnehmen, dass an den Gymnasien die Schülerzahlen von 328 400 im Schuljahr 2005/06 auf 341 000 Schüler im Jahr 2007/08 ansteigen werden, und diese Zahl soll sogar laut Statistik-Bericht bis zum Schuljahr 2011/12 konstant bleiben“, betont Wurster.
Angesichts immer noch großer Klassen mit über dreißig Schülern und einer durch gesellschaftliche Veränderungen zunehmend schwieriger gewordenen Arbeit an den Schulen, aber auch aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Reformprozesses mit neuen Bildungsstandards und Curricula, mit Selbst- und Fremdevaluation, mit Vergleichsarbeiten und Herausforderungen bei der Gewalt- und Drogenprävention kann nach Auffassung des PhV auf keine Lehrerstelle verzichtet werden. Im Übrigen sei das Gymnasium nach der Einführung des G 8 de facto bereits ein Ganztagesbetrieb, der mehr qualifiziert ausgebildetes Personal benötige. „Ein Abschmelzen von Lehrerstellen wäre da absolut kontraproduktiv“, warnt Wurster mit dem Hinweis auf den in einigen Fächern existierenden Lehrermangel. In naturwissenschaftlichen Fächern gebe es bereits Engpässe – besonders in Randgebieten. Es fehlt hier an Bewerbern. Wurster wertet dies auch als Zeichen dafür, dass die Attraktivität des Lehrerberufs durch bessere Arbeitsbedingungen und höhere Eingangsgehälter verbessert werden muss. Angebote aus der Wirtschaft seien oft attraktiver.
Der Philologenverband appelliert auch angesichts der vermehrten Pensionierungen in den nächsten Jahren eindringlich an die Landesregierung, sich jetzt schon um qualifizierte Bewerber zu bemühen und keine Lehrerstellen zu streichen, sondern stattdessen jede frei werdende Lehrerstelle unbedingt wieder neu zu besetzen. Durch eine vorausschauende Einstellungspolitik biete sich die Chance, die nach 2012 laut Statistik an den Gymnasien wieder sinkenden Schülerzahlen für Qualitätsverbesserungen des Bildungsangebots und für eine Verringerung der Klassengrößen zu nutzen. „Wir sind nicht bereit, Verschlechterungen des Lehrerberufes durch Sparmaßnahmen bei den Beamten, bei uns Lehrern und durch einen Stellenabbau – auch im Sinne einer guten Ausbildung der uns anvertrauten Schüler – kommentarlos hinzunehmen“, so Wurster abschließend.