PhV BW fordert Überprüfung und Absenkung des Umfangs der Unterrichtsverpflichtung auch für Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg
15. Juni 2015
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat am 9. Juni 2015 die Vorschrift der dortigen Landesregierung vom 1. August 2014, die wöchentliche Regelstundenzahl der Lehrkräfte unter anderem an Gymnasien um eine Stunde von zuvor 23,5 auf nunmehr 24,5 Stunden zu erhöhen wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht für unwirksam erklärt.
Angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der prozeduralen Absicherung der von der Niedersächsischen Landesregierung geplanten Verordnung zur Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung gymnasialer Lehrkräfte gemäß Art. 33 Abs. 5 GG bemängelt das OVG Lüneburg das Fehlen einer vorherigen Untersuchung über die tatsächliche Belastung der niedersächsischen Lehrkräfte an Gymnasien.
Das OVG Lüneburg verweist in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Änderungen des niedersächsischen Schulsystems in den letzten zehn Jahren, etwa die Abschaffung der Orientierungsstufe, die Einführung des Abiturs nach 8 Jahren, die Einführung der sogenannten Eigenverantwortlichen Schule und der Inklusion, die Veranlassung zu dahingehenden Ermittlungen gegeben hätten.
Darüber hinaus sieht das OVG Lüneburg einen Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG geregelten Grundsatz der Gleichbehandlung, weil ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung der Lehrkräfte an Gymnasien gegenüber den nicht von einer Erhöhung der Regelstundenzahl betroffenen übrigen verbeamteten Lehrkräften im niedersächsischen Schuldienst nicht feststellbar ist.
Die gymnasialen Lehrkräfte in Baden-Württemberg haben in der Vergangenheit mehrfach Erhöhungen der Unterrichtsverpflichtungen hinnehmen müssen: 1997 wurde die Unterrichtsverpflichtung von 23 auf 24 Wochenstunden erhöht und dann 2003 noch einmal von 24 auf 25 Wochenstunden. Alle Hinweise auf Arbeitszeituntersuchungen wurden ignoriert und für die gymnasialen Lehrkräfte wurden trotz aller Einwände die Arbeitszeiterhöhungen umgesetzt. Hinzu kommen die vergleichsweise umfangreichen Veränderungen auch im Schulsystem Baden-Württembergs, die mit zusätzlichen Belastungen der gymnasialen Lehrkräfte verbunden sind und noch dazu begleitet von Streichungen im Bereich der Entlastungsstunden. Man denke nur an die Einführung von Schulcurricula, Selbst- und Fremdevaluation, Prävention, Gefährdungsbeurteilungen, demnächst zieldifferente Inklusion usw. und die Kürzung der Anrechnungsstunden, die dem Ausgleich unterschiedlicher zeitlicher Belastungen der Lehrkräfte dienen.
Der Philologenverband fordert Kultusministerium und Landesregierung von Baden-Württemberg auf, die tatsächliche Arbeitszeit der gymnasialen Lehrkräfte durch eine unabhängige Untersuchung feststellen zu lassen, und als Konsequenz aus dem absehbaren Ergebnis die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung der Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer wieder stufenweise von 25 auf 23 Wochenstunden abzusenken.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt über 8.400 im Verband organisierte Lehrerinnen und Lehrer an den 446 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der rund 27.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Bernd Saur