PhV BW zum Schuljahresbeginn: Lehrkräfte finden und binden!
7. September 2023
Anlässlich seiner heutigen Landespressekonferenz zum Schuljahresbeginn gibt der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) folgende Pressemitteilung heraus:
Lehrkräfte finden und binden!
Die ausgebildeten Lehrkräfte sind da — gebt ihnen die Möglichkeit, ihren Job auch auszuüben! Die Rahmenbedingungen an Schulen haben sich in den letzten Jahren massiv verschlechtert, die Attraktivität des Berufs als Lehrkraft schwindet zusehends. Trotzdem liebt die ganz große Mehrheit der Lehrkräfte ihren Beruf und möchte ihn eigentlich weiterhin ausüben! Dafür stimmen die Rahmenbedingungen aber nicht mehr.
Beispiel 1: Das Märchen von der Vereinbarkeit von Familie und Lehrberuf
Eine Verordnung zur Umsetzung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie als zentrale Maßnahme ist überfällig und würde den Lehrkräfte- und Fachkräftemangel wesentlich mildern oder ganz auflösen. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 ist in Baden-Württemberg nicht umgesetzt.
Zum Beispiel ist die Betreuung der eigenen Kinder für Lehrkräfte ein Riesenproblem. Viele KiTas und Kindergärten öffnen so spät, dass Lehrkräfte häufig eigentlich nicht in der ersten Stunde eingesetzt werden können. Zwischenzeitlich gibt es für viele Kinder keine KiTa-Plätze mehr. Der PhV BW fordert, dass sich das Kultusministerium (KM) mit den kommunalen KiTa- und KiGa-Trägern zusammensetzt, um die Betreuungsmöglichkeiten wahlweise am Schulort oder Wohnort zu verbessern. Auch eine garantierte Betreuung während Konferenzen, Elternabenden und Fortbildungen würde es vielen Lehrkräften erleichtern, ihren Beruf mit mehr Wochenstunden auszuüben. Die Bundeswehr, das Finanzministerium und das Regierungspräsidium Stuttgart mit seiner Betriebs-KiTa gehen hier mit gutem Beispiel voran.
Beispiel 2: Arbeitszeit und Arbeitsbelastung
Zu den notwendigen Rahmenbedingungen, um Lehrkräfte dauerhaft zu binden, gehört Ehrlichkeit: Arbeit muss auch als Arbeit gewertet werden. Bei der Arbeitszeiterfassung bewegt sich das KM jedenfalls nicht, obwohl seit einem Jahr – höchstrichterlich entschieden – die Arbeitszeiterfassung aller Beschäftigten Pflicht ist. Warum tut sich im KM zu diesem Thema nichts? Wir wissen: Lehrkräfte arbeiten im Schnitt deutlich mehr als die 1804 Stunden Beamtenarbeitszeit im Jahr. Bei Teilzeit-Lehrkräften wird dieses Verhältnis wegen der verpflichtenden Zusatztermine noch ungünstiger. Hier tut Abhilfe Not!
Beispiel 3: Langfristige Planung
Bei bekanntlich wachsenden Schülerzahlen würde G9 Abhilfe schaffen!
G9 setzt in den ersten Jahren der Umstellung alljährlich wegen des geringeren Stundenumfangs der Schüler in jeder Klassenstufe Lehrkräfte frei, was automatisch zu einer verbesserten Lehrkräfteversorgung (und damit weniger Ausfallstunden) führt. Erst im 7. Jahr werden tatsächlich rund 1400 weitere Lehrkräfte benötigt, wenn 20 zusätzliche Stunden für jeden Schüler für das 9. Jahr vorgesehen werden, wie jetzt im Volksantrag gefordert.
Die Ausbildung zur gymnasialen Lehrkraft dauert 7–8 Jahre. Wenn die Landesregierung also jetzt einen Übergang zu G9 zum nächsten Schuljahr ankündigen würde, könnte sie gleichzeitig allen Studieninteressierten eine Übernahmegarantie geben, wenn sie ihr Studium bestehen. Damit würde das Lehramtsstudium dann plötzlich hochinteressant und die ergänzend benötigten 1400 Lehrkräfte würden in 8 Jahren bereitstehen.
Wenn man will und langfristig vernünftig plant, sind die Probleme lösbar! Wenn man nur in Zeitfenstern einzelner Legislaturperioden denkt, kommen wir in der Bildung niemals voran, denn vom Kindergarten bis zum Abitur dauert es mindestens 15 Jahre.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.