Philologenverband Baden-Württemberg für den Erhalt der Hauptschule im gegliederten Schulsystem
22. Januar 2007
22.1.2007 / 1811 — 05–07
Philologenverband Baden-Württemberg für den Erhalt der Hauptschule im gegliederten Schulsystem
PhV unterstützt die Haltung des Kultusministers zur Hauptschule
Der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) begrüßt die Position von Kultusminister Helmut Rau, der sich für den Erhalt der Hauptschulen in einem gegliederten Schulwesen ausgesprochen hat. Der Philologenverband erteilt allen Vorstellungen eine klare Absage, die Verbundschulmodelle anstreben und durch die Bildung von Gemeinschafts- oder Regionalschulen lediglich Verunsicherung in die bewährte, nach Schularten gegliederte Struktur des baden-württembergischen dualen Schulwesens hineintragen. „Die Hauptschule ist wie die Realschule und das Gymnasium eine eigenständige Schulart, die auch bei zurückgehenden Schülerzahlen einen berechtigten Platz im bewährten gegliederten Schulsystem hat“, so der PhV-Landesvorsitzende Karl-Heinz Wurster. „Mit „Einer Schule für alle“ werden die Probleme der Hauptschule nicht gelöst.“ Um das Image dieser Schulart zu verbessern, schlägt der PhV den Umbau der Hauptschule zu einer echten „Berufsförderschule“ im Ganztagsbetrieb vor.
In einer „Berufsförderschule“ mit guter personeller, räumlicher und sächlicher Ausstattung und mit Ganztagsbetrieb sieht der PhV eine große Chance und empfiehlt Kooperationen mit Handwerk und Industrie. Die Hauptschule soll Jugendliche frühzeitig in Kontakt zur Berufswelt bringen und die Eingliederung der Heranwachsenden ins spätere Berufsleben kontinuierlich vorbereiten, fordert der PhV und teilt hier die Auffassung des BWHT (Baden-Württembergischer Handwerkstag): „Ganztagesschulangebote sind ein wichtiger Schritt hin zu dem gemeinsamen Ziel, die Quote der nur bedingt oder gar nicht ausbildungsreifen Jugendlichen an der Schwelle vom Schul- zum Ausbildungssystem nachhaltig zu reduzieren.“
Eine „integrierte Haupt- und Realschule“ als sog „Gemeinschaftsschule“ wird vom Philologenverband kategorisch abgelehnt, da sich eine solche Schulvariante negativ auf die Leistungsanforderungen der Realschulen auswirken und den Schülerstrom auf die Gymnasien verstärken würde. Wurster warnt: „Damit wird der Bildungsauftrag des Gymnasiums nachhaltig gefährdet!“. Die Schülerzahlen würden an dieser Schulart weiter zunehmen, mahnt Wurster mit dem Hinweis auf die jüngsten schulstatistischen Zahlen, wonach im Schuljahr 2005/06 eine Zunahme von 2,2 Prozent an den Gymnasien festgestellt wurde und im laufenden Schuljahr 1,3 Prozent mehr auf die Gymnasien wechselten.
Das Zuweisungsverfahren zu den weiterführenden Schulen, das nach Auffassung des Philologenverbandes mitverantwortlich für den Rückgang der Schülerzahlen an den Hauptschulen ist, müsse korrigiert werden. Verbesserungswürdig sei nach Auffassung des PhV die Grundschulempfehlung zur jeweiligen Schulart. Diese müsse durch moderne Testverfahren gestützt werden und begründbar sein. Wurster: „Durch zentrale Tests (Vergleichsarbeiten) muss der Aussagewert der Grundschulempfehlung deutlich erhöht werden.“ Um eine Fehlleitung von Schülern nach der 4. Grundschulklasse zu verhindern, sollten bei der fachlichen Beurteilung auch die weiterführenden Schulen stärker berücksichtigt werden. Denn: Durch eine begabungsgerechtere Zuweisung würden sich die Schülerzahlen besser auf alle drei Schularten verteilen. Mit integrativen Gemeinschafts- und Regionalschulen sei keiner Schulart in Baden-Württemberg gedient.
Durch qualifizierte zusätzliche Förderangebote – auch durch einen gezielten freiwilligen Einsatz von Lehrkräften anderer Schularten mit pädagogischer Zusatzqualifikation – müsse garantiert werden, dass der Besuch dieser Schulart keine schulische Einbahnstraße wird und der Wechsel auf andere Schularten möglich ist. PhV-Chef Wurster: „Es muss gewährleistet sein, dass auch Hauptschülern nach entsprechend erfolgreicher Anstrengung und nachgewiesener Qualifikation Möglichkeiten angeboten werden, auf andere Schularten mit höheren kognitiven Leistungsanforderungen zu wechseln. Damit wird auch Spätentwicklern und leistungswilligen Schülern aus bildungsfernen Schichten eine entwicklungs- und begabungsgerechte Chance der Weiterqualifizierung geboten.“
Eine frühe Kontaktaufnahme mit Betrieben (z.B. Praktika, Gründungen von Schülerfirmen) wird vom PhV ausdrücklich befürwortet, damit die Schüler schon früh erfahren, welche Anforderungen die Berufswelt nach dem Hauptschulabschluss an junge Menschen heute stellt. „In einer Ausrichtung von Hauptschulen in mehrere Profilbereiche, z.B. Technik und Handwerk, Handel und Dienstleistungen, Gesundheit, Soziales und Hauswirtschaft, sieht der Philologenverband Möglichkeiten und gute Ansätze zur Imageverbesserung der Hauptschule“, so Wurster abschließend.
Hinweis: Eine ausführliche Darstellung der PhV-Positionen zur Hauptschule finden Sie hier