Bachelor-Master-Studium bedeutet Deprofessionalisierung der Lehrerausbildung
27. Januar 2008
27.01.2008 / 1811 — 06–08
Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW):
Das Bachelor-Master-Studium führt zur “Deprofessionalisierung” der Lehrerausbildung
- Philologenverband zeigt Verständnis für die Hochschulen, die einen automatischen Zugang für Lehramtsstudenten zum Masterstudium ablehnen
“Der Philologenverband hat die Umstellung der grundständigen Lehrerbildung auf Bachelor- und Master (BA/MA)-Studiengänge mit entsprechenden Abschlüssen wiederholt heftig kritisiert, vor einer “Deprofessionalisierung” der Lehrerausbildung gewarnt, den Erhalt des Staatsexamens gefordert und auf diese ‘unnötige Anpassung’ des gymnasialen Lehramtsstudiums hingewiesen”, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV BW), Karl-Heinz Wurster. “Der Bachelor ist für den Lehrerberuf absolut wertlos, kein Lehrer in der Schule kann allein mit diesem Abschluss unterrichten”, stellt Wurster fest und zeigt Verständnis für die Universitäten, die den vom Kultus- und Wissenschaftsministerium gewollten automatischen Zugang für Lehramtsstudenten zum Masterstudium ablehnen und selbst darüber entscheiden möchten, wer dafür zugelassen werden kann und wer nicht.
Selbst wenn Lehramtsstudierende im Bachelorstudium ein Praxissemester durchlaufen, kann das nach Auffassung des Philologenverbandes noch kein Freibrief für die Zulassung zu der nach dem Bachelor sich anschließenden Masterphase sein. Und selbst wenn das 13-wöchige Praxissemester erst nach dem Bachelorstudium aufgenommen würde, sei die Aussagekraft über die spätere Eignung der Lehramtsstudenten für diesen Beruf äußerst gering. Auch das Argument, man dürfe für Junglehrer — insbesondere für Naturwissenschaftler — die Studienbedingungen nicht erschweren, wenn man Lehrernachwuchs gewinnen wolle, lässt der Philologenverband nicht gelten und weist darauf hin, dass es eine Aufgabe des Kultusministeriums gewesen wäre, das Studium für das Lehramt an Gymnasien deutlich attraktiver zu machen. Der Philologenverband übt auch Kritik an der Verkürzung des Referendariats und spricht von einem äußerst problematischen achtzehnmonatigen Schnelldurchlauf. Der hierbei viel zu hohe Anteil selbstständigen Unterrichts ohne Mentorenbegleitung, der ständige Zeitdruck im Referendariat und die bescheidene Höhe der Anwärterbezüge machen den Lehrerberuf nach Auffassung des Verbandes nicht attraktiver und sind für die Qualitätsverbesserung der Lehrerbildung völlig kontraproduktiv. Wurster: “Wenn Referendare bereits nach einem halben Jahr allein und ohne Begleitung eines erfahrenen Mentors elf Stunden und in Mangelfächern sogar noch mehr Stunden selbstverantwortlich — ohne fachliche Begleitung — unterrichten und damit als “billige” Lehrkraft den bestehenden Lehrermangel im Pflichtunterricht kaschieren, dann darf man sich über Ausbildungsdefizite des Lehrernachwuchses nicht wundern.”
Der Philologenverband weist darauf hin, dass eigentlich niemand die Koalitionspartner CDU und FDP bei ihren Koalitionsvereinbarungen genötigt habe, das bewährte grundständige Studium für das Lehramt an Gymnasien zugunsten eines Bachelor-Master-Lehramtsstudiums aufzugeben. Mit einer soliden ersten fachwissenschaftlichen Ausbildungsphase an der Universität mit Praxis‑, Fachdidaktik- und Pädagogikanteilen, die mit dem “Staatsexamen” abschließt, und einem dann folgenden zweijährigen Referendariat hätte das Land den Beweis liefern können, dass ihm die Qualität der Bildung und Ausbildung wirklich am Herzen liegt. PhV-Chef Wurster: “Die Verfasser der Bologna-Vereinbarung zur Vereinheitlichung der Studiengänge in Europa hatten schließlich das Studium der Mediziner, der Juristen, der Architekten und nicht zuletzt auch das der Lehrer von der vorgeschlagenen Umstellung ausgenommen.”
Der Philologenverband hat vor dem Bachelor-Master-Lehramtsstudium stets gewarnt und sich für die Beibehaltung des Staatsexamens eingesetzt. Zuletzt hatte der PhV eine Parallelführung der Prüfungsarten vorgeschlagen, so wie es zum Beispiel in Bayern praktiziert wird, also eine parallele Vergabe des Masters und des Staatsexamens. “Gut beraten wären jetzt die Verantwortlichen in der Politik, Mut zu zeigen, jene Fehlentscheidung des Kabinetts zu korrigieren und die völlig unnötige Umstrukturierung des Lehramtsstudium wieder rückgängig zu machen”, so Wurster abschließend.
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Karl-Heinz Wurster