Philologenverband betrachtet neue gymnasiale Lehrerbildung mit Skepsis
4. Juli 2007
04.07.2007 / 1811 — 25–07
(Zumeldung des Philologenverbandes Baden-Württemberg zum Beschluss des Ministerrats “Gestufte Studienstruktur für das gymnasiale Lehramt — Umstellung auf Bachelor- und Masterstudium ab WS 2008/09” — KM PM — Nr.65/2007, 4. Juli 2007)
Philologenverband betrachtet neue gymnasiale Lehrerbildung mit Skepsis
“Die Aussage von Kultusminister Rau, dass die hohe Qualität der gymnasialen Lehrerausbildung in Baden-Württemberg auch nach der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge erhalten bleiben soll, begrüßt der Philologenverband, er sieht aber auch Probleme in der Umsetzung dieses angestrebten Ziels”, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV BW), Karl-Heinz Wurster, in einer Stellungnahme zum Beschluss des Ministerrats, für das gymnasiale Lehramtsstudium die Abschlüsse Bachelor und Master ab Wintersemester 2008/09 einzuführen. Wurster: “Aus Sicht des Philologenverbandes Baden-Württemberg handelt es sich hierbei um eine nicht notwendige Verschlechterung der gymnasialen Lehrerbildung.”
Das Kultusministerium verliert nach Auffassung des Philologenverbands mit der Preisgabe des ersten Staatsexamens seinen Einfluss, bestehende Probleme der Lehrerbildung würden nicht gelöst. Denn: Das auf 18 Monate verkürzte Referendariat bleibe verkürzt, an den Universitäten werde es trotz Aufstockung der Studienanteile in Fachdidaktik und Erziehungswissenschaft auf Kosten der Fachwissenschaft weder lehramtsbezogene Professuren für Schulpädagogik an jeder Landesuniversität noch Professuren für Fachdidaktik geben.
PhV-Chef Wurster weist darauf hin, dass das angebliche Verschränkungselement der beiden Phasen, das Praxissemester, ausschließlich von den Seminaren und Schulen betreut werde. Aber auch die Ziele von Bologna würden nicht erfüllt: Der Bolognaprozess stehe im Zeichen der Schaffung eines europäischen Hochschulraumes, dessen Ziel eigentlich die Flexibilisierung innerhalb der Studiengänge und die gegenseitige Anerkennung sein solle.
Vor allem die Bachelorstudiengänge in Europa differierten bezüglich der Dauer des Bachelorstudiums, sodass an eine problemlose gegenseitige Anerkennung nicht zu denken sei. Für die Umstellung des gymnasialen Lehramtsstudiums in Baden-Württemberg auf Bachelor/Master gelte bereits jetzt, dass gerade durch die Einführung des Bachelorabschlusses eine derzeit noch bestehende Flexibilität verringert werde: Ein Wechsel des Studienortes vor dem 8. Semester werde nicht mehr möglich sein. Ein solcher Wechsel könne — wenn überhaupt — erst nach dem Bachelorabschluss erfolgen.
Gemeinsame Anliegen von PhV und Lehrerfachverbänden
Der Philologenverband Baden-Württemberg und Vertreter der Lehrerfachverbände, die der PhV kürzlich zu einem Gespräch eingeladen hatte, waren sich im Interesse des gymnasialen Fachstudiums darüber einig, dass die Einflussnahme von schulischer Seite — insbesondere in der Abschlussprüfung — jetzt wenigstens noch durch die Anwesenheit eines Prüfers aus dem Schulbereich gesichert oder — besser noch (!) — gestärkt werde.
Den Fach-Experten sei es wichtig, so Wurster, dass mit der Umstellung auf Bachelor und Master (Kürzung der Fachstudien, Zusammenarbeit mit den Pädagogischen Hochschulen) keine Absenkung des Fachniveaus erfolge und dass die Ausbildungslehrer/innen entsprechende Hilfen zur justiziablen Absicherung ihrer Bewertung erhielten; denn diese würden künftig über ein “Bestehen” oder “Nichtbestehen” des Praxissemesters urteilen, was eine Voraussetzung für das Bestehen der Bachelor-Prüfung darstelle.
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Karl-Heinz Wurster