Erfolgsmodell Gymnasium: durch Bildung unsere Zukunft sichern
9. Juli 2010
09.07.2010 / 1811 — 23–10
“Erfolgsmodell Gymnasium: durch Bildung unsere Zukunft sichern”
Tagungsmotto der Vertreterversammlung des Philologenverbandes Baden-Württemberg im Fellbacher Kongresszentrum “Schwabenlandhalle (09. Juli 2010)
Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) fordert:
Keine Abstriche am Qualitätsniveau des Gymnasiums
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PhV-Landesvorsitzender Bernd Saur: “Klares Resultat des KMK-Schüler-Ländervergleichs — gegliedert schlägt integrativ!”
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Scharfe Kritik an Einheitsschulbefürwortern — frühe Förderung und sprachliche Integration entscheidend für Bildungserfolg
- elegierte fordern: Parallelität von G8 und G9, 110-prozentige Lehrerversorgung und besseren Gesundheitsschutz
Scharfe Kritik übte der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg (PhV BW), Bernd Saur, bei der Vertreterversammlung des Verbandes in der Fellbacher Schwabenlandhalle an Einheitsschulbefürwortern, die das erfolgreiche gegliederte Schulsystem und damit auch das leistungsfähige und qualitätsorientierte Gymnasium abschaffen wollten. Saur verwies darauf, dass fragwürdige Reformschnellschüsse mit dem Ziel, bewährte Schulstrukturen nach dem Motto “alle können alles” aufzuweichen, keine Zukunft hätten. “Es gibt keine einzige empirische Studie, die beweist, dass längeres gemeinsames Lernen erfolgreicher ist.”
Klare Position gegen Einheitsschulen
Vor den aus ganz Baden-Württemberg angereisten Delegierten der Gymnasien sowie vor Gästen aus Politik und Gesellschaft stellte Bernd Saur die Vorteile eines gegliederten Schulsystems heraus. “Baden-Württemberg und Bayern liegen beim KMK-Ländervergleich an der Spitze”. Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen einer im Studium erworbenen fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Kompetenz und den erreichten Schülerleistungen bestehe. So wie bei allen PISA-Vergleichsuntersuchungen sei auch dieses Resultat des KMK-Ländervergleichs eindeutig: Baden-Württemberg hat bundesweit die wenigsten Schulabbrecher und Sitzenbleiber. Saur unterstrich seine Forderung, keine Abstriche am Qualitätsniveau des Gymnasiums zu machen, mit weiteren Beispielen: Neuntklässler hätten in Baden-Württemberg und Bayern in Deutsch und Englisch bundesweit einen Vorsprung von bis zu anderthalb Jahren. “Je integrativer, desto ungerechter”, so Saurs Fazit mit dem Hinweis, dass beispielsweise Schüler aus Bremen und Brandenburg durch das dort schlechtere, weniger fordernde und fördernde Schulsystem extrem benachteiligt seien. “Vor diesem Hintergrund werden die Befürworter der Einheitsschule — mit einheitsbesoldeten Einheitslehrern — immer mehr zu bildungspolitischen Hasardeuren, die sich als unfähig erweisen, in Studien nachgewiesene Realitäten anzuerkennen.”
Qualitätsabsenkung durch G8-“Nachjustierung” befürchtet
PhV für G8/G9-Parallelität
Ein weiteres Thema der Vertreterversammlung waren die mit der Einführung des generellen G8 entstandenen Probleme an einigen Schulen. PhV-Chef Saur ging auf Nachjustierungspläne des Kultusministeriums ein, das davon ausgehe, dass an etwa 10 bis 20 Prozent der Gymnasien Schülerinnen und Schüler überfordert sein könnten. Er warnte davor, die Stofffülle als mögliche Stellschraube zu sehen, also weitere Inhalte zu streichen und damit eine Absenkung des gymnasialen Qualitätsniveaus bewusst in Kauf zu nehmen. “Wir sehen mehr denn je in einer Parallelführung von G8 und G9 den richtigen Weg und fordern die Zulassung von G9-Zügen dort, wo der Bedarf dafür besteht. Im Gegensatz zu einem jetzt drohenden Pflicht-G8-light könnte so das Gymnasial- und Abiturniveau gehalten werden, auf das wir zu recht stolz sein können”, so PhV- Landesvorsitzender Bernd Saur.
110-prozentige Lehrerversorgung an den Gymnasien
Der PhV fordert zudem, die notorische Unterversorgung der Gymnasien mit Lehrkräften endlich zu beenden. Saur: “Der Unterrichtsausfall ist an den Gymnasien am höchsten und die inzwischen aufgelaufene Überstunden-Bugwelle der Lehrkräfte unverantwortlich.” Nur durch eine 110-prozentige Lehrerversorgung pro Einzelschule könne das “Ärgernis Unterrichtsausfall” an der Schulart Gymnasium mit ihrem Fachprinzip dauerhaft abgestellt werden. Wenn die durch die demografische Entwicklung der Schülerzahlen entstehende so genannte “demografische Rendite” im System Schule verbleibe, wie es die Kultusministerin zu Recht fordert, könne dieses dringliche Vorhaben in den nächsten Jahren realisiert werden.
Mehr Gesundheitsprävention gefordert
In seiner von viel Beifall begleiteten Rede stellte Saur unmissverständlich heraus: “Die baden-württembergischen Gymnasien gehören international zu den leistungsfähigsten Schulen. Um dieses Niveau allerdings auch künftig zu sichern, brauchen wir gesunde Lehrerinnen und Lehrer.” Saur zog den Vergleich, dass die nunmehr beschlossenen drei Millionen Euro für den Gesundheitsschutz Ausgaben von weniger als 30 Euro pro Lehrkraft und Jahr bedeute Dies sei eher ein “Alibi-Sümmchen” denn eine ernsthafte Gesundheitsvorsorge. “Wir fordern als echten Beitrag zur Lehrergesundheit die Rücknahme der 25. Deputatsstunde, denn unsere Kinder haben ein Anrecht auf gesunde Lehrerinnen und Lehrer, die nicht aufgrund der ständig wachsenden Mehrbelastung dauerhaft ihre Gesundheit gefährden”, so Saur.
Bildungs- und berufspolitische Leitanträge verabschiedet
Abgestimmt wurde von den Delegierten über Leitanträge zur Bildungs- und Berufspolitik. Gefordert wurde darin u.a. die Beibehaltung des Gymnasiums ab Klasse 5, wobei die Gelenkstellen zwischen den Schulformen inhaltlich und organisatorisch aufeinander abgestimmt sein müssten, sodass ein Schulartwechsel zu einem späteren Zeitpunkt möglich sei. Auch müsse das Erlernen einer Fremdsprache ab Klasse 5 oder 6 für alle Gymnasiasten obligatorisch sein. Abgelehnt wurden “Aufweichungstendenzen” mit dem Ziel, dass die zweite Fremdsprache in den Klassen 6 und 7 durch das Fach Naturwissenschaft und Technik (NWT) ersetzt werden könne. Ein besonderes Augenmerk sei auf die fachliche Ausbildung der Gymnasiallehrkräfte zu richten. Wer künftige Abiturienten auf ein Hochschulstudium vorbereite, müsse einen fachlich fundierten Unterricht erteilen können. Das individuelle und vielfältige Begabungspotenzial der Schülerinnen und Schüler müsse durch differenzierte Fördermaßnahmen ausgeschöpft werden. Für all diese Aufgaben und zur bestmöglichen Qualifizierung der Lehrkräfte seien Fortbildungsmaßnahmen und ‑angebote aus erster Hand in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen.
Gefordert wurde von den Verbandsdelegierten auch die Rücknahme der vierprozentigen Besoldungsabsenkung für Berufsanfänger in ihren ersten drei Berufsjahren. Kritik gab es u.a. auch an den unzureichenden Aufstiegsmöglichkeiten für gymnasiale Lehrkräfte.
PhV BW im Internet: www.phv-bw.de
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Erreichbar am Freitag, 09. Juli 2010:
Fellbacher Kongresszentrum Schwabenlandhalle
Raum ‘Hesse’, Tainer Straße 7, 70734 Fellbach
Tagungsbüro-Tel: 0711–5756-14 51
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Bild des PhV BW-Vorsitzenden Bernd Saur