Bildung muss auch nach der Bundestagswahl weiter im Zentrum der Politik stehen
14. September 2005
14.9.2005 / 1811 – 25-05
Philologenverband Baden-Württemberg:
Bildung muss auch nach der Bundestagswahl weiter im Zentrum der Politik stehen
Bei den Bildungsausgaben hinkt Deutschland noch hinterher
„Während Länder wie Dänemark, Island, Norwegen, Schweden und Belgien beispielsweise über sechs Prozent ihres Bruttoinlandprodukts in ihre Bildungssysteme investieren, liegt dieser Wert in Deutschland mit 4,4 Prozent vergleichbarer Daten erst an 20. Stelle unter den 28 OECD-Staaten. Der Gesamtanteil öffentlicher und privater Bildungsinvestitionen am Bruttoinlandprodukt ist in Deutschland mit 5,3 Prozent zu niedrig und liegt damit unter dem OECD-Mittelwert (5,8 Prozent) – diese Ergebnisse der OECD-Studie zeigen, dass Deutschland bei den Bildungsausgaben im Vergleich mit anderen Ländern hinterhinkt. Im Übrigen muss die Politik praktikable Lösungen finden, um sozioökonomische Nachteile bei Kindern durch differenzierte und gezielte Fördermaßnahmen auszugleichen“, so der Vorsitzende des Philologenverbandes (PhV BW), Karl-Heinz Wurster, zur jüngsten OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“.
Nach Auffassung des Philologenverbandes ist aber nicht nur allein der soziale Hintergrund entscheidend für Bildungserfolge. Auch der Stellenwert von Bildung in der Gesellschaft, eine positive Grundeinstellung von Schülern zur Aufnahme von Bildungsinhalten, gute schulische Rahmenbedingungen, eine qualitätsorientierte Lehrerausbildung mit einer durchgängigen Verzahnung von Fachwissenschaft, Didaktik und Erziehungswissenschaft in allen Bundesländern und ein Image förderndes Lehrerbild sind hierfür wesentliche Voraussetzungen. Der sich immer stärker offenbarende Lehrermangel in verschiedenen Fächern macht deutlich, dass in den vergangenen Jahren eine kontinuierliche und fächerbezogene Einstellungspolitik versäumt wurde.
Wurster: „Unerwähnt darf nicht bleiben, dass in vielen Ländern bezahltes, nicht-unterrichtendes Personal oder wie in Finnland Schulassistenten den Lehrern unterstützend zur Seite stehen.“
Der Philologenverband Baden-Württemberg erwartet von einer neu gewählten Bundesregierung eine klare Positionierung für die Bildung. „Bildung muss höchste Priorität in Deutschland haben – auch um das Problem der Arbeitslosigkeit junger Menschen in den Griff zu bekommen und den Fachkräftemangel zu beseitigen“, so Wurster. Wichtig sei es, auch die Beschäftigungssituation der jungen Menschen deutlich zu verbessern, damit Bildungserfolge nicht in der Sackgasse enden; hier gibt es noch Defizite.“
Die Bildungsfinanzierung müsse eine „vorrangige gesellschaftspolitische Aufgabe“ sein, so Wurster. Der PhV-Landesvorsitzende stellte auch heraus, dass viele Staaten sinkende Schülerzahlen genutzt haben, um ihre Ausgaben pro Schüler zu erhöhen; hieran müsse sich Deutschland ein Beispiel nehmen.
Bevor die Ergebnisse erneut für Diskussionen um Strukturdebatten verwendet und beispielsweise eine Abschaffung des gegliederten Schulwesens und die Einrichtung von Einheitsschulen gefordert würden, sollten nach Auffassung des PhV die Bildungsinvestitionen erhöht und die schulischen Rahmenbedingungen verbessert werden. Außerdem müssten teure Reformen nach ihrer Nützlichkeit im Vorfeld ihrer Installation sorgsam und wissenschaftlich begleitet und geprüft werden, um nicht unnötig Gelder zu verschwenden. Korrekturen an bereits laufenden Reformvorhaben sind gegebenenfalls unbürokratisch sofort vorzunehmen.