Philologenverband bezweifelt Aussagekraft der Fremdsprachen-Pilotphase an zwölf Grundschulen
30. August 2006
30.8.2006 / 1811 — 32–06
Philologenverband bezweifelt Aussagekraft der Fremdsprachen-Pilotphase an zwölf Grundschulen
„Ein Modellversuch an lediglich zwölf von insgesamt 2500 Grundschulen im Land Baden-Württemberg rechtfertigt noch lange nicht zu der von Ministerpräsident Oettinger und Kultusminister Rau gemachten pauschalen Feststellung, die Einführung der Grundschulfremdsprache sei geglückt, denn eine solche Aussage auf der Basis der Ergebnisse von zwölf ausgesuchten Grundschulen, die sich freiwillig für den Fremdsprachenunterricht beworben hatten, ist einfach zu dürftig“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes Baden-Württemberg, Karl-Heinz Wurster, zu den von Oettinger und Rau vorgestellten und kommentierten Ergebnissen einer wissenschaftlich begleiteten Pilotphase des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule.
Aus Sicht des Philologenverbandes befindet sich der Fremdsprachenunterricht an den Grundschulen noch im Experimentierstadium. Die meisten Grundschullehrer seien für den Fremdsprachenunterricht – von Ausnahmen abgesehen – nicht ausreichend qualifiziert. Erst wenn PH-Absolventen mit einer erfolgreich abgeschlossenen studierten Pflichtfremdsprache an allen 2500 Grundschulen des Landes die Fremdsprache unterrichten und der Wechsel an die weiterführenden Schulen passgenau gewährleistet sei, könne man von einem geglückten Versuch sprechen. An den Gymnasien, so Verbandschef Wurster, habe sich der Fremdsprachenunterricht mit examinierten Fremdsprachenlehrern bewährt. Ein gutes Zeugnis habe diesbezüglich die zu Beginn des Jahres veröffentlichte Schüler-Vergleichsstudie „Deutsch Englisch Schülerleistungen International“ (DESI) den Gymnasien geliefert, in der die sprachlichen Leistungen und die Unterrichtswirklichkeit in den Fächern Deutsch und Englisch untersucht wurden.
Die Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der ersten Klasse der Grundschule mit rund 1500 zusätzlichen Lehrerstellen sei ein enormer finanzieller Kraftakt gewesen, der jedoch zu Lasten von Fördermaßnahmen und auf Kosten des Fremdsprachenuterrichts an den Gymnasien gehe. Wurster: „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass ein Beginn der zweiten Fremdsprache in Klasse 3 wie in fast allen übrigen Bundesländern sinnvoller gewesen wäre, um – auch im Blick auf den hohen Anteil ausländischer Kinder in dieser Schulart – zunächst einmal Sicherheit in der Verkehrssprache Deutsch zu gewinnen. Im Übrigen empfehlen wir, mit der zweiten Fremdsprache am Gymnasium erst in Klasse sechs zu beginnen.“ Auch sei eine enge Absprache und Kooperation zwischen Lehrern der Grundschulen und weiterführenden Schulen erforderlich, „damit der Anschluss klappt“, so Wurster abschließend.