Bei der Diskussion über Bildungschancen darf die schulische Qualität nicht aus dem Blick geraten
1. November 2005
1.11.2005 / 1811 — 35–05
Philologenverband Baden-Württemberg zur PISA-Vorabveröffentlichung:
Bei der Diskussion über Bildungschancen darf die schulische Qualität nicht aus dem Blick geraten
„Wir können es einfach nicht verstehen, dass einseitig und bruchstückhaft verfasste Berichte und Meldungen über noch nicht einmal offiziell bekannt gegebene und detailliert durch die PISA-Experten selbst erläuterte Ergebnisse vorab in die Öffentlichkeit hinaus posaunt werden. Das ist unseriös und hilft nicht, die wahren Ursachen für Bildungsdefizite umfassend zu analysieren und das deutsche Bildungssystem weiter zu verbessern“, so der Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Karl-Heinz Wurster, zu den Vorabmeldungen zum Pisa-Bundesländervergleich 2003, der offiziell erst am kommenden Donnerstag der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Bei der der Diskussion über Bildungschancen darf die schulische Qualität nach Auffassung des Verbandes nicht aus dem Blick geraten.
Der Philologenverband Baden-Württemberg stellt fest, dass die Übergangsquoten an die Gymnasien ungebrochen stark sind. „Kinder aus Arbeiterfamilien und auch solche mit ausländischer Herkunft finden an unseren Schulen in der Lehrerschaft grundsätzlich gute Ansprechpartner; in Klassenkonferenzen werden alle Probleme ausführlich besprochen, Begabungen erkannt und auch solche Kinder mit sehr viel Verständnis gefördert“, stellt Wurster fest. Auffällig sei, dass gerade auch Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund sich oft durch starke Leistungsbereitschaft auszeichnen und gute bis sehr gute schulische Ergebnisse erzielen. Das setzt auch Mitarbeit der Elternhäuser und Integrationsinteresse voraus. „Wir begrüßen in diesem Zusammenhang“, so Wurster, „dass die Landesregierung die Frühförderung nun professioneller in Angriff nehmen wird.“ Auf keinen Fall dürfe aber der Fokus nur auf die Zahl der Abiturienten gerichtet und hierbei die Qualität des Abiturs vernachlässigt werden. Auch sei eben nicht jeder Schüler für das Gymnasium geeignet.
Nach Auffassung des Philologenverbandes sollten nicht nur Zwischenbilanzen über schulische Bildungswege gezogen werden. Entscheidend sei, was am Schluss einer schulischen Laufbahn herauskomme, was bis zum Ende der Schulzeit an Kompetenzen vermittelt wurde und bei Schulabgängern tatsächlich vorhanden sei. Das habe bislang noch kein Testverfahren untersucht. Fest steht für den PhV, dass das Gesamtschulsystem in Deutschland versagt hat. Das Zentralabitur ist ein Garant für einen vergleichbaren Bildungsabschluss.
Hingewiesen wird vom PhV darauf, dass bislang noch keine Ergebnisse über den Leistungsstand bzw. verfügbare sprachliche und naturwissenschaftliche Kompetenzen von mit „unseren Abiturienten“ vergleichbaren Schulabgängern anderer Länder und auch anderer Industrienationen vorliege.
PhV-Chef Wurster abschließend: „Wenn Bildung und Bildungsqualität einen höheren Stellenwert in unserem Land haben sollen als ein schnell auf niedrigem Bildungsniveau verdienter Euro, dann sind Gesellschaft, Politik und ganz besonders auch die Medien gefordert. Tendenziöse Interpretationen, unseriöse Spekulationen, einseitig-manipulierend und aus dem Zusammenhang herausgenommene und vorab veröffentlichte Bildungsergebnisse sind auf dem Weg dahin wenig hilfreich.“