Pressemitteilung der Jungen Philologen im PhV BW zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt
29. April 2022
* Junge Philologen protestieren gegen geplante Verschlechterung der Lehrkräfteausbildung
* Forderung nach einer Rücknahme der geplanten Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung und nach einer Rückkehr zum 24-monatigen Referendariat
* JuPhi-Landesvorsitzende Laura Schönfelder: „Eine qualitativ hochwertige Lehrkräfteausbildung erfordert Zeit und Ressourcen“
Nach der von Ministerpräsident Winfried Kretschmann am vergangenen Montag ausgelösten Diskussion um die Erhöhung der Arbeitszeit von Teilzeitlehrkräften folgt nun der nächste Streich aus dem Kultusministerium: Um die Unterrichtsversorgung zu verbessern, wurde beschlossen, die Unterrichtsverpflichtung der Referendar*innen ab dem Kurs 2024 um eine weitere Stunde zu erhöhen und damit einhergehend die Ausbildungsinhalte an den Seminaren zu kürzen.
Die Jungen Philologen (JuPhi) und der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) kritisieren diese Maßnahme vehement. Man löst die Probleme eines überlasteten Systems nicht durch noch mehr Druck. „Dreht mein Motor im roten Bereich, trete ich auch nicht noch stärker aufs Gas“, sagt Laura Schönfelder, Juphi-Vorsitzende in Baden-Württemberg. „Die Referendar*innen sind bereits jetzt am Anschlag, die Belastungsgrenze ist erreicht!“
Wenn die Unterrichtsverpflichtung weiter steigt, bleibt zu wenig Zeit für die pädagogisch-didaktische Ausbildung am Seminar und das Sammeln von Erfahrungen durch Hospitation im Unterricht erfahrener Lehrkräfte. Die Qualität der Schulen und des Unterrichts steht und fällt mit der Qualität der Lehrkräftebildung – deshalb darf hier auf keinen Fall gespart werden.
Die Zahl der Anfängerinnen im Vorbereitungsdienst sinkt seit Jahren, der Lehrerberuf büßt immer mehr an Attraktivität ein. Baden-Württemberg braucht aber dringend motivierte und bestmöglich ausgebildete Lehrerinnen. „Der neue Vorstoß der Landesregierung verhindert dies aber“, stellt Laura Schönfelder fest. Eine qualitativ hochwertige Lehrkräfteausbildung braucht ausreichend Zeit und Ressourcen. Dies funktioniert nur dann, wenn die Belastung durch den eigenen Unterricht gesenkt und die Ausbildung an den Seminaren gestärkt wird. Nur hier erhalten die Referendar*innen das nötige pädagogische und didaktische Rüstzeug, können ihren Unterricht professionell angeleitet reflektieren und so ihre Lehrerpersönlichkeit entwickeln.
„Sollen nun wirklich die Schwächsten im System Schule – die Referendar*innen – die langjährigen Versäumnisse des Kultusministeriums bei der Gewinnung und Einstellung von Lehrkräften ausbügeln?“, fragt die JuPhi-Landesvorsitzende.
Die Jungen Philologen und der Philologenverband Baden-Württemberg fordern daher:
* Rücknahme der geplanten Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung im Referendariat.
* Rückkehr zum zweijährigen Referendariat – mit mehr Zeit für Lernen und Entwicklung
* Feste Einstellungskorridore zum Durchbrechen des Schweinezyklus
* Absenkung des Deputats auf 23 und für Berufsanfänger auf 20 Unterrichtsstunden
„Die aktuellen Pläne des Kultusministeriums senken die Qualität der Lehrkräfteausbildung in Baden-Württemberg erneut und belasten die Referendarinnen zusätzlich. Dies wirkt sich direkt auf die Unterrichtsqualität und damit auf die Bildung der Schülerinnen aus. Ein Land wie Baden-Württemberg, das auf seine Dichter und Cleverle stolz ist, sollte sich das nicht leisten!“, so Laura Schönfelder abschließend.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.