Verband der Gymnasiallehrkräfte bewertet Vorgriffstundenmodell für die Gymnasien sehr skeptisch
29. Januar 2020
Stuttgart, 29. Januar 2020
Az. 1911 / 2020-03
Der PhV BW steht der vom Landeskabinett beschlossenen Einführung eines Vorgriffstundenmodells zum Schuljahr 2020/2021 äußerst skeptisch gegenüber. „Ich gehe davon aus, dass die Resonanz im Gymnasialbereich gegen Null gehen wird“, so der PhV-Vorsitzende Ralf Scholl.
Bereits jetzt hätten viele Lehrerinnen und Lehrer ihre Belastungsgrenze erreicht oder gar überschritten. Mit 25 Unterrichtsstunden pro Woche in Vollzeit sei die Arbeitsbelastung für Gymnasiallehrkräfte exakt so hoch wie in den Notzeiten ab dem Jahr 1923 – damals wurde die gesetzliche Arbeitszeit in der Wirtschaft zeitgleich auf 54 Arbeitsstunden an sechs Wochentagen erhöht! Im Gegensatz zu praktisch allen anderen Sektoren wurde die Arbeitszeit der gymnasialen Lehrkräfte seit 2003 wieder auf dieses Notstands-Niveau angehoben – obwohl die Anforderungen stark zugenommen haben. „Kein Wunder, dass sich daher nur noch etwas mehr als 30 % der Lehrerinnen und Lehrer an den Gymnasien in der Lage sehen, einen vollen Lehrauftrag zu übernehmen und fast 70 % der Kolleginnen und Kollegen – trotz damit verbundener Einkommenseinbußen – in Teilzeit arbeiten“, so Ralf Scholl. „Außerdem leisten bereits viele Lehrkräfte über die 25 Stunden hinaus kurz- und mittelfristige Krankheitsvertretungen. Die Lehrerinnen und Lehrer an den Gymnasien warten aber immer noch auf die Rückgabe von bereits geleisteten sogenannten Bugwellenstunden in der Größenordnung von 700 Jahresdeputaten.“
„Für eine schnelle und wirksame Verringerung des Unterrichtsausfalls gibt es im Gymnasialbereich ein ganz einfaches Mittel: Die Einstellung von zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrern. Für die Gymnasien stehen in praktisch allen Fächern ausgebildete und motivierte junge Bewerberinnen und Bewerber bereit“, erklärt der Vorsitzende des Verbands der Gymnasiallehrkräfte abschließend.
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An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit rund 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462 öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 30.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.