Zumeldung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zur Pressemitteilung Nr. 4/2018 des Kultusministeriums vom 24. 1. 2018 Übergangsquoten nach der Grundschule zum Schuljahr 2017/2018

25. Januar 2018

 

25. Jan­u­ar 2018
Az. 1811 / 2018 – 03

Die vom Kul­tus­min­is­teri­um vorgelegten Über­gangszahlen an die weit­er­führen­den Schulen zum laufend­en Schul­jahr sprechen eine klare Sprache: Während sich bei der Über­gangsquote ans Gym­na­si­um (44,2 Prozent) und an die Realschule (34,2 Prozent), also zusam­men 78,4 Prozent aller Grund­schüler, die dauer­hafte und sta­bile Wertschätzung der Eltern für diese bei­den Schu­larten zeigt, sinkt das Ver­trauen der Eltern in das grün-rote Pro­jekt Gemein­schaftss­chule (von 13,4 Prozent im Vor­jahr auf 12,5 Prozent).

Die Schü­lerin­nen und Schüler, die auf eine Gemein­schaftss­chule wech­seln, haben zu 65,3 Prozent eine Hauptschulempfehlung und nur noch zu 8,2 Prozent eine Gym­nasialempfehlung, was bedeutet, dass die Gemein­schaftss­chule offen­sichtlich zur neuen Hauptschule wird. Grotesker­weise wird inzwis­chen fest­gestellt, dass die an der Gemein­schaftss­chule prak­tizierte Unter­richtsmeth­ode des selb­stor­gan­isierten Ler­nens ger­ade für die schwächeren Schüler völ­lig untauglich ist.
Den Eltern in Baden-Würt­tem­berg scheint es inzwis­chen verdächtig vorzukom­men, dass man die Öffentlichkeit darüber im Unklaren lässt, wie es denn um Lern­er­folg und Lern­er­trag der Schü­lerin­nen und Schüler an der Gemein­schaftss­chule bestellt ist. Dass viele gym­nasiale Lehrkräfte von der Gemein­schaftss­chule an ein Gym­na­si­um wech­seln wollen, weil sie die an der Gemein­schaftss­chule prak­tizierte Unter­richtsmeth­ode nicht mehr ver­ant­worten kön­nen und wollen, ist ein weit­eres klares Indiz dafür, dass das Pro­dukt grün-rot­er Schul­vi­sio­nen keine Antwort geben kann auf die Befund­lage nach zwei für Baden-Würt­tem­berg alarmieren­den IQB-Unter­suchungsergeb­nis­sen, wonach die Schü­lerin­nen und Schüler ganz ein­fach zu wenig kön­nen.

Vor diesem Hin­ter­grund eines abse­hbaren Scheit­erns der Gemein­schaftss­chule ist es völ­lig unl­o­gisch und unver­ant­wortlich, nun auch noch Ober­stufen an der Gemein­schaftss­chule einzuricht­en. Kul­tus­min­is­terin Dr. Eisen­mann fühlt sich der Vere­in­barung im Koali­tionsver­trag verpflichtet, wonach max­i­mal 10 solche Ober­stufen ein­gerichtet wer­den kön­nen. Dieses dama­lige Zugeständ­nis an die Grü­nen zur Ver­mei­dung deren völ­li­gen Gesichtsver­lustes wird aber jet­zt von der beschriebe­nen Real­ität einge­holt. Und Let­zter­er muss sich die Kul­tus­min­is­terin doch mehr verpflichtet fühlen.

Ober­stufen an Gemein­schaftss­chulen kosten viel Geld und sind unnötig wie ein Kropf. Mit den Ober­stufen der all­ge­mein­bilden­den und der beru­flichen Gym­nasien ste­hen den entsprechend befähigten Schü­lerin­nen und Schülern der Gemein­schaftss­chule gle­ich zwei Optio­nen offen. „Wer ver­ant­wortet eine solch unsin­nige Par­al­lel­struk­tur und damit eine Ver­schleuderung von Steuergeldern?“ fragt Bernd Saur, der Vor­sitzende des PhV BW.

Lan­desregierung und Kul­tus­min­is­teri­um wollen eine Ober­stufe für eine Schu­lart ein­richt­en, die — um es vornehm auszu­drück­en — den Nach­weis ihrer Leis­tungs­fähigkeit noch gar nicht erbracht hat, die gym­nasiale Lehrkräfte eher ver­lassen wollen, für die man nur sehr schw­er neue gym­nasiale Lehrkräfte wird gewin­nen kön­nen und deren Schüler­schaft vor­wiegend aus Hauptschülern beste­ht. „Wir sehen hier einen drin­gen­den Erk­lärungs­be­darf“ so Bernd Saur weit­er.

Anstatt auf ein falsches Pferd zu set­zen, fordert der PhV BW Lan­desregierung und Kul­tus­min­is­teri­um auf, diejeni­gen Schu­larten zu stärken, die unsere Kinder kon­stant und ver­lässlich fördern und zu den angestrebten Abschlüssen führen und sie für ihre Zukun­ft qual­i­fizieren.

Das all­ge­mein­bildende Gym­na­si­um ist nach wie vor der Königsweg zur all­ge­meinen Hochschul­reife und der Ver­mit­tlung von bre­it­er All­ge­mein­bil­dung und vor allem Studier­fähigkeit, was auch alle Unter­suchun­gen zu Stu­di­en­ab­brecherquoten bestäti­gen. Um sein­er Auf­gabe bei leicht steigen­den Über­gangsquoten und ein­er steigen­den Het­ero­gen­ität der Schüler­schaft weit­er­hin gerecht wer­den zu kön­nen, braucht das Gym­na­si­um drin­gend mehr Unter­stützung bei der Förderung der Schü­lerin­nen und Schüler.

Der PhV BW fordert daher neben ein­er Absenkung des Klassen­teil­ers vor allem eine Absenkung der Unter­richtsverpflich­tung der Lehrkräfte sowie die umge­hende Rück­nahme der 2013/14 von der grün-roten Lan­desregierung ver­fügten Kürzun­gen bei den Anrech­nungsstun­den für beson­dere Auf­gaben.

„Wer durch eine Über­las­tung der Lehrkräfte die all­seits anerkan­nte hohe Leis­tungs­fähigkeit ein­er Schu­lart gefährdet, gle­ichzeit­ig aber Mil­lio­nen auf ein falsches Pferd set­zt, manövri­ert sich sehen­den Auges in eine zunehmende Erk­lärungsnot,“ so Bernd Saur abschließend.

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An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den über 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt über 8.700 im Ver­band organ­isierte Lehrerin­nen und Lehrer an den 446 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des. Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der rund 27.000 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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