Zumeldung des PhV BW zur Pressemitteilung des Kultusministeriums zur Verlängerung des „Schulversuchs G9“

4. September 2022


Der Philolo­gen­ver­band BW begrüßt, dass das Kul­tus­min­is­teri­um mit dieser Entschei­dung die notwendi­ge Pla­nungssicher­heit für die G9- „Versuchs“-Gymnasien geschaf­fen hat. Das ist der einzige pos­i­tive Punkt an dieser Entschei­dung. Das Kul­tus­min­is­teri­um ver­längert den „Schul­ver­such G9“ und hofft anscheinend, mit der Fort­führung dieser „Ven­til­lö­sung“ (43 Gym­nasien dür­fen weit­er­hin G9 anbi­eten) dem Druck der mit G8 immer unzufrieden­er wer­den­den Eltern auch in den kom­menden Jahren wider­ste­hen zu kön­nen.

* Der PhV fordert das Kul­tus­min­is­teri­um auf: Ziehen Sie endlich die Kon­se­quen­zen aus dem ein­deuti­gen Eltern­willen in Sachen G8/G9:

- 62 % aller Eltern wollen auss­chließlich G9 am Gym­na­si­um,

- 28 % aller Eltern wollen eine Kom­bi­na­tion von G9 und G8,

- nur 6 % aller Eltern sind für ein G8 für alle. (Ergeb­nis ein­er repräsen­ta­tive for­sa-Umfrage von Feb­ru­ar 2022 bei Eltern mit schulpflichti­gen Kindern in BW.

* Schaf­fen Sie schnell­stens das unbe­liebte „G8 für alle“ am all­ge­mein­bilden­den Gym­na­si­um ab, so, wie das alle anderen Flächen­län­der im West­en bere­its getan haben!

* Geben Sie unseren Jugendlichen Chan­cen­gle­ich­heit gegenüber den Absol­ven­ten aus diesen Län­dern! Son­st steigt der Druck im Kessel bei Schülern und Eltern weit­er an — ger­ade angesichts der weit­erbeste­hen­den Coro­na-Lück­en!

Immer mehr Eltern set­zen sich sehr aktiv gegen den Zwang zu G8 ein!

Außer­dem ist G8 mit­tler­weile eine Hürde für notwendi­ge, in die Zukun­ft weisende Änderun­gen in der Sekun­darstufe I:

- Das Wahlal­ter in Baden-Würt­tem­berg wurde 2022 auf 16 Jahre
abge­senkt. Notwendi­ge Voraus­set­zung dafür ist aus Sicht des PhV eine ver­stärk­te poli­tis­che Bil­dung aller SEK-I-Schüler, die nur mit zusät­zlichen Poli­tik-Stun­den geleis­tet wer­den kann.

- Die Dig­i­tal­isierung nimmt immer weit­er Fahrt auf: In der Wirtschaft, der Gesellschaft und mit­tler­weile auch in Ver­wal­tung und Schulen. Ein ein­stündi­ger, durchgängiger Unter­richt im Fach Infor­matik in der gesamten Sekun­darstufe I (Klasse 5–10) ist dadurch notwendig.

- In G8 lässt sich aber keine einzige zusät­zliche Stunde mehr hinein­quetschen.

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen:

Zum Schul­jahr 2003/04 wurde von der dama­li­gen Kul­tus­min­is­terin Scha­van im Hau-Ruck-Ver­fahren die Verkürzung der Gym­nasialzeit von neun auf acht Jahre für alle gym­nasialen Schüler durchge­set­zt – gegen die War­nun­gen und Wider­stände viel­er päd­a­gogis­ch­er Fach­leute und auch des PhV.

Anlass waren Forderun­gen aus der Wirtschaft nach jün­geren Absol­ven­ten und auch die Hoff­nung auf Einsparun­gen bei den Bil­dungskosten.

Zuvor waren drei Schul­jahre lang in einem Schul­ver­such G8-Schnel­l­läufer-Klassen auss­chließlich für schnelle Lern­er extrem erfol­gre­ich getestet wor­den, inte­gri­ert in den nor­malen G9-Betrieb der Gym­nasien.

Zum Schul­jahr 2012/13 wurde auf­grund der nicht enden­den Kri­tik an G8 von der dama­li­gen Kul­tus­min­is­terin Warmin­s­ki-Lei­theußer der soge­nan­nte „Schul­ver­such G9“ ges­tartet. — Eine „Ven­til­lö­sung“, um die laut­stärk­sten Kri­tik­er ruhig zu stellen, denn was 50 Jahre erfol­gre­ich in Baden-Würt­tem­berg Stan­dard war, muss nicht in einem „Schul­ver­such“ getestet wer­den. Und eine wis­senschaftliche Eval­u­a­tion dieses „Schul­ver­suchs“ wurde auch nie in Auf­trag gegeben.

Grund für den „Schul­ver­such G9“ waren und sind die offen­sichtlichen Vorteile von G9:

- Absenkung der wöchentlichen Unter­richt­szeit von 34, 35 und mehr Wochen­stun­den ins­beson­dere in den Klassen­stufen 9 und 10 auf ein nor­males Maß,

- Stärkung der Schüler-Beteili­gung am Vere­ins-Sport, an Musikschulen und jeglichem ehre­namtlichen Engage­ment, z.B. bei der Feuer­wehr oder in kirch­lichen Grup­pen durch die gewon­nen freien Nach­mit­tage,

- Steigerung der Zahl von Schülern, die ein Schul­jahr im Aus­land ver­brin­gen (Min­destal­ter: 16 Jahre!) — in G9 ist dies in der 11. Klasse ohne Schulzeitver­längerung möglich, in G8 gehört die 11. Klasse zur Abiturqual­i­fika­tion, und ein Aus­land­s­jahr bedeutet ein Jahr „Zeitver­lust“ bis zum Abitur,

- Es muss nicht mehr die Hälfte eines jeden Abitur­jahrgangs nach dem Abitur ein frei­williges soziales Jahr (FSJ), Work and Trav­el oder eine Tour um die Welt machen, um erst ein­mal Ori­en­tierung zu find­en: Der kom­prim­ierte Schul­be­trieb im G8 fordert viel zu viele Schüler aufs Äußer­ste. G9 lässt par­al­lel zur Schule genü­gend Gele­gen­heit zur Selb­stfind­ung.

- Die Abschaf­fung der Wehrpflicht 2008 hat das Stu­di­enein­trittsalter bere­its um ein dreivier­tel Jahr abge­senkt.

* * *


An den Gym­nasien des Lan­des Baden-Würt­tem­berg wer­den knapp 300.000 Schü­lerin­nen und Schüler unter­richtet. Der Philolo­gen­ver­band Baden-Würt­tem­berg e.V. (PhV BW) ver­tritt mit über 9.000 im Ver­band organ­isierten Mit­gliedern die Inter­essen der Lehrerin­nen und Lehrer an den 462 öffentlichen und pri­vat­en Gym­nasien des Lan­des.

Im gym­nasialen Bere­ich hat der Philolo­gen­ver­band BW sowohl im Haupt­per­son­al­rat beim Kul­tus­min­is­teri­um als auch in allen vier Bezirksper­son­al­räten bei den Regierung­sprä­si­di­en die Mehrheit und set­zt sich dort für die Inter­essen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gym­nasien des Lan­des ein.

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